2025 braucht eine mutige und ehrliche Politik!

Konflikte weltweit, Wirtschafts- und Klimakrise, soziale Ungleichgewichte: Was hat Nachhaltigkeit mit all dem zu tun? Sehr viel. Unsere Forderungen an die Politik, und unsere Visionen für die Zukunft.

Ein Wegweiserschild vor Wolken und Himmel nach Sonnenuntergang © Foto: Javier Allegue Barros, unsplash

© Foto: Javier Allegue Barros, unsplash

Was fällt Ihnen zu 2025 ein? Die anstehende Bundestagswahl? Der Wechsel der Präsidentschaft an der Spitze Amerikas? Wetter- und Naturextreme? Kriege und geopolitische Spannungen? Und was interessiert bei so relevanten Themen schon „Nachhaltigkeit“?

Viel. Weil Nachhaltigkeit nicht nur ein Thema für den RNE ist oder für KlimaschützerInnen. Es geht um die Frage, in welcher Welt wir leben wollen. Es geht um Klima- und Biodiversitätsschutz und eine gerechtere Verteilung von Ressourcen und Chancen. Es geht um soziale Gerechtigkeit und um eine erfolgreiche wirtschaftliche Entwicklung mit zukunftsfähigen Arbeitsplätzen. Wir können 2025 nicht weiter Pläne schmieden und wieder verwerfen, vertagen auf Irgendwann, Irgendwie. Wir brauchen Veränderungen, die von möglichst vielen Menschen getragen und mitgestaltet werden.

Debatten-Januar: Was heute anders ist und worüber wir reden müssen

Beim Rat haben wir schon damit angefangen: Wir reden. Nicht über gute Vorsätze, sondern ganz konkret: Über die Herausforderungen, vor denen Menschen, Wirtschaft und Gesellschaft insgesamt in Deutschland, Europa und der Welt stehen. Aber und vor allem auch über die neuen Perspektiven, die sich auftun. Wir sind überzeugt, dass wir Nachhaltigkeit weiterdenken müssen, und dafür brauchen wir einen neuen gesellschaftlichen Konsens. Aktuell diskutieren wir in der Reihe „Debatten-Januar – Nachhaltigkeit weiterdenken“ mit EntscheiderInnen aus Politik und Wirtschaft darüber, welche Probleme am dringendsten sind und welche Rolle sie in den Koalitionsverhandlungen spielen sollten.

Was aber heißt Nachhaltigkeit in Zeiten von Krisen, Kriegen, Fake News und dem Vormarsch von Autokraten und Populisten? Was heißt Nachhaltigkeit, wenn Demokratien unter Druck stehen? Wenn Industrie und Unternehmen um ihre Wettbewerbsfähigkeit fürchten und sich gleichzeitig bürokratische Auflagen türmen? Was heißt Nachhaltigkeit, wenn in den Kommunen Ämter überlastet sind, Schwimmbäder schließen und der Bus nicht mehr fährt? Wenn Menschen hohe Energie- und Lebenshaltungskosten nicht mehr schultern können?

Klima und Biodiversität als Wirtschaftsfaktor

Das Klima interessiert es nicht, welche aktuellen Themen gerade die größten Schlagzeilen produzieren. Weder Klima- noch Biodiversitätskrise nehmen Rücksicht auf die komplexe Weltlage oder auf unsere persönlichen Befindlichkeiten.

Was also können wir – Deutschland, die EU und die internationale Gemeinschaft – tun, um die Pariser Klimaziele zu erreichen und den Temperaturanstieg auf maximal 1,5 Grad Celsius zu begrenzen? Und unsere Wirtschaft Richtung Klimaneutralität und Kreislaufwirtschaft umzubauen?

