Im Kampf gegen den Hunger hat die Weltgemeinschaft im vergangenen Jahr erneut kleine Erfolge errungen. Das zeigt der Welthungerindex 2013 der Welthungerhilfe. Vom Ziel des Welternährungsgipfels, die Zahl der hungernden Menschen zwischen 1990 und 2015 zu halbieren, ist die Welt aber nach wie vor weit entfernt.
Für den Welthungerindex messen die Welthungerhilfe, die Organisation Concern Worldwide und das International Food Policy Research Institute für Entwicklungs- und Schwellenländer den Anteil der Unterernährten an der Bevölkerung, den Anteil von untergewichtigen Kindern unter fünf Jahren und die Sterblichkeitsrate von Kindern unter fünf Jahren. Aus diesen Komponenten wird dann der Welthungerindex als einheitlicher Wert gebildet. Im Vergleich zum Vorjahr ist der Index um sechs Prozent gesunken, von 14,7 auf einen Wert von 13,8. Im Vergleich zu 1990 ist der Index sogar um 34 Prozent gefallen.
Hinter dieser abstrakten Zahl verbergen sich nach der Erhebung der Welthungerhilfe vor allem Fortschritte beim Kampf gegen Unterernährung von Kindern. Die größten Verbesserungen haben seit 1990 Thailand, Vietnam, Kambodscha und Bangladesch erzielt sowie eine Reihe afrikanischer Staaten, darunter Angola, Äthiopien, Ghana, Niger und Ruanda. Allerdings ist in 19 Ländern die Hungersituation nach wie vor „sehr ernst“ oder „gravierend“. Die meisten von ihnen liegen südlich der Sahara, beispielsweise Burundi, Eritrea und die Komoren. Sehr ernste Hungerprobleme haben allerdings auch Haiti, Jemen, Indien und Ost-Timor.
„Es gibt keinen Grund zur Selbstzufriedenheit“, heißt es in dem Bericht. Wenn die Fortschritte im Kampf gegen den Hunger wieder größer werden, könnte das Milleniumsentwicklungsziel noch erreicht werden, so die Welthungerhilfe. Nach diesem Ziel der UN soll der Anteil der Hungernden zwischen 1990 und 2015 halbiert werden. Noch weit entfernt ist die Weltgemeinschaft allerdings vom Ziel des Welternährungsgipfels, die absolute Zahl der Hungernden zu halbieren. Hungerten 1990 eine Milliarde Menschen, sind es nach den neuesten Zahlen der Welternährungsorganisation FAO immer noch 870 Millionen.
Der Politik in den Industrieländern empfiehlt die Welthungerhilfe vor allem, die Zusammenarbeit zwischen kurzfristiger Katastrophenhilfe und langfristiger Entwicklungszusammenarbeit zu verbessern. Humanitäre Hilfe solle auf Entwicklungsprojekten aufsetzen, so die Forderung der Welthungerhilfe. So könnten Synergien gehoben und verhindert werden, dass wiederkehrende Katastrophenhilfen die Bevölkerung in Abhängigkeit hielten.
Programm für Wanderhirten
Der Welthungerhilfe geht es vor allem darum, die Fähigkeit der Menschen in armen Ländern zur eigenen Bewältigung von Katastrophen zu stärken und ihnen die Möglichkeit zu geben, sich schwierigen Lebensbedingungen selbst langfristig anzupassen. Diese Widerstands- und Anpassungsfähigkeit wird in der Entwicklungshilfe als Resilienz bezeichnet. Als Beispiel zur Stärkung der Resilienz verweist die Welthungerhilfe auf die Pastoralist Livelihoods Initiative (PLI) in Äthiopien.
Mit dieser Initiative hilft die Behörde der Vereinten Nationen für internationale Entwicklung (USAID) Wanderhirten, deren Heimat immer wieder von Dürren heimgesucht wird. Das Programm hat genaue Indikatoren ermittelt, die eine akute Katastrophe anzeigen. So können Hilfsgelder schneller in die Katastrophenhilfe umgeschichtet werden, zum Beispiel für Notschlachtungen von Vieh und die Bereitstellung von Futter und Wasser, damit die Kühe weiter Milch geben, sodass die Ernährung der Hirtenkinder gesichert wird. Liegt keine Katastrophe vor, fließen die Gelder in den Aufbau der Herden, sodass die Widerstandsfähigkeit der Nomaden gegenüber Dürren gestärkt wird.
An die Adresse der deutschen Entwicklungspolitik richtet die Welthungerhilfe die Forderung, die Finanzierung der internationalen Entwicklung substantiell zu verbessern. „Dafür können gezielt neue und innovative Finanzierungsinstrumente wie Einnahmen aus dem Kohlenstoffmarkt oder der Finanztransaktionssteuer genutzt werden“, sagt eine Sprecherin.
Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) soll außerdem zu einem Ministerium für internationale Zusammenarbeit und globale Nachhaltigkeit aufgewertet werden. „Es muss gewährleisten können, dass die Länder- und Sektorpolitiken kohärenter an den Prinzipien und Zielen nachhaltiger Entwicklung und den menschenrechtlichen Verpflichtungen ausgerichtet werden“, so die Sprecherin. Das Ministerium solle alle Politikbereiche koordinieren, die Fragen der nachhaltigen Entwicklung und der Menschenrechte berühren.
„Klimapolitik, Bioenergiepolitik und Agrarpolitik stehen vielfach nicht im Einklang mit ernährungspolitischen Zielsetzungen und entsprechenden Zusagen auf nationaler und internationaler Ebene. Daher müssen alle politischen Entscheidungen auf ihre Menschenrechts- und Entwicklungswirkungen geprüft werden“, sagt die Sprecherin der Welthungerhilfe.
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