Im internationalen Vergleich nachhaltiger Unternehmen liegen deutsche Firmen nur im Mittelfeld. „Deutsche Unternehmen sind im Allgemeinen bekannt für ihr umfassendes Umweltmanagement und ihre ausgeprägten Arbeitnehmerrecht. Die aktuelle Studie ‘International Corporate Sustainability Barometer‘ zeichnet allerdings ein anderes Bild“, schreibt die Leuphana Universität Lüneburg, eine von elf Hochschulen aus aller Welt, die das Nachhaltigkeitsbarometer erstellt haben.
Deutsche Unternehmen gehörten weder zu den stärksten noch zu den schwächsten im Ranking, heißt es in der Mitteilung weiter. Die elf Forschungsinstitute haben 468 Unternehmen aus elf Staaten von den USA bis Japan auf ihre Nachhaltigkeit hin untersucht.
Im Fokus standen drei Fragestellungen: Warum haben Unternehmen ein Nachhaltigkeitsmanagement eingeführt (Intention)? Wie weit haben Unternehmen Nachhaltigkeit in ihr Kerngeschäft und in ihre Organisationsstruktur integriert (Integration)? Wie wird das Nachhaltigkeitsmanagement umgesetzt (Implementation)? Aus Deutschland haben sich 152 Unternehmen an der Studie beteiligt.
Im Vergleich schnitten Japan und Großbritannien besonders gut ab. Britische Unternehmen belegen bei einer Reihe von Indikatoren vordere Plätze, Japan charakterisieren die Forscher als proaktiv und vorausschauend. An japanischen Unternehmen heben die Wissenschaftler hervor, dass sie starke Strukturen für Nachhaltigkeitsmanagement geschaffen hätten.
Für die Integration des Nachhaltigkeitsgedankens in das Top-Management, die Produktion, die Logistik sowie das Finanz- und Rechnungswesen erreichen japanische Firmen Spitzennoten. Japanischen Unternehmen gelingt es außerdem genau wie spanischen, belgischen und britischen besonders gut, Nachhaltigkeit in ihr Geschäft zu integrieren. Damit meinen die Autoren der Studie beispielsweise die Nutzung von Recycling- und Effizienztechnologien und grünen Energien oder ethisch vertretbaren Finanzprodukten.
Nachhaltigkeit nicht gewinnorientiert
Generell habe die Studie allerdings ergeben, dass Unternehmen Nachhaltigkeit nicht gewinnorientiert ausgestalteten, sagt Co-Autor Professor Stephan Schaltegger, Leiter des Centre for Sustainability Management an der Uni Lüneburg. „Die Hauptmotivation für Unternehmen ist, ihre gesellschaftliche Akzeptanz zu sichern.“
Der Vorwurf, viele Konzerne engagierten sich allein aus Imagegründen für Nachhaltigkeit, geht für Schaltegger allerdings an der Sache vorbei. „Der Wunsch, sich Akzeptanz zu sichern, ist etwas anderes als Greenwashing, bei dem Unternehmen nichts Substanzielles für Nachhaltigkeit tun.“
Die Nachhaltigkeitsleistungen von Unternehmen in den elf untersuchten Staaten lassen sich auch danach unterscheiden, ob eher soziale oder ökologische Nachhaltigkeitskriterien im Vordergrund stehen. In Australien sind es eher soziale Themen, in Ungarn Umweltaspekte. Die Forschungsinstitute untersuchten zudem, welche Nachhaltigkeitskriterien Anspruchsgruppen zukünftig für wichtig halten.
In den USA, Japan und Australien wurde beispielsweise die Wasserversorgung genannt, für die Schweiz ist Ressourceneffizienz wichtig, für Japan Müllentsorgung.
Trotz der beobachteten Unterschiede gibt es Nachhaltigkeitsthemen, die von vielen Ländern als wichtig erachtet werden: Arbeitsschutz, Arbeitslosenquote, Energieversorgung, Chancengleichheit und Fortbildungsmöglichkeiten.
Auf den letzten Plätzen der zehn untersuchten Nachhaltigkeitskriterien rangieren Transportwesen und Biodiversität. Überraschenderweise wird auch dem Thema Kinder- und Zwangsarbeit nur eine unterdurchschnittliche Bedeutung zugemessen.
Die befragten Unternehmen haben der Studie zufolge ein gutes Gespür für die Bedürfnisse ihrer lokalen Anspruchsgruppen.
„Generell gibt es starke Gemeinsamkeiten zwischen den von den Unternehmen behandelten Nachhaltigkeitsthemen und den Forderungen der Stakeholder“, schreiben die Forscher. Um geschäftliche Chancen und Risiken in unterschiedlichen Ländern frühzeitig zu erkennen, raten die Studienautoren Unternehmen dazu, sich in regionalen Nachhaltigkeitsnetzwerken zu engagieren, beispielsweise beim Asia Pacific Roundtable for Sustainable Consumption and Production
Weiterführende Informationen
Mitteilung zur Studie [PDF, 181 KB]
International Corporate Sustainability Barometer, komplette Studie [PDF, 1,4 MB]