Deutschland muss das Klimaschutzgesetz konsequent umsetzen und gleichzeitig dafür sorgen, dass die finanziellen Belastungen dieser Transformation sozial und auf Unternehmensseite gut geschultert werden. Eine der Kernaufgaben dabei ist der weitere ambitionierte Ausbau der Erneuerbaren Energien und damit verbunden die Systemoptimierung insgesamt. Das bedeutet jedoch, dass wir stärker als bisher das Gesamtsystem der Klimatransformation in den Blick nehmen müssen. Auch um unnötige Kostenbelastungen zu vermeiden. Bisher haben wir viele lose Enden, die nicht zusammenpassen. Denn Netzausbau und -umbau sind in Sachen Strom und Gas (oder: elektronen- wie molekülseitig) sowohl technisch als auch finanziell eine enorme Herausforderung – ebenso wie der Ausbau von Importterminals in den Häfen oder E-Tankstellen und die Schaffung ausreichender Speicherkapazitäten, sowie disponibler Kraftwerksleistung.

Aber wie funktioniert das sozial gerecht und gleichzeitig tragfähig für die Unternehmen? Unter den aktuellen Bedingungen können das weder die Unternehmen allein, noch Umlagesysteme wie Netznutzungsentgelte leisten. Deshalb brauchen wir langfristige und verlässliche marktliche Möglichkeiten für privates Kapital, wir müssen die Vielfalt der Förderprogramme überdenken und uns vor allem auf Emissionsminderungen konzentrieren. Und wir brauchen öffentliche Mittel, um die Transformation gerade auch im Verkehrsbereich und im Wärmemarkt zu gestalten.

Auch der Verlust der Artenvielfalt und die fortschreitende Zerstörung natürlicher Lebensräume sind nicht nur ein Thema für UmweltschützerInnen. Eine intakte Biodiversität sichert unsere Lebensgrundlagen, sie macht einen erheblichen wirtschaftlichen Unterschied und sichert im Zweifel die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen. Deshalb muss Biodiversität zusammen mit dem Klimaschutz ganz oben auf unserer Agenda bleiben.

Einfluss (geo-)politischer Herausforderungen

2025 wird ein politisch herausragendes Jahr. Da ist der Trend zum Rechtsruck in vielen demokratisch geprägten Ländern, der die Bildung von Koalitionen und Kompromissen schwieriger und schwerer verständlich macht. Bei den Wahlen am 23. Februar wird sich deshalb auch zeigen, wie stabil demokratische Mehrheiten in der Mitte der Gesellschaft sind, und welche Rolle dabei soziale Medien, Fake News und Einflussnahmen von außen spielen. Auf keinen Fall dürfen wir hinnehmen, dass die Machtfülle politisch motivierter Konzernlenker Demokratien in Schieflagen bringen oder Wahlen beeinflussen. Unsere Aufgabe als BürgerInnen, aber auch als PolitikberaterInnen für den RNE ist es, mit Überzeugung, Zuversicht und auch einer Portion Gelassenheit mit für ein stabiles, demokratisch ausgerichtetes Fundament zu sorgen.

Die gleiche Kraft müssen wir aufwenden mit Fokus auf die internationale Bühne: Ab 20. Januar wirft die Amtsübernahme der Präsidentschaft durch Donald Trump viele Fragen auf: Stellt Trump die internationale Zusammenarbeit auf die Probe, was verbindliche Klimaschutzabkommen und Umweltschutzmaßnahmen angeht? Rücken geopolitische Spannungen und unilaterale Entscheidungen wichtige Klimainitiativen in den Hintergrund?

Umso mehr muss die Politik ausloten, welche Chancen die Neujustierung des transatlantischen Verhältnisses gleichzeitig bietet: Könnte es einen engeren Dialog geben, auch auf Länderebene? Inwiefern könnte man die wirtschaftspolitischen Engagements in den USA im Bereich der grünen Transformation stärken – zum Nutzen der amerikanisch wie europäisch und deutschen Wirtschaft?

