Großstädter in China leiden unter Smog. Ein Grund: die Kohleverstromung. Zentralregierung und lokale Behörden haben das Problem erkannt. Laut einer WWF-Studie ließe sich der Energiebedarf spätestens im Jahr 2050 zu 80 Prozent aus erneuerbaren Quellen decken – wenn zugleich Energie gespart wird, etwa bei Neubauten.
Es ist ein Vorzeigeprojekt, von dem vom 28. bis zum 30 März auf der Green Building Konferenz in Peking viel die Rede sein wird: Das 18-geschossige Wohnhaus in der Hafenstadt Qinhaundao in der Provinz Hebei ist das erste zertifizierte deutsch-chinesische Effizienzhaus.
Es verbraucht rund 75 Prozent weniger Energie als ein in China üblicher Neubau. Die Fenster sind dreifach verglast, die Außenwände haben eine 22 Zentimeter dicke Wärmedämmung, zur Gebäudetechnik gehören eine Wärmepumpe und eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung. Die Mehrkosten: 600 Yuan pro Quadratmeter, das sind rund 75 Euro bei einem Errichtungspreis von insgesamt rund 500 Euro pro Quadratmeter.
Hoch-Energiespar-Häuser werden Standard
Das Hochhaus setzt einen neuen Standard in China. Erarbeitet haben ihn die Deutsche Energie-Agentur dena und das dem chinesischen Bauministerium unterstellte Center of Science and Technology of Construction. Das chinesische Bauministerium will auf Grundlage dieser Vorgaben mittelfristig einen landesweiten Energiestandard für Gebäude einführen.
„Es gibt einen grünen Aufschwung in China“, sagt Nicole Pillen, stellvertretende Leiterin des Bereichs „Energieeffiziente Gebäude“ bei der dena. Für eine umweltfreundlichere Entwicklung sei das energieeffiziente Bauen „besonders relevant“. Derzeit gingen – ähnlich wie in Deutschland – 40 Prozent des chinesischen Energieverbrauchs auf das Konto der Gebäude.
Alle zwei Jahre werde in China jedoch die Wohnfläche von ganz Deutschland neu gebaut. Und noch würden pro Quadratmeter Wohnfläche in China im Schnitt viermal mehr Energie für Heizung und Kühlung verbraucht als in den europäischen Industrieländern.
Bautätigkeit, Industrieemissionen, Autoabgase und Kohleverbrennung – die heute zweitstärkste Volkswirtschaft der Welt zahlt für ihren Boom in den letzten Jahren mit enormen Umweltbelastungen. Im Januar des vergangenen Jahres hatte es die erste „Airpocalypse“ im Norden und Osten Chinas gegeben – vor allem Großstädter litten unter der starken Luftverschmutzung. Danach verdüsterte immer wieder der Smog Städte wie Peking.
China schreibt grüne Zukunft
„China, der weltweit größte Emittent von Treibhausgasen, kann aber Zukunft schreiben“, sagt Denise Loga, Referentin für Internationale Klimapolitik beim WWF Deutschland. Die zu gut 80-Prozent auf Kohleverbrennung basierende Stromproduktion sei eine der Hauptursachen für die schlechte Luft. China verbrenne derzeit zweimal mehr Kohle als die USA und viermal mehr als Indien. Immer wieder heißt es, das rasant wachsende China könne nicht auf Kohle verzichten.
Das stimme aber nicht, sagt Loga. „Baut China die erneuerbaren Energien aus und steigert die Energieeffizienz, könnte das Land bis zum Jahr 2050 seinen Energiebedarf zu 80 Prozent aus klimafreundlichen Techniken decken.“ Die Energieproduktion werde damit im Vergleich zu heute günstiger. Stromversorgung und Wirtschaftswachstum seien nicht gefährdet.
Zu diesem Schluss kommt die neue Studie „Chinas Future Generation“, die der US-Think-Tank Energy Transition Research Institute für den WWF erstellt hat. Die Autoren haben vier Szenarien entwickelt: ein Baseline-Szenario, eines mit hoher Effizienz, eines mit einem hohen Anteil erneuerbarer Energien und ein Niedrig-CO2-Szenario.
Sie simulierten dazu Stromangebot und -nachfrage per Computermodell auf einer Stunde-für-Stunde-Basis bis 2050. Ihre Empfehlung: Die chinesische Regierung solle das Potenzial der Erneuerbaren Energien voll ausschöpfen und die Energieeffizienz so voranbringen, dass der jährliche Stromverbrauch bis 2050 halbiert wird. Kohlestrom spiele dann gar keine Rolle mehr.
Krieg gegen Smog
Die Chancen, dass die chinesische Regierung tatsächlich umsteuert, stünden nicht schlecht, sagt Loga. „Zentralregierung und lokale Behörden bauen schon heute erneuerbare Energien aus, fördern Elektrofahrzeuge oder etablieren regionale Emissionshandelssysteme.“ Außerdem habe der chinesische Premier Li Keqiang beim Nationalen Volkskongress noch vor wenigen Tagen „dem Smog und der Umweltverschmutzung den Krieg erklärt.“ China presche beim grünen Umbau nach vorne.
Ergeben sich dadurch neue Chancen für die deutsche Wirtschaft? Björn Maack, der China seit Jahren für PricewaterhouseCoopers beobachtet, meint: „Am Ende machen das die Chinesen selber.“
Auf der Green Building Konferenz in Peking sollen nun erst einmal weitere Kooperationen von China und Deutschland angestoßen werden. So wird die dena mit chinesischen Partnern vier neue Pilotprojekte vereinbaren: den Bau von Wohnhäusern in den Städten Zhuzhou (Provinz Hunan) und Ledu (Qinghai), von zwei Schulen in Beidaihe (Hebei) und die Sanierung eines Bürogebäudes in Qingdao (Shandong). Die dena betreut damit mehr als ein Dutzend Projekte für deutsch-chinesische Effizienzhäuser in China.
Weiterführende Informationen
Konferenz effizientes Bauen in China
Webseite des ersten chinesischen Effizienzhauses in Qinhaundao [pdf, 1,2 MB]
Karte mit Live-Updates zur Luftverschmutzung in China
WWF-Studie zu Chinas grüner Zukunft [pdf, 2,8 MB]