Welche Regeln gibt es, um Geld für kluge Projekte zu bekommen, die Studierenden, Kindern oder Schülern die Ideen der Agenda 2030 der Vereinten Nationen vermitteln? Die erste wichtige Regel ist, dass es keine generellen Regeln gibt. Potentielle Förderer haben unterschiedliche Ziele und Vorgehensweisen; wichtig ist es, einen genauen Blick darauf zu werfen, wer am besten zum jeweiligen Projekt passt.
Der RNE veranstaltete deshalb im Rahmen seines SDG-Bildungswettbewerbs ein „Speed-Dating für #SDGBildung“ zwischen Projektwettbewerbern und Förderern. Knapp 100 Bewerbungen gab es, in die Endrunde kamen 22 Nominierte – mehr zu den Projekten gibt es in einem anderen Text. Hier geht es um die 15 Förderinnen und Förderer und worauf diese achten. Sie nahmen sich für jedes Projekt fünf Minuten Zeit, um sich deren Ideen anzuhören. Um konkrete Förderzusagen ging es dabei noch nicht. Beide Seiten sollten sich kennenlernen, um im Nachgang über konkrete Unterstützung zu sprechen.
Das sagen die Stiftungen
Als Förderer waren mehrere Stiftungen dabei, die aber alle unterschiedlich vorgehen. Lutz Spandau etwa, Vorstand der Geschäftsführung der Allianz Umweltstiftung, hat vor allem einen Rat an die Projekte: „Wichtig ist, dass man nicht mit einem fertigen Förderantrag zu uns kommt. Sondern, dass man sich mit der Stiftung und ihren Zielen auseinandersetzt“, sagt er.
Es geht also darum, seine potentiellen Förderer zu kennen, und nicht nur für das eigene Projekt zu werben. „Anträge nach dem Motto: Ihr habt Kohle, wir brauchen welche, die funktionieren nicht“, sagt Spandau. Er sei deshalb erstaunt, „wie wenig sich die potenziellen Projektpartner über die andere Seite sachkundig gemacht haben.“ Wer bei der Allianz Umweltstiftung gefördert werden will, der solle keine fertigen Projekte einreichen, sondern Projektskizzen, sagt Spandau. Die konkrete Ausführung wird dann gemeinsam entwickelt.
Im Bereich „Unternehmen in der Gesellschaft“ der Bertelsmann Stiftung kann man sich dagegen nicht direkt um finanzielle Förderung bewerben. Wenn Direktorin Birgit Riess ausgewählte Projekte unterstützt, dann geht sie gezielte Kooperationen ein. Ein Schwerpunkt liegt unter anderem darauf, wie der Nachwuchs im Management für Nachhaltigkeitsthemen sensibilisiert werden kann. Riess sucht Projekte, die langfristige Strukturen aufbauen und auch skaliert werden können – ein Beispiel sind etwa Nachhaltigkeitsbüros in Hochschulen, von denen es immer mehr gibt. „Wir schauen uns auch an, wie wirkungsorientiert die Strukturen sind“, sagt sie. Vereine mit rein ehrenamtlichem Engagement etwa stießen oft schnell an ihre Grenzen. „Projekte, die das gleiche Ziel verfolgen und sich gegenseitig das Wasser abgraben, machen auch keinen Sinn“, sagt Riess über ihre Förderkriterien.
Das sagt das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
Große Unterschiede gibt es auch zwischen Förderern, die eher globale Ziele verfolgen und solchen, die eher national ausgerichtet sind. Beim Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) etwa geht es um den globalen Aspekt. Ingolf Dietrich ist dort Unterabteilungsleiter und Beauftragter für Nachhaltige Entwicklungsziele/
Agenda 2030 „Wir sind auf internationale Aspekte und auf Partnerländer ausgerichtet. Wir fördern also eher Projekte, die im Blick haben, was für internationale Auswirkungen das Handeln in Deutschland hat, welchen globalen Fußabdruck wir hinterlassen“, erklärt er. Im Bildungsbereich könne das etwa ein Projekt sein, das vermittelt, was es für eine Näherin in Bangladesch bedeutet, wenn man hierzulande die von ihr hergestellte Jeans kauft. Ein zweites wichtiges Kriterium ist für ihn der „Coolnessfaktor“ von Projekten. „Wir müssen es beispielsweise schaffen, dass es Schüler cool finden, mit dem Fahrrad in die Schule zu fahren, statt sich von Mutti im SUV absetzen zu lassen“, sagt er.
