Jahrelang dümpelten sie vor sich hin, doch 2013 war international ein Rekordjahr: Der Börsenwert von Unternehmen aus dem Bereich der erneuerbaren Energien stieg überdurchschnittlich schnell. Manche Unternehmen haben ihren Wert vervielfacht. Analysten sehen darin nicht nur eine Korrektur der jahrelangen Flaute, sondern auch den Beginn fundamentaler Veränderungen.
Die Zahlen des Internationalen Wirtschaftsforum Regenerative Energien (IWR) sind zunächst beeindruckend: Der RENIXX World Branchenindex für erneuerbare Energien ist im Jahr 2013 um 89 Prozent gestiegen. Er bildet die Performance der international 30 Unternehmen mit dem höchsten Börsenwert ab, die mindestens 50 Prozent ihres Umsatzes mit erneuerbaren Energien machen. Dazu gehören Hersteller von Windkraftanlagen wie Nordex, Gamesa, Suzlon oder Vestas und Solarunternehmen wie Canadian Solar, First Solar oder Yingli. Ein Rekordwachstum im Jahr 2013 verzeichnete Canadian Solar, das seinen Börsenwert versiebenfachte.
Ähnlich sieht die Entwicklung der „Clean Energy Sector“ Indizes aus, die der Wirtschaftsdienst Bloomberg New Energy Finance zusammen mit der New Yorker Börse herausbringt: Plus 50 Prozent in der Wind-, plus 60 Prozent in der Solarbranche. Zum Vergleich: Der DAX stieg 2013 um 25, der Dow Jones um 26,5 Prozent. Erneuerbare Energien liegen international also weit über dem Trend.
„Der Bereich war schlicht überverkauft, der Boden längst erreicht. Jetzt gibt es eine fällige Korrektur nach oben“, sagt IWR-Chef Norbert Allnoch. Der RENIXX kannte seit seinem Höchststand von fast 2000 Punkten im Jahr 2007 nur noch einen Weg: nach unten. Jetzt ist er wieder bei 350 Punkten angekommen.
Joseph Salvatore, bei Bloomberg New Energy Finance Analyst für „Clean Energy Economics“, macht vor allem in der Solarindustrie eine fundamental neue Entwicklung aus: „Vor drei oder vier Jahren hatten viele ein sehr kurzfristiges Geschäftsmodell“, sagt er. Viele Firmen hätten nur ein oder zwei Jahre in die Zukunft geschaut, abhängig von Fördermodellen in einzelnen Märkten wie Spanien oder Deutschland. „Jetzt geht es vielen darum, sich in der nächsten Dekade gut zu positionieren, mit langsameren, aber stetigeren Wachstumsraten“ sagt er.
Zudem baut sich die Überproduktion in der globalen Photovoltaik (PV)-Wirtschaft allmählich ab – durch den Konkurs einiger Hersteller, sowie einer stetig steigenden Nachfrage nach PV-Modulen: So gab es 2012 einen Zubau von PV-Modulen von 30 Gigawatt (GW), 2013 rechnet Bloomberg mit 35 bis 40 GW, 2014 mit 41 bis 50 und im Jahr 2015 mit 47 bis 57 Gigawatt global neu installierter PV-Leistung. Zum Vergleich: 2013 lag die weltweite Produktionskapazität laut der European Photovoltaik Industry Association bei 60 GW, 2015 sollen es circa 68 GW sein – die Auslastung der PV-Hersteller steigt also tendenziell an.
Die Windindustrie, so Salvatore, sei bereits vorher wesentlich stabiler gewesen. 2013 habe sie vor allem Kosten gesenkt, zudem würden mittlerweile große Windparks, etwa in Texas, ohne staatliche Förderung errichtet – erneuerbare Energien können preislich mit fossilen an guten Standorten mithalten. Die deutsche Bank sieht in einer Analyse Solarenergie in 19 Märkten ohne Förderung konkurrenzfähig, darunter Spanien, Italien und: Deutschland.
Deutsche Hersteller eher schwach
Die deutschen Hersteller konnten allerdings nicht vom Kursboom ihrer internationalen Konkurrenz profitierten, das zeigt die Entwicklung des Öko-Dax, ein Index der Deutschen Börse. Er umfasst zehn deutsche Unternehmen aus der Branche der erneuerbaren Energien, darunter der Wechselrichterhersteller SMA, SolarWorld oder Phoenix Solar. Seinen Höchststand hatte der Öko-Dax im Jahr 2007 mit 837 Punkten, heute sind es noch rund 50, fast exakt der Stand von vor einem Jahr, „Die deutschen Unternehmen sind die Verlierer“, sagt Allnoch.
Erst im Januar sind der Bioethanol-Hersteller Cropenergies, der Windkraft-Projektierer PNE Wind und der Wechselrichter-Produzent SMA aus dem Renixx abgestiegen. Das einzige deutsche Unternehmen, das noch in dem Index vertreten ist, ist der Windanlagenhersteller Nordex mit Sitz in Rostock. Allerdings sind einige erfolgreiche deutsche Unternehmen wie der Windanlagenhersteller Enercon nicht börsennotiert, die Siemens-Windsparte wird ebenfalls nicht extra gelistet. Die Krise der letzten Jahre hat vor allem die deutschen PV-Hersteller überdurchschnittlich stark getroffen.
Der Chef des Fraunhofer ISE, Eicke Weber, sieht in den globalen Kurssteigerungen von Solarfirmen ein deutliches Signal dafür, das die Branche an einem Wendepunkt steht. „In Deutschland haben Teile der Wirtschaft und der Politik die Energiewende im letzten Jahr systematisch zerlegt“, glaubt Weber. „Aber die Ökonomie lässt sich durch eine schlechte Presse nicht stören.“ Er diagnostiziert, wie die Deutsche Bank in einer kürzlich erschienen Analyse, einen „zweiten Goldrausch“ der Branche. Europa habe dabei die Technologieführerschaft und könne bei der nächsten Generation von Photovoltaik-Modulen wieder ganz vorn mitspielen.
Was fehle, sei Kapital. Weber fordert deshalb staatliche Bürgschaften oder günstige Kredite der deutschen Kreditanstalt für Wiederaufbau oder der Europäischen Investitionsbank für neue Produktionslinien in Europa. Ähnliches fordert auch Allnoch: „Wir brauchen eine Verzahnung der Energiewende mit einer Industriepolitik, die gezielt Wertschöpfung in der Produktion von Anlagen erneuerbarer Energien in Deutschland zum Ziel hat“, fordert er.
Weiterführende Informationen
IWR-Meldung zum Rekord bei Aktien erneuerbarer Energien
Deutsche Bank sieht zweiten Goldrausch im Solarmarkt [pdf, 471 KB]
EPIA – Ausblick Solarmarkt bis 2017
Clean Energy Sector – Aktienindizes erneuerbare Energien