Die Berichterstattung ist ein wichtiger Hebel für eine transparente Umsetzung von Nachhaltigkeitsentwicklung in Unternehmen. Deshalb weitet der DNK sein Angebot besonders für KMU deutlich aus. Dieser Relaunch fällt zusammen mit dem neuen Omnibus-Paket der EU-Kommission. Es verspricht Erleichterungen für Unternehmen, birgt aber auch noch Unstimmigkeiten für die Berichterstattung, sagt Ratsmitglied Gunda Röstel im Interview.

Das Omnibus-Paket der EU-Kommission verspricht Erleichterungen für Unternehmen, birgt aber auch noch Unstimmigkeiten für die Berichterstattung, so Ratsmitglied Gunda Röstel im Interview. Foto: Kira Hofmann/Photothek
Der Deutsche Nachhaltigkeitskodex (DNK) unterstützt seit 2011 Unternehmen bei der Nachhaltigkeitsberichterstattung. Warum wird die DNK-Plattform jetzt erneuert?
Gunda Röstel: Mit einer leicht zu bewältigenden, digitalen Möglichkeit der Nachhaltigkeitsberichterstattung hat sich der DNK bereits in der Vergangenheit eine sehr gute Reputation „erarbeitet“. Mit der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) und den über einen delegated Rechtsakt verabschiedeten ESRS – den European Sustainability Reporting Standards – wurden Pflichten der Nachhaltigkeitsberichterstattung weiter standardisiert, vor allem aber deutlich ausgeweitet. Es erweiterte sich aber auch der Kreis berichtspflichtiger Unternehmen bis weit in den Mittelstand hinein. Dem wollen wir begegnen. Aufwand und Komplexität überfordern viele Unternehmen in diesem Segment, weshalb wir als Rat gemeinsam mit BMWK und GIZ an einem Relaunch des DNK gearbeitet haben, um praxistaugliche Unterstützung zu geben. Die neue digitale Plattform bildet dabei neben dem Sustainability Campus und der DNK-Checkliste das Herzstück.
Welche Unterstützung bietet die Plattform konkret?
Die neue DNK-Plattform nimmt UnternehmerInnen bei der Berichterstattung bildlich an die Hand. Sie bietet Unterstützung, Orientierung, klare Strukturen und eine Art Übersetzungsleistung. Zum einen gibt es eine Checkliste. Zum anderen können die User auf der Plattform ESRS-Themen sowie notwendige Zusammenhänge der Berichtsanforderungen unter zum Teil bereits bekannten 20 DNK-Themen einordnen – die über 1000 Informationspunkte inklusive. Das erleichtert nicht nur Verständlichkeit und Übersicht, sondern spart auch viel Zeit. Gerade für kleinere Unternehmen, mit eher mittelständischen Strukturen ist diese Richtlinie sehr komplex und leider auch nicht besonders passfähig für die reale Unternehmenssteuerung.
Was waren die Herausforderungen bei der Entwicklung der neuen Angebote?
Da war zunächst einmal die Auseinandersetzung mit den ESRS selbst. Dazu hatten wir eine Arbeitsgruppe, in der uns Professor Alexander Bassen und Professorin Kerstin Lopatta sehr gut beraten haben. In Praxis Workshops wurde das Erarbeitete immer wieder im Dialog mit konkreten Unternehmen abgeglichen, auch vom Institut der Wirtschaftsprüfer, von JuristInnen, von Wirtschaftsverbänden, Banken und Versicherungen haben wir uns Rat eingeholt. Dieser intensive Austausch hat sehr dazu beigetragen, dass unser DNK-Angebot praxistauglich und eine tatsächliche Erleichterung ist.
Wie kommt die DNK-Plattform bei den Unternehmen an?
Die DNK-Datenbank gibt es seit 2011 und bis zum Start der Betaversion der Plattform im Januar konnten wir bereits ca. 1500 Unternehmen bundesweit bei der Nachhaltigkeitsberichterstattung unterstützen. Seit dem Start der Beta-Version der DNK-Plattform haben sich bereits 1.600 Unternehmen in der neuen Softwarelösung registriert – offenbar kommt das Angebot gut an!