Das sagen die Unternehmen
Unter den Förderern befanden sich auch mehrere Unternehmen. Lebensbaum, das Unternehmen von Geschäftsführer Ulrich Walter etwa, stellt Kaffee, Tee und Gewürze in Bioqualität her. Als kleiner Mittelständler konzentriere er sich auf einige langfristige Projekte, die er fördern könne. Für Unternehmen seien dabei gerade lokale Initiativen interessant. „Da können sie sich profilieren“, sagt er. Ähnlich sieht das auch Claudia Silber, Leiterin der Unternehmenskommunikation der memo AG, die als Versandhandel Gewerbe- und Privatkunden mit nachhaltigen Alltagsprodukten beliefert. Memo unterstützt in erster Linie Projekte, die zum Unternehmen und zu dessen Kerngeschäft passen – beispielsweise zu den Themen nachhaltiger Konsum oder nachhaltiges Wirtschaften.
Eine andere Form der Unterstützung bot das betterplace lab, das zur gemeinnützigen Aktiengesellschaft gut.org gehört. Der Berliner Thinktank forscht dazu, wie sich digitale Technologien für soziale Zwecke nutzen lassen. Monetäre Förderung könne sie nicht bieten, sagt Florinn Bareth von betterplace lab. Aber Hilfe für ausgewählte Projekte: Mentoring im Projektmanagement, beim Marketing in sozialen Netzwerken, beim Vernetzen und Austausch oder schlichtweg bei der Budgetierung von Projekten.
Ein ähnliches Angebot wie Bareth hat auch Andreas Rickert, Vorstandsvorsitzender des gemeinnützigen Analyse- und Beratungshauses Phineo AG und kooptiertes Mitglied im Rat für Nachhaltige Entwicklung. Rickert bietet Coaching an und kann Querverbindungen herstellen, auch zu potenziellen Geldgebern.
Die auf dem Speed-Dating vorgestellten Projekte seien alle schon sehr gut gewesen, sagt er. Einen Hinweis möchte er dennoch geben: Rickert empfiehlt eine bessere Marktbeobachtung. „Ich sehe viele Projekte mit Passion losrennen, ohne zu gucken, ob es irgendwo vergleichbares gibt.“ Von einem gegenseitigen Austausch könnten alle profitieren und die Projekte durch die Wahl geeigneter Partner ihre Ideen weiterbringen. „Man denkt oft sehr isoliert in seinem Projekt und merkt nicht, dass man eigentlich in einem Ökosystem ist“, sagt Rickert.
Zuletzt: nicht verzagen
Thomas Pyhel von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) hat schließlich noch praktische Tipps: Bei einigen der während des Speed-Datings vorgestellten Projekte fehlten noch die richtigen Strukturen. Das mache es für Förderer schwer – so müsse beispielsweise zunächst die Rechtsform der Projekte stimmen. Vor allem fange aber die Arbeit für die Projekte erst richtig, wenn sie als potentiell förderwürdig ausgewählt würden: Dann müssten die Projekte so qualifiziert werden, dass sie innovativ genug seien, auch wirklich Modellcharakter haben und Verbreitung finden.
Und selbst wenn es eine Absage der DBU oder anderer Stiftungen gibt: Kopf nicht in den Sand stecken. „Wenn wir ein Projekt nicht fördern, heißt das nicht, dass es nicht super ist“, sagt Pyhel.