„Keiner der beteiligten Interessengruppen wird es gelingen, die nachhaltige Transformation alleine zu verwirklichen.“ In ihrer Keynote zu Beginn des „Athens Sustainability Outlook“ betonte Yvonne Zwick, stellvertretende RNE-Generalsekretärin, eine zentrale Überzeugung, die der europäischen Konferenz zugrunde lag. Das gelte erst recht in einer Zeit, in denen Druck von zwei Seiten zu spüren sei: einerseits von der jungen Generation, die ein konsequentes Handeln gegen den Klimawandel fordert, andererseits von Gruppierungen, die die Vorteile einer globalisierten Welt nicht sehen können oder wollen, so Zwick.
Unter diesen Vorzeichen trafen sich Anfang April rund 120 Expertinnen und Experten in Athen, um den gesamteuropäischen Stakeholder-Dialog zu nachhaltiger Entwicklung und unternehmerischer Verantwortung fortzusetzen und wichtige Entwicklungstrends zu identifizieren. Das Ergebnis der Konferenz wird der Europäischen Kommission vorgelegt, um diese bei der Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen (Sustainable Development Goals – SDGs) zu unterstützen. Die zweiteilige Veranstaltung bestand aus einem Stakeholder-Dialog im kleineren Kreis und einer offenen Konferenz am Folgetag. Organisiert haben sie die QualityNet Foundation (QNF), eine Non-Profit-Organisation, die die nachhaltige Entwicklung in Griechenland vorantreiben will, und der RNE. Die Gäste kamen insbesondere aus Griechenland sowie aus Belgien, den Niederlanden, Frankreich und den Balkan-Staaten.
Sustainability Code als Blaupause für andere Länder?
Als einer der 31 Rednerinnen und Redner auf der Konferenz kritisierte der stellvertretende griechische Umweltminister Socratis Famellos, dass Wohlstand immer noch nicht adäquat gemessen werde. Er wünschte sich einen Anstieg der Indizes, die auch soziale und ökologische Aspekte widerspiegeln. Auch in der Wirtschaftswelt sind solche Ansätze noch nicht weit genug verbreitet – das illustrierte die Aussage von Spyros Lioukas, Professor für Management Science & Technology an der Wirtschaftsuniversität Athen, der Business Schools im Fach Ethik mit einem „F“ – also der schlechtestmöglichen Bewertung – benotete.
Thematische Schwerpunkte in Athen bildeten insbesondere die Debatten um Sustainable Finance und Berichterstattung zu nichtfinanziellen Leistungen von Unternehmen. „Auch das Interesse in anderen Ländern, ein vergleichbares Instrument wie den Deutschen Nachhaltigkeitskodex (DNK) zu etablieren, wurde diskutiert“, sagt Zwick, die auch das DNK-Büro leitet. Bereits vor drei Jahren hat Griechenland als erstes europäisches Land auf Basis des DNK nach einem zweijährigen Prozess den Griechischen Nachhaltigkeitskodex eingeführt. Hellenic Petroleum, Lidl Hellas und die Telekom-Tochter OTE-COSMOTE berichteten auf der Konferenz von ihren praktischen Erfahrungen mit dem griechischen Kodex. Aktuell hat die Türkei nachgezogen und lädt nun Unternehmen ein, den Turkish Sustainability Code als Instrument für ihren Einstieg in die Nachhaltigkeitsberichterstattung und beim Aufbau einer Nachhaltigkeitsstrategie zu nutzen.
Ein nachhaltiger „New Deal“ für Europa
Immer wieder kamen die Teilnehmenden auf die Frage zurück, ob und wie ein nachhaltiger „New Deal“ für Europa funktionieren könne. Europa müsse etwa bei den Themen Kreislaufwirtschaft und inklusive, faire Marktwirtschaft eine Führungsrolle einnehmen. Konkret ging es dabei um die Einführung eines europäischen Nachhaltigkeitspasses für Unternehmen. Dazu werden in den kommenden Monaten weitere Stakeholder-Dialoge stattfinden, die in einen ersten Entwurf für die EU-Kommission münden können.
In ihren Abschlussbemerkungen fassten die Organisatorinnen Chrysoula Exarchou, QNF, und Yvonne Zwick, RNE, die gemeinsam herausgearbeiteten Voraussetzungen zusammen, die eine nachhaltige Entwicklung befördern und beschleunigen, vor allem mit Sicht auf den Klimawandel. Zuallererst sei eine Ethikdebatte vonnöten, ebenso unterstützende gesetzliche Rahmenbedingungen und die Schaffung von Marktmechanismen. Darüber hinaus brauche es auch eine europäische Strategie zu den SDGs, also den 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen, die die verschiedenen politischen Ebenen anspreche. Ergänzt werden müssen diese durch einen Werkzeugkasten mit Instrumenten, die Unternehmen dabei unterstützen, Gutes zu tun und Prozesse aufzusetzen, die zu einer nachhaltigen Entwicklung in ihren Geschäftsbereichen beitrügen – solche Instrumente wären der DNK oder der angedachte Nachhaltigkeitspass für Unternehmen.