Nachhaltigkeitsaspekte sind für Konsumenten gerade im Reisesektor schwer zu überblicken. Inzwischen gibt es allerdings anerkannte Standards und Internetangebote, die Urlaubern die Suche nach verantwortungsvollen Angeboten erleichtern und den Reisezielen die Chance zu nachhaltiger Entwicklung eröffnen können.
Der Massentourismus dürfte das Gegenteil von nachhaltigem Reisen sein. Wer kennt das nicht: Die ursprüngliche Landschaft ist einer Betonwüste gewichen, Lebensmittel werden aus den Heimatländern der Urlauber importiert statt sie von heimischen Produzenten zu kaufen, das Personal arbeitet für Hungerlöhne, um den Pauschalpreis der Urlaubsreisedrücken zu können, Händler und Kunsthandwerker bleiben auf ihren Produkten sitzen, weil die Touristen den Tag lieber an Büffet und Pool verbringen und nicht auf dem lokalen Markt einkaufen.
Wenn sie das Ressort doch einmal verlassen, fehlt oft Rücksicht auf Befindlichkeiten der Bevölkerung. Diese Aufzählung soll verdeutlichen, welche Missstände nachhaltiger Tourismus vermeiden will.
Inzwischen setzen sich allerdings die meisten Anbieter mit Nachhaltigkeitsfragen auseinander und auch für die Mehrheit der Urlauber ist das Thema wichtig geworden, ergab die jüngste Ausgabe der jährlichen Reiseanalyse der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen (FUR), in der Mitglieder aus Tourismuswirtschaft, Wissenschaft und öffentlicher Hand vertreten sind.
Immerhin für jeden achten Urlauber war 2013 Nachhaltigkeit ein wichtiges oder sogar das entscheidende Kriterium bei der Reiseplanung. Künftig würden sogar zwei Drittel der 55 Millionen deutschen Reisenden ihren Urlaub gerne nachhaltiger gestalten. „Das Potenzial für mehr nachhaltigen Tourismus ist auf dem deutschen Markt also durchaus vorhanden“, schlussfolgern die Forscher der FUR.
Urlauber wünschen sich aber mehr Informationen zum Thema nachhaltiges Reisen. Einen guten Einstieg in das Thema bieten Infoangebote der Umweltschutzorganisation WWF und des Verkehrsclubs Deutschland (VCD). Die meisten Hinweise beziehen sich auf die ökologische Dimension der Nachhaltigkeit, schließlich ist der Tourismus nach Darstellung des WWF für fünf Prozent aller Treibhausgasemissionen verantwortlich, wovon drei Viertel durch Flüge und andere Verkehrsmittel verursacht würden.
Hin- und Rückflug nach Mexiko verursachen beispielsweise 5,5 Tonnen CO2, dafür müsste ein Mittelklassewagen 40.000 Kilometer zurücklegen. Ein Flug nach Mallorca verursacht immerhin noch 700 Kilogramm Kilogramm des Treibhausgases, eine Bahnreise von Düsseldorf ins bayerische Oberstdorf dagegen weniger als 100 Kilogramm.
Bis 700 Kilometer besser auf Flüge verzichten
Wer seinen Urlaub dennoch lieber in der Ferne statt in Deutschland verbringen will, sollte nach der Empfehlung der Umweltschützer bei Distanzen bis 700 Kilometer lieber auf die Bahn oder den Reisebus zurückgreifen statt auf das Flugzeug. Zwischenlandungen erhöhen die Treibhausgasbilanz beträchtlich.
Die gesamten CO2-Emissionen von Flügen gleichen Firmen wie Atmosfair oder Myclimate durch Wiederaufforstungen oder effiziente Kochgeräte in Entwicklungsländern aus. Die Kompensation eines Mexiko-Flugtickets würde beispielsweise 130 Euro kosten.
Auf ökologische Kriterien wie Wasser, Energie und Abfall beziehen sich die Standards von Grüner Schlüssel und Viabono für Hotels, die Blaue Flagge für Strände oder Ecocamping. Soziale Kriterien berücksichtigen auch die Siegel von Green Globe, Travelife, dem Global Sustainable Tourism Council und CSR Tourism certified für Reiseveranstalter und Reisebüros.
Die Mitarbeiter von CSR-zertifizierten Reisebüros erhalten beispielsweise regelmäßig Schulungen zu den Themen Menschenrechte, Arbeitsbedingungen und Umweltschutz. Zu den meisten der Standards gibt es inzwischen umfangreiche Datenbanken, mit denen Reisende nachhaltige Angebote recherchieren können (siehe „Weiterführende Informationen“ in der rechten Spalte).
Gerade das Siegel CSR Tourism certified sei in der Reisebranche etabliert und biete einen hohen Standard, weil es auch die Standards der Partnerunternehmen in den Zielländern berücksichtige, bestätigt Randy Haubner vom Bremer Informationszentrum für Menschenrechte und Entwicklung.
Wenn Betroffene vor Ort eingebunden würden, lokale Produzenten ihre Waren an die Tourismusbetriebe liefern könnten, landestypische Herbergen genutzt würden und das Management von Hotels oder anderen Betrieben nicht nur Ausländern offen stehe, böte der Tourismus auch wichtige Chancen für die nachhaltige Entwicklung in südlichen Ländern.
Weiterführende Informationen
Tipps des WWF zum umweltverträglichen Reisen
Index zur CO2-Effizienz von Fluggesellschaften
Weltweite Reise-Datenbank des Forums Anders Reisen mit CSR-zertifizierten Veranstaltern
Weltweite Datenbank von Travelife
Datenbank von Green Globe
Nachhaltig Reisen in Lateinamerika
Datenbank zu geschützten Tier- und Pflanzenarten
Liste von Hotels mit dem Grünen Schlüssel
Liste der Strände mit Blauer Flagge
Standard des Global Sustainable Tourism Council für Hotels und Reiseanbieter
Vom Global Sustainable Tourism Council anerkannte nationale Standards
Angebote des Verkehrsclubs Deutschland (VCD)
Datenbank zu Fahrradreisen
Übernachtungsmöglichkeiten von Viabono