Und da ist die neu aufgestellte EU-Kommission, die großen Einfluss auf das Thema Nachhaltigkeit nehmen kann: Die EU kann mit ihren institutionellen Strukturen und dem gemeinsamen Binnenmarkt eine Vorreiterrolle im Klimaschutz einnehmen und gleichzeitig wirtschaftliches Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen stärken. Die EU muss dabei sicherstellen, dass der „European Green Deal“– als Blaupause für eine grüne Transformation – gemeinsam mit der Wirtschaft und der gesamten Gesellschaft in konkrete Handlungen übersetzt wird. Dazu gehört die Reduzierung von Klima-Emissionen ebenso wie die Förderung nachhaltiger Technologien, oder der Aufbau einer Kreislaufwirtschaft. Der RNE hat mit Positionspapieren mit dafür gesorgt, dass die Bundesregierung im Dezember eine Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie (NKWS) verabschiedet hat. Zudem hat der Rat konkret umsetzbare Vorschläge zur Rohstoff- und Lieferkettensicherheit unterbreitet, besonders mit Blick auf Technologien der Klimatransformation. Und sich nicht zuletzt für die DNS, die Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie, eingesetzt. Und wir werden uns dafür stark machen, dass die DNS auch in der neuen Regierung und innerhalb des neu gewählten Parlaments zum Tragen kommt

Wir fordern von der nächsten Bundesregierung Mut – und eine Politik, die Mut macht. Politik muss deutlich machen, dass die Klimatransformation die Grundlage für eine starke wirtschaftliche Entwicklung und gesellschaftlichen Zusammenhalt ist. Bis dahin müssen Brücken gebaut werden für besonders im Wettbewerb stehende Wirtschaftszweige und sozial vulnerable Gruppen.

Infrastruktur und Regulierungen

Denn klar ist: Nachhaltigkeit braucht massive private und öffentliche Investitionen. Echte Fortschritte wurden gemacht. Da ist der beschleunigte Ausbau der Erneuerbaren Energien, der Umbau der Infrastrukturen, erste Schritte in Richtung Entbürokratisierung (Vorsicht: nicht Deregulierung!) und der Start einer neuen Kreislaufwirtschaftsstrategie. Das sind nur wenige Beispiele. Und doch können sie nur ein Anfang sein. Der Investitionsbedarf für öffentliche Infrastrukturen wird für die kommenden zehn Jahre auf über 600 Milliarden Euro geschätzt. Sie sind die Lebensadern unserer Wirtschaft, und die Voraussetzung für innovative, wettbewerbsfähige Unternehmen.

Zu schaffen sind diese Investitionen aber nur mit einer effizienten Regulierung, einer Reform des haushalts- und fiskalpolitischen Rahmens, darunter einem klugen Umgang mit der Schuldenbremse. Und: Wir müssen stärker in Köpfe investieren, angefangen von der frühkindlichen Entwicklung bis zur Weiterbildung. Eine gute Bildung ist die Basis auch für eine gute soziale, wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung, und damit für Nachhaltigkeit insgesamt. Sie muss ganz oben auf der Agenda von Regierung und Parlament in der neuen Legislaturperiode stehen. Anders als bisher dürfen Bildungschancen nicht länger von sozialer Herkunft und lokalen Bedingungen abhängig sein. Nicht nur aus wirtschaftlichen Eigeninteressen, sondern auch aus sozialer Verantwortung verdienen unsere Kinder beste Bildungs- und Entwicklungsmöglichkeiten erhalten.

Es ist viel zu tun. Es wird anstrengend, aber es lohnt sich, für alle. 2025 ist das Jahr, in dem wir eine motivierende und ehrliche Fortschrittserzählung finden müssen: Nachhaltigkeit ist keine Last! Sie ist auch nicht nur irgendeine Chance. Nachhaltigkeit ist die einzige Möglichkeit, allen Menschen innerhalb der planetaren Grenzen ein würdevolles Leben zu ermöglichen. Ein Ziel, wofür sich unser Einsatz auch 2025 lohnt.