Nahezu 1.400 Kilometer lang ist das Grüne Band. Es durchzieht Deutschland entlang der ehemaligen Grenze zwischen Ost und West. Nach Angaben des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) ist es der längste Biotopverbund des Landes. Mehr als 1.200 gefährdete oder vom Aussterben bedrohte Tier- und Pflanzenarten sind hier beheimatet. Der größte Teil des alten Grenzstreifens ist mittlerweile geschützt.
Doch 300 Kilometer des Grünen Bands hält der BUND für gefährdet. "Das Risiko ist hoch, dass die privaten Teile verkauft, intensiv landwirtschaftlich genutzt und dann nicht mehr für den Naturschutz zur Verfügung stehen werden", warnt BUND-Vorsitzender Hubert Weiger, der auch Mitglied im Rat für Nachhaltige Entwicklung ist.
Der Verband fordert von der Bundesregierung den Ankauf der noch fehlenden Flächen. Die Kosten dafür veranschlagt Weiger auf rund 30 Millionen Euro. Außerdem solle das Grüne Band zum Nationalen Naturmonument erklärt werden. Als erster Anrainer will Thüringen die Landesflächen als Naturmonument ausweisen. So sieht es zumindest der Koalitionsvertrag der Erfurter Regierungsparteien vor.
Dieses Erbe der deutschen Teilung war kurz nach dem Mauerfall 1989 das erste gesamtdeutsche Naturschutzprojekt und ist heute Teil einer gemischten Bilanz der Umweltpolitik nach 25 Jahren Deutsche Einheit. Noch vor dem Zusammenschluss beider Staaten wurde die Umweltunion gegründet. "Bis zum Jahr 2000 soll das Umweltgefälle zwischen beiden Teilen Deutschlands auf hohem umweltpolitischen Niveau vollständig ausgeglichen sein", erklärte der damalige Umweltminister Klaus Töpfer.
Erfolgreicher Naturschutz auf dem Staatsgebiet der DDR
Naturschützer attestieren heute beträchtliche Erfolge beim Umweltschutz auf dem Gebiet der früheren DDR. "An vielen Stellen können wir eine Verbesserung erkennen", sagt Olaf Tschimpke, Präsident des Naturschutzbundes Deutschland (NABU) und stellvertretender Vorsitzender des Rates für Nachhaltige Entwicklung. Es seien beispielsweise die Ausweisung von Großschutzgebieten vorangebracht und Flächen dauerhaft für den Naturschutz gesichert worden.
Gerade das im Westen damals noch abgelehnte Nationalparkprogramm ist für die Verbände ein großer Erfolg. Nur wenige Wochen bevor der Einheitsvertrag in Kraft trat, wies die DDR noch 14 Großschutzgebiete aus: Fünf Nationalparks, sechs Biosphärenreservate sowie drei Naturparks. Zusammengenommen umfasste diese Fläche 4,5 Prozent des gesamten Staatsgebietes, fast 4.900 Quadratkilometer Land.
"Wir konnten mit dem Nationalparkprogramm einiges retten", stellt der Wissenschaftler Michael Succow fest, der das Programm als letzter Vize-Umweltminister der DDR noch kurz vor Toresschluss durchdrücken konnte. Die Idee fand auch im Westen Deutschlands Anhänger. "Insgesamt haben wir in Deutschland jetzt 16 derartige Modellregionen, die zunehmend ökologisch und naturnah wirtschaften", erläutert der Biologe.
Wasser und Luft sind spürbar sauberer geworden
Der Coup ging auf das in der DDR vorhandene Kontrastprogramm zurück. Einerseits war die Umwelt, insbesondere Luft und Wasser, extrem durch Schadstoffe belastet. Andererseits existierten mit den Jagdgebieten der DDR-Regierung, Truppenübungsplätzen und dem Grenzstreifen großflächige einsame Naturräume. "Deshalb erhielt sich noch eine relativ große Artenvielfalt", erläutert Succow.
Auch in anderen Bereichen verzeichnen Umweltschützer seit der Wende beträchtliche Fortschritte. Die Schwefelbelastung der Luft sei auf zehn Prozent des damaligen Wertes zurückgegangen und die Elbe nicht mehr einer der schmutzigsten Flüsse der Welt, stellt Weiger fest. Tschimpke weist zudem auf die stark verbesserte CO2-Bilanz Deutschlands durch den Zusammenbruch der emissionsintensiven Industrien im Osten hin.
Dies habe "eine erhebliche Reduktion der Umweltbelastungen ergeben", bemerkt der NABU-Chef. Von der Entwicklung in Ostdeutschland hat seiner Ansicht nach das gesamte Land profitiert, unter anderem durch einen Innovationsschub bei den Umwelttechnologien.
Kohle färbt die Umweltbilanz der Einheit
Allerdings sehen die Fachleute auch noch erhebliche Defizite in der Umweltpolitik. Insbesondere der weiterhin betriebene Braunkohletagebau wird von Naturschützern kritisiert. "Da hätte man gleich konsequenter sein können", kritisiert Tobias Münchmeyer, Energieexperte von Greenpeace. Noch immer würden Sachsen und Brandenburg neue Tagebaue genehmigen und die Kohle mit rund 40 Prozent zur deutschen Stromproduktion beitragen. Analog zur Kernkraft fehle es an einer Ausstiegsentscheidung noch. "Davor drückt sich die Bundesregierung", bemängelt Münchmeyer.
Auch andere Altlasten drücken die Umweltbilanz der Einheit. Laut Weiger wird die Sanierung des Uranabbaus ebenso noch Zeit brauchen wie die Beseitigung giftiger Schlämme aus Gewässern und Böden. Auch im Verkehrswesen erkennt der BUND Versäumnisse. Zu DDR-Zeiten seien 80 Prozent der Güter auf der Schiene transportiert worden, heute hält diesen Anteil der LKW-Verkehr. Und nach nur fünf Jahren nach dem Mauerfall habe sich der Anteil der Autobesitzer in Ost und West angeglichen.
Agrarindustrie stellt Naturschutz vor neue Herausforderungen
Eine der größten Sorgen der Naturschützer ist die Agrarindustrie in den neuen Ländern, die vor allem in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommer durch eine intensive Bewirtschaftung und durch Massentierhaltung gekennzeichnet ist. "Eine Agrarwende ist dringend notwendig", bekräftigt Succow.
Der Bodenkultur müsse mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden, denn der Steuerzahler werde für die Fehlentwicklungen gleich drei Mal zur Kasse gebeten. Er zahle die Subventionen der großflächigen Betriebe, komme für die sozialen Folgen der Verödung ländlicher Räume auf und am Ende auch für die ökologischen Folgeschäden der Agrarindustrie.
Succow fordert eine verstärkte Hinwendung zum Konsum regionaler Erzeugnisse, zum Beispiel durch Einkäufe öffentlicher Einrichtungen. Auch müsse die Politik gegen den Landverkauf an den jeweils Meistbietenden etwas unternehmen und das Ackerland in die Hände derer geben, die das Land bebauen.
Weiterführende Informationen
BUND zum Grünen Band
Nationalparkprogramm der DDR
Greenpeace zur Braunkohle in der Lausitz