Inzwischen hat die EU über das Omnibusgesetz Erleichterungen zu verschiedenen Teilen der Nachhaltigkeitsberichterstattung angekündigt. Ist der Ruf nach Bürokratieabbau gerechtfertigt?
Ja, grundsätzlich begrüßen wir den Vorschlag. Wir müssen aufhören, Misstrauens getrieben Themen im Detail regeln zu wollen. Unternehmen brauchen viel mehr gute, verlässliche und handhabbare Rahmen, die ihnen innovativen Gestaltungsspielraum geben. Das gilt schlussendlich auch für die Nachhaltigkeitsberichterstattung. Sie soll ein Hebel für Transparenz sein und Unternehmen in der Nachhaltigkeitssteuerung zu Gunsten realer Ergebnisse unterstützen – egal, ob beim Klima- oder Biodiversitätsschutz oder bei der Einhaltung von Menschenrechten entlang der eigenen Lieferkette.
Warum hatten die Unternehmen denn überhaupt Probleme mit der Berichterstattung?
Bei CSRD und ESRS haben wir uns in der Komplexität, der Verständlichkeit und am Ende auch in Redundanzen paralleler Berichterstattungspflichten verzettelt. Dies war und ist für mittelständisch geprägte Unternehmen aus eigener Kraft kaum leistbar gewesen. Von daher ist es begrüßenswert, Aufwand zu senken und Redundanzen zu beseitigen. Nach Rechtswirksamkeit werden wir erneute, entsprechende Anpassungen vornehmen.
Wie steht es denn um die Harmonisierung der verschiedenen Berichtspflichten?
Mit dem Omnibusgesetz könnte es für den Mittelstand zu deutlichen Erleichterungen bei CSRD und weiteren Regulierungen wie der EU-Taxonomie kommen. Ausschlaggebendes Kriterium soll künftig die Anzahl der Mitarbeitenden sein. Für die CSRD, so der Vorschlag, soll der Schwellenwert von jetzt 250 Mitarbeitenden auf 1000 steigen. Das würde sehr viele Unternehmen mit mittelständischen Strukturen von der Berichtspflicht wieder ausnehmen und damit gleichzeitig auch von der Berichtspflicht zur Taxonomie.
Mittelbar bleiben jedoch die Anforderungen von berichtspflichtigen Lieferpartnern sowie die der Banken und Versicherungen. Die Empfehlungen der EU-Kommission, den freiwilligen Berichtstandard, den (VSME) als Obergrenze für Informationsabfragen an kleinere Unternehmen festzuschreiben, teile ich. Mit weniger als 90 Berichtspunkten in einer Basis sowie einem Erweiterungsmodul und ohne doppelte Wesentlichkeitsanalyse oder zahlreiche Datenpunkte ist dies auch für KMU sinnvoll – und gut leistbar. Sehr wichtig ist jedoch, dass der VSME nicht nur gegenüber Lieferpartnern, sondern auch gegenüber Banken und Versicherungen alle Berichtserwartungen erfüllt. Wir setzen darauf, dass sich die Kommission an diesem Punkt noch auf eine entsprechende Harmonisierung verständigt.
Nachhaltigkeitsberichterstattung soll schließlich keinen unnötigen Aufwand produzieren, sondern neben Transparenz wesentlich zur realen Nachhaltigkeitssteuerung für Unternehmen beitragen.
Was ist von der neuen Bundesregierung hinsichtlich der Nachhaltigkeitsberichterstattung zu erwarten?
Zunächst hoffe ich, dass wir sehr zeitnah eine neue Bundesregierung haben werden!
Dabei gehe ich davon aus, dass die neue Regierung den Kommissionsvorschlag unterstützt und im Sinne der Anerkennung des VSME diesen auch gegenüber Banken und Versicherungen erweitert. Als stellvertretende RNE-Vorsitzende bin ich zudem sehr froh, dass wir mit dem DNK bereits am KMU-Modul auf der Grundlage des VSME arbeiten. Im Sommer wird also ein zweites wichtiges Unterstützungsangebot an den Start gehen. Der DNK könnte sich damit als handlungsleitendes und praxistaugliches Instrument für viele, insbesondere mittelständische Unternehmen weiterentwickeln.