Die Nachhaltigkeitsstrategie Brandenburgs soll künftig durch die Position eines Beauftragten umgesetzt werden. Der bisherige Nachhaltigkeitsbeirat soll nicht erneut eingesetzt werden. Die bisherigen Mitglieder kritisieren dies und sehen ihre Arbeit nicht gewürdigt. Der Beauftragte soll die Umsetzung der Nachhaltigkeitsstrategie zusammen mit einer interministeriellen Arbeitsgruppe vorantreiben.
Brandenburgs Agrar- und Umweltminister Jörg Vogelsänger setzt bei der Umsetzung der Nachhaltigkeitsstrategie des Landes auf einen neuen Arbeitsmodus. Der seit November 2014 amtierende Politiker beruft den mit externen Fachleuten besetzten Nachhaltigkeitsbeirat des Landes nicht mehr neu.
Das Gremium hat in den letzten acht Jahren die Grundlagen für die Landesstrategie gelegt und erfolgreich an der politischen Etablierung der Landes-Nachhaltigkeitsstrategie mitgewirkt. Dabei hat der Beirat mit Kritik an der Politik nicht gespart.
Im ehrenamtlich arbeitenden Beraterkreis stößt Vogelsängers Entscheidung auf Unverständnis. „Wir sind der Ansicht, dass man der Umsetzung der Nachhaltigkeitsstrategie damit einen Bärendienst erwiesen hat“, sagt der bisherige Vorsitzende des Beirates, Manfred Stock vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK).
Die notwendige Expertise könne zwar auch per Auftrag eingebracht werden, doch die abermalige Berufung eines Beirates hätte gegenüber der nun präferierten Struktur eine Reihe von Vorteilen. So arbeite das Gremium uneigennützig und im Gemeinwohlinteresse. Die Zusammenarbeit von Experten aus verschiedenen Fachgebieten weise gegenüber der punktuellen Abfrage zu Einzelfragen eine höhere Qualität auf. Zudem sichere der Beirat die Kontinuität des Nachhaltigkeitsprozesses in Brandenburg.
Ein Beauftragter und eine Arbeitsgruppe
Das Ministerium für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft (MLUL) verteidigt die Entscheidung. „Die Landesregierung hat sich in ihrem Koalitionsvertrag klar zur Umsetzung der Nachhaltigkeitsstrategie bekannt“, betont eine Sprecherin. Das Thema werde nun mit einer neuen Systematik und in einer neuen Organisationsform aufgestellt. Das MLUL setzt einen Nachhaltigkeitsbeauftragten ein, der eine interministerielle Arbeitsgruppe mit Mitgliedern aller Ressorts koordinieren soll.
Im Ministerium wird eine Stabsstelle für den Koordinator eingerichtet, der laut Sprecherin „ausgewiesener Forst- und Klimaschutzexperte u.a. mit PIK-Erfahrung“ sei. Nach Angaben von Brandenburg 21 – Verein zur nachhaltigen Lokal- und Regionalentwicklung im Land Brandenburg ist Karl-Heinrich von Bothmer für den Posten benannt worden, der zuvor als Geschäftsführer des Nachhaltigkeitsbeirates tätig war.
Die bisherigen Mitglieder des Gremiums sollen dem Ministerium zufolge auch künftig in die verschiedenen Diskussionsprozesse bei der Umsetzung der Nachhaltigkeitsstrategie eingebunden werden. Durch diese Festlegung und die Personalie wird offenbar auf Kontinuität und die Nutzung bestehenden Sachverstandes gesetzt.
„Wir fühlen unsere Leistung für das Land nicht gut gewürdigt“, zeigt sich Stock dennoch enttäuscht von der Entscheidung des Ministers. Es sei schon klar gewesen, dass die Landesregierung Schwierigkeiten mit einem unabhängigen Beirat haben würde. Denn der Beirat hatte sich in den letzten Jahren kritisch gegenüber der Landespolitik geäußert.
„Wir haben deutlich gemacht, dass die unbefristete Nutzung der Braunkohle nicht mit Nachhaltigkeitszielen und Klimaschutz vereinbar ist“, nennt Stock ein Beispiel. Auch habe der Rat darauf hingewiesen, dass der Schutz von Ökosystemleistungen, zum Beispiel beim Landschaftswasserhaushalt, bei der Landnutzung stärker berücksichtigt werden muss. „Solche langfristigen Ziele wurden nicht begeistert aufgenommen“, berichtet der Forscher.
Kritik von den Grünen
Die Grünen im Landtag werfen dem Minister vor, den Naturschutz zu schwächen. „Man entledigt sich Kritikern“, sagt der umweltpolitische Sprecher der Fraktion, Benjamin Raschke. Der Beirat sei unabhängig und im Gegensatz zu den Akteuren der jetzt vorgeschlagenen Struktur nicht weisungsgebunden.
Für die Grünen steht Vogelsänger auch aus anderen Gründen beim Umwelt- und Klimaschutz eher auf der Bremse. So habe er nach seinem Amtsantritt den Chef des Landesumweltamtes abgelöst und auch eine Volksinitiative gegen Massentierhaltung abgeblockt.
Probleme habe Brandenburg nicht nur mit der Braunkohle, sondern etwa auch beim Kampf gegen die „Braune Spree“ oder beim umstrittenen Ausbau der Autobahn A14. Allerdings hat Raschke – ebenso wenig wie Stock – die Hoffnung auf eine Wiedereinsetzung des Beirates noch nicht ganz aufgegeben. Es gebe im Land großen Widerstand gegen die Entscheidung Vogelsängers, erläutert Raschke.
Brandenburg hat seine Nachhaltigkeitsstrategie im April 2014 beschlossen. Die Grundlagen dafür hatte zuvor der Nachhaltigkeitsbeirat geschaffen. Im Zentrum stehen fünf Handlungsfelder, Wirtschaft und Arbeit, Städte und Dörfer, Energie und Klima, Finanzen sowie die Bildung.
Weiterführende Informationen
Brandenburg 21, Portal für eine nachhaltige Entwicklung in dem Bundesland