Brauereichef Jeff Maisel baut um. Er ist Inhaber der Traditionsbrauerei Gebr. Maisel im oberfränkischen Bayreuth, unter anderem bekannt für die Weißbiere Maisel´s Weisse. Künftig soll seine Brauerei klimaneutral produzieren.
Maisel hat auf ein bestehendes Gebäude auf seinem Gelände zwei neue Stockwerke gesetzt: für ein Büro, das „Maisel’s Office“, aus Holz. Das Material ist vor der Tür gewachsen. Es kommt aus den Wäldern der Region und trägt das Umweltlabel „Holz von Hier“. Maisel sagt: „Um unseren CO2-Fußabdruck möglichst klein zu halten, haben wir bei unserem Bauprojekt auf Partner aus der Region gesetzt.“ Seine Entscheidung könnte für die Zukunft wegweisend sein.
Das Bauen und Betreiben von Gebäuden und Infrastrukturen weltweit ist derzeit für rund vierzig Prozent der global ausgestoßenen Treibhausgase verantwortlich. Anders als Beton oder Stahl, deren energieintensive Herstellung die Erderhitzung vorantreibt, bindet Holz während seines Wachstums Treibhausgase. Diese werden so lange gespeichert, wie das Haus steht oder das Holz genutzt wird. Darum liegt Holz im Trend. Nur: Wie gut die Ökobilanz der Holzbauten wirklich ist, hänge noch von viel mehr ab, sagt Philipp Strohmeier, der zusammen mit Gabriele Bruckner die Idee für das Umweltlabel Holz von Hier hatte.
„Das Holz muss aus nachhaltiger Waldwirtschaft kommen“, sagt Strohmeier, „und es muss das Prinzip der kurzen Wege gelten. Bisher wird Holz oft weit herangekarrt, doch sehen es die Verbraucherinnen und Verbraucher den verschiedenen Produkten nicht an.“ Tropenholz landet zum Beispiel in Möbeln oder Terrassendielen, Nadelholz aus Osteuropa oder Skandinavien wird zu Baumaterial. Das kommt zwar alles nicht mit dem klimaschädlichen Frachtflugzeug nach Deutschland, „teilweise wird es mit dem Schiff oder auch der Bahn transportiert, der größte Teil aber immer noch mit dem LKW“, sagt Strohmeier.
Kurze Wege
Grundsätzlich gilt die einfache Regel: Je weiter weg, desto höher die Emissionen durch den Transport. Mit dem Umweltlabel Holz von Hier sollen diese darum gemindert und regionale Verarbeitungsketten gestärkt werden. Das heißt: Ausgezeichnet werden nur regional gefertigte Produkte. Das Label gibt es nicht nur für Bauhölzer und Massivholzplatten, sondern auch etwa für Rundhölzer, Terrassendielen, Möbel, Schnitt- oder Brennholz. Brennholz darf zum Beispiel nur aus einem Umkreis von 50 Kilometern kommen, Holz für Terrassen oder Parkbänke aus maximal 450 Kilometern. Das variiert je nach Produktart und Anforderungen – „so nah wie möglich, so weit wie nötig“, nennt das Strohmeier.
Immer kommt das Holz nur aus Wäldern, die schonend bewirtschaftet werden nach den Standards des FSC (Forest Stewardship Council) oder des PEFC (Programme for the Endorsement of Forest Certification Schemes) gelten. Beides sind anerkannte Zertifizierungen für nachhaltige Forstwirtschaft, wenn auch letzteres aus Sicht von Umweltverbänden wie dem NABU als weniger anspruchsvoll gilt.
Die Funktionen des Waldes erhalten
„Als wir 2012 mit dem Label anfingen, sind wir noch belächelt worden“, sagt Strohmeier. Und weiter: „Spätestens 2019 hat sich das geändert. Da wurde die Klimabewegung groß und damit auch die Aufmerksamkeit für Holz von Hier.“ Bereits 270 Unternehmen bewerben ihre Produkte mit Holz von Hier: Waldbesitzer, Sägewerke, Tischlereien, Zimmereien. Strohmeier würde auch mit großen Handelskonzernen wie Obi oder Edeka zusammenarbeiten – wenn sie es wollten, sagt er. Das Holz der kurzen Wege soll Standard werden. Die gemeinnützige Initiative hat sich jüngst dem Gemeinschaftswerk Nachhaltigkeit angeschlossen, um weitere Mitstreitende zu finden. Das Gemeinschaftswerk Nachhaltigkeit, koordiniert vom RNE, ist eine offene Plattform, auf der Organisationen ihre Nachhaltigkeitsaktivitäten sichtbar machen können und sich mit anderen Organisationen vernetzen können.
Gibt der deutsche Wald das überhaupt alles her, der auch Tieren und Pflanzen ein Zuhause geben, die Luft kühlen, Trinkwasser einlagern, Erholung bieten soll? Forstwissenschaftler Hannes Böttcher forscht am Öko-Institut zu Landnutzungs- und Klimafragen. Er erklärt: „Heute kommen zwei Drittel dessen, was die Deutschen an Holz und Holzprodukten verbrauchen, aus hiesigen Wäldern. Ein Drittel wird importiert.“ Darunter sind etwa Fichte aus Skandinavien, Eiche und Kirsche aus den USA, Ahorn aus Kanada. Böttcher rechnet vor: „Zur Zeit werden in der Bundesrepublik jedes Jahr 70 bis 80 Millionen Kubikmeter Holz eingeschlagen, das sind etwa 70 bis 80 Prozent dessen, was zuwächst. Um dem Natur- und Klimaschutz gerecht zu werden und alle Funktionen des Waldes zu erhalten, sollte in Zukunft eher weniger aus dem Wald in Deutschland geholt werden.“
Langlebigkeit wichtig
Der Wald bedeckt ein Drittel Deutschlands, er ist beansprucht, leidet vielerorts schon heute unter Dürre, Stürmen, dem Borkenkäfer, für den die geschwächten Bäume ein gutes Fressen sind. „Der Wald der Zukunft wird darum anders sein“, sagt Böttcher. Statt Fichten würden künftig klimaresilientere Laubbäume wachsen. Auf die Holzwirtschaft kämen damit auch Neuerungen zu. Nadelholz – es macht derzeit 80 Prozent des Einschlags in Deutschland aus – werde anders verarbeitet als Buche. Vor allem brauche es Innovationen in der Nutzung von Holz, um etwa auch qualitativ schlechteres Holz als langlebiges, CO2-speicherndes Produkt nutzen zu können.
Wird das Bauen mit Holz aus der Region nicht teurer? Anders Übelhack von Züblin Timber, dem Unternehmen aus Aichach in Bayern, das das neue Büro der Brauerei Maisel gefertigt hat und zur Holz von Hier-Initiative gehört, sagt: „Nein.“ Ein Aufschlag sei nicht nötig. Er rät: „Öffentliche Einrichtungen sollten das Label Holz von Hier künftig berücksichtigen, wenn sie Aufträge vergeben.“ Das helfe dem Klima.