Schon mit kleinen Geldbeträgen können Investoren und Privatpersonen durch sogenanntes „Crowdfunding“ Projekte von Start-up-Unternehmen und Künstlern finanzieren. Auch Initiatoren aus dem Bereich der nachhaltigen Entwicklung werben in speziellen Portalen um Gelder. Die Finanzierungsform bietet Chancen für die nachhaltige Entwicklung, birgt für die Anleger aber auch Risiken.
Crowdfunding wurde in den USA zunächst vor allem von Künstlern zur Finanzierung ihrer kreativen Projekte genutzt, der Pionier auf diesem Gebiet war die Website Kickstarter. Seit dem Start 2009 haben fünf Millionen Menschen insgesamt 838 Millionen US-Dollar investiert, um über 50.000 Projekte zu unterstützen. Seit 2011 gibt es auch in Deutschland entsprechende Internet-Plattformen, inzwischen sind es mehr als ein Dutzend.
Ihnen ist gemeinsam, dass Unternehmer oder Privatleute auf einer Profilseite ihr Projekt vorstellen und eine Summe nennen, die sie zur Realisierung ihrer Idee benötigen. Wen die Idee überzeugt, der erklärt gegenüber dem Portalbetreiber seine Absicht, das Projekt finanziell zu unterstützen und nennt den Geldbetrag, den er geben möchte.
Nach einem festgelegten Zeitraum von meist etwa vier Wochen wird bilanziert, ob der Initiator genug Interessensbekundungen hat, um die Projektsumme zu finanzieren. Wird der Betrag erreicht, leitet die Crowdfunding-Plattform die zugesagten Geldbeträge an den Initiator weiter. Wird die Summe nicht erreicht, verfällt das Projekt und die Geldgeber müssen nichts zahlen oder bekommen ihr Geld zurück.
Unterschiede gibt es in der Art der finanziellen Beteiligung. Internetplattformen wie Startnext oder Betterplace ähneln Spendenportalen. Die Nutzer geben ihr Geld aus ideellen Gründen, und sie erhalten, wenn überhaupt, nur eine eher symbolische Gegenleistung wie zum Beispiel die Gelegenheit, an einer Veranstaltung zum Projekt teilzunehmen. Einige Initiatoren nutzen die Portale allerdings auch dazu, Produkte vorzufinanzieren, von denen die Geldgeber zum Abschluss ein Exemplar erhalten.
Bereits über 100 Nachhaltigkeitsprojekte
Bei Portalen wie Innovestment oder Seedmatch ist der Geldgeber dagegen ein Investor. Bei dieser auch als „Crowdinvesting“ bekannten Art der Finanzierung erwirbt der Geldgeber häufig eine stille Beteiligung oder einen Genussschein am Unternehmen oder er finanziert ihm ein Darlehen. Der Investor hat dann in der Regel das Ziel, mit der Investition Gewinn zu erwirtschaften.
In den deutschen Portalen finden sich auch Projekte aus dem Bereich der nachhaltigen Entwicklung. Auf Innovestment will zum Beispiel das Unternehmen WeGreen 150.000 Euro für sein Informations- und Handelsportal für nachhaltigen Konsum einsammeln. Auf der Crowdfunding-Plattform Econeers werben Initiatoren um Investitionen in erneuerbare Energien und Energieeffizienz.
Wer bei den abgeschlossenen Projekten von Betterplace das Suchwort „nachhaltig“ eingibt, stößt auf rund 160 Treffer. Insgesamt listet die Website mehr als 1500 abgeschlossene Projekte auf. Die Organisation „Ingenieure ohne Grenzen“ hat über Betterplace beispielsweise 13.000 Euro gesammelt, um ein Müllrecyclingprojekt auf der indonesischen Insel Bali zu unterstützen.
Auf der Website informiert die Organisation, wofür das Geld ausgegeben wurde: Für 1100 Euro wurden beispielsweise Trennmülltonnen angeschafft, die Reisekosten der Projektmitglieder betrugen demnach 5386 Euro und für die Administration wendete der Initiator nach eigenen Angaben 2416 Euro auf.
Schriftliche Belege veröffentlichen nicht alle Initiatoren, die Geldgeber sind also auf die mehr oder weniger ausführlichen Dokumentationen der Empfänger angewiesen. Um die Vertrauenswürdigkeit eines Projektes einzuschätzen, verlässt sich Betterplace auf seine Nutzer. Auf der Website heißt es, dass betterplace.org – abgesehen vom aktuellen Freistellungsbescheid des Finanzamts über dessen Gemeinnützigkeit – dieses Hilfsprojekt nicht beurteilt.
Bei Tausenden Projekten auf der ganzen Welt und völlig unterschiedlichen Entscheidungskriterien sei eine solche Beurteilung effizient nur von einer Instanz zu leisten: von der Betterplace-Community. „Mache Dir also [”¦] ein Bild von dem Projekt: vom Projektverantwortlichen (stelle doch eine Frage zu Deiner möglichen Spende!) und der Projektbeschreibung, seiner Neuigkeitsberichte von vor Ort, sowie den bisherigen Spendern, Internet-Nutzern und Projektbesuchern, die das Projekt kommentiert und bewertet haben“, so die Aufforderung an die Geldgeber.
Crowdinvesting birgt Risiken
Dass diese Art des finanziellen Engagements nicht ohne Risiken ist, wird insbesondere bei den gewinnorientierten Crowdinvesting-Plattformen deutlich. Die Geldbeträge sind höher als bei den spendenähnlichen Portalen und beginnen beispielsweise erst bei einer Mindeststumme für ein nachrangiges Darlehen von 1000 Euro. Nachrangige Darlehen heißen so, weil sie im Insolvenzfall erst nach anderen Fremdkapitalarten zurückgezahlt werden.
Das Geld könnte also komplett verloren sein, falls das Unternehmen Bankrott geht. Ähnliche Risiken bergen Investitionen in stille Einlagen oder Genussscheine. Noch heikler wird es bei einem Beteilungsdarlehen. Der Kapitalgeber erhält keinen festen Zins, sondern eine Beteiligung am Umsatz oder Gewinn des Unternehmens. Schreibt die Firma Verluste, gibt es bei gleichzeitig hohem Risiko noch nicht einmal eine Vergütung.
Gesetzlich ist das Crowdfunding bisher kaum reguliert. Anbieter von Unternehmensbeteiligungen müssen detaillierte und rechtlich bindende Informationen über ihr Angebot – einen sogenannten Verkaufsprospekt – erst ab einem Verkaufserlös von 100.000 Euro innerhalb von zwölf Monaten erstellen. Das deutsche Vermögensanlagegesetz setzt damit die EU-Prospektrichtlinie aus dem Jahr 2003 um.
Wegen der noch jungen Vertriebsform Crowdfunding lotet die EU-Kommission derzeit die Notwendigkeit aus, eigene Richtlinien für diese Form der Finanzierung zu erlassen. Bis Ende des Jahres ist die Öffentlichkeit aufgerufen, sich an einer Konsultation zu beteiligen. In den USA arbeitet die Börsenaufsichtsbehörde SEC bereits an konkreten Regularien für das Crowdfunding.
Weiterführende Informationen
Liste von Portalen zu Crowdfunding und Crowdinvesting
Fachartikel der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zur Regulierung von Crowdfunding
Konsultation der EU-Kommission