„Solides Wirtschaften“ hieß eines der Themenforen auf der 13. Jahreskonferenz des Rates für Nachhaltige Entwicklung am 13. Mai in Berlin. Die Teilnehmer diskutierten, welche Faktoren unternehmerischen Mut zur Nachhaltigkeit beflügeln. Aus der Praxis eines Unternehmensberaters berichtete Prof. Dr. Björn Bloching, Senior Partner bei der Unternehmensberatung Roland Berger. In News Nachhaltigkeit beschreibt er, wie man Nachhaltigkeitsaspekte in die Sprache von Manager übersetzt.
Herr Bloching, Sie beraten Unternehmen, wie sie nachhaltig werden. Was sind die häufigsten Bedenken, auf die Sie stoßen?
Es gibt keine grundsätzlichen Bedenken, jedes Unternehmen möchte irgendwie nachhaltig sein. Auf der strategischen Ebene rennt man üblicherweise offene Türen ein. Das Problem fängt erst bei der Umsetzung an, wenn es um die Fragen geht: Was heißt eigentlich Nachhaltigkeit? Was will man damit erreichen? Dann muss man klären, was der Business Case ist – obwohl ich diesen Begriff nicht besonders mag. Der schwierigste Punkt ist dann: Wie setze ich das alles um gegen die Befindlichkeiten in einem Unternehmen, gegen all das Gelernte. Viele Mitarbeiter sagen anfangs leider doch: Nachhaltig können wir gerne sein, aber bitte in einer anderen Abteilung.
Bezweifeln nicht immer noch viele Unternehmen, dass Nachhaltigkeit ein Geschäftsmodell ist?
Wenn man erklärt, dass Nachhaltigkeit sowohl die langfristige Existenz des Planeten als auch die des eigenen Unternehmens sicherstellt, dann gibt es heute keine grundsätzlichen Bedenken mehr. Wenn Sie allerdings dem üblicherweise hinten rechts in der S-Klasse sitzenden Top-Manager erklären wollen, dass Fahrräder nachhaltiger sind als Autos und er statt Dienstwagen nur noch Fahrräder anschaffen soll, können Sie natürlich nichts erreichen. Aber wenn Sie erklären, wie man Ressourcenschonung mit Geschäftserfolg verbindet, dann kann das sehr wohl funktionieren. Wenn man sich der Sprache bedient, die auch Manager verstehen, würde man zum Beispiel fragen: Ist der Porsche 911 ein nachhaltiges Produkt?
Bei dem hohen Spritverbrauch von Sportwagen wohl kaum.
Das stimmt möglicherweise für die COââ??â??-Bilanz, aber zumindest in der Produktion ist ein 911er ressourceneffizienter als die Herstellung mehrerer Kleinwagen. Ein Großteil der 911er, die jemals gebaut wurden, fahren nämlich immer noch, man hat also nur einmal die Primärressourcen für die Herstellung verbraucht. Man muss Manager da abholen, wo sie sind. Der Begriff Nachhaltigkeit bleibt häufig sehr abstrakt, das haben wir auch bei der Podiumsdiskussion auf der Jahreskonferenz des Rates für Nachhaltige Entwicklung gesehen. Viele Manager sind überhaupt nicht so sozialisiert, dass sie für sich selbst einen nachhaltigen Lebensstil pflegen. Sie sind gewohnt, relativ ressourcenintensiv zu leben und sie denken auch nicht so sehr darüber nach, was das für nachfolgende Generationen bedeutet. Wenn man sie aber fragt „Seid ihr auch gegen die Abholzung der Regenwälder?“, dann sagen sie „Na klar sind wir das“. Dann würde ich Ihnen den Zusammenhang zwischen Viehhaltung und Weideflächen erklären und sagen: Geben Sie Ihrem Kantinenchef einfach etwas mehr Budget für hochwertige vegetarische Gerichte, dann essen Ihre Mitarbeiter automatisch weniger Fleisch. Darum geht es, diese mangelnde Verbindung zwischen dem eigenen Handeln und dem eigentlich guten Willen aufzulösen.
Und wie machen Sie das?
Indem wir uns von der oftmals abstrakten Logik lösen und sagen: Okay, lassen Sie uns doch mal die Handlungsfelder von Nachhaltigkeit durchgehen, und zwar nicht nur durch die ökologischen, sondern auch durch die sozialen. Und dann lassen Sie uns überlegen, ob Sie Ihre Belegschaft in Zeiten des demografischen Wandels so aufgestellt haben, dass durch das Binden erfahrener Arbeitskräfte – auch über das eigentliche Rentenalter hinaus – wichtige Kenntnisse und Ressourcen erhalten bleiben und wie diese weitergegeben werden können. Denken Sie doch einmal darüber nach, welche Vorteile es für den Geschäftserfolg hat, wenn beispielsweise die Generationen über Mentoringprogramme voneinander lernen. Der Effekt sind nämlich unter anderem höhere Produktivität und weniger Fehler sowohl bei den jüngeren als auch den älteren Mitarbeitern. So zeigen wir einen Business Case für dieses Maßnahmenbündel.
In diesem Jahr wird an den sächsischen Oberberghauptmann Hans Carl von Carlowitz erinnert, der vor 300 Jahren den modernen Begriff der Nachhaltigkeit prägte. Gibt es für Sie noch andere Vorbilder für Nachhaltigkeit?
Die Nennung einzelner Personen führt meist dazu, wichtige Wegbereiter zu vergessen, ich würde es also gerne allgemeiner fassen. Ein großer Teil des deutschen Mittelstandes ist im besten Sinne nachhaltig. Solche Unternehmen verstehen sich als Motor der regionalen Entwicklung und denken in langen Investitionszyklen. Diese Haltung übernehmen erfreulicherweise auch immer mehr Konzerne.
Das Interview führte Manuel Berkel.