Der ökologische Fußabdruck ist eine griffige Größe, seit er 1994 erdacht wurde: Mit einer einzigen Zahl lässt sich darstellen, wie viel Platz ein Land durch seinen Konsum von Nahrung, Energie und Rohstoffen beansprucht. In der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie spielte der Aspekt bisher eine untergeordnete Rolle: Es gibt den Indikator 8.1, der misst die Gesamtrohstoffproduktivität im Verhältnis zum BIP. Er beantwortet also die Frage, ob für den inländischen Konsum, inländische Investitionen und den Export tendenziell immer weniger abiotische und biotische Rohstoffe sowie Pflanzenmaterial aus der Umwelt entnommen werden müssen. Im Indikatorenbericht des Statistischen Bundesamtes zeichnet sich hier bis zum Jahr 2016, bis dahin reichen die Daten, ein positiver Trend ab.
Doch dem RNE ist das schon längst viel zu wenig. „Es muss deutlich werden, dass die planetaren Grenzen in wesentlichen Bereichen (Biodiversität, Klima) bereits überschritten sind und dies eine substanzielle und absolute Reduktion unseres Ressourcen-, Energie- und Flächenverbrauchs erforderlich macht“, schreibt er in seiner jüngsten Analyse zur Dialogfassung der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie, zu der bis zum 31. Oktober Stellungnahmen eingereicht werden konnten. Dabei seien internationale Zusammenhänge sowie ambitionierte und trotzdem angemessene Zeithorizonte zu berücksichtigen.
Federführend bei der Formulierung der neuen Strategie ist das Bundeskanzleramt. Das Statistische Bundesamt hat in dessen Auftrag in der aktuellen Dialogfassung einen Indikator überarbeitet: Er nennt sich „Globale Umweltinanspruchnahme durch den Konsum privater Haushalte“ und soll den bisherigen Indikator 12.1.b „Energieverbrauch und CO2-Emissionen des Konsums“ ablösen. Der neue Indikator gliedert sich in drei Werte: Er gibt an, wie viel Energie und Rohstoffe für den Konsum privater Haushalte in Deutschland im Inland und, über importierte Produkte, auch im Ausland in Anspruch genommen werden. Der dritte Wert gibt die dabei im In- und Ausland verursachten CO2-Emissionen an.
Das Statistische Bundesamt berechnet das alles mit einem sogenannten Input-Output-Analysemodell, in das die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung einfließt. Die gibt monetär an, wie Wertschöpfungsketten zusammenhängen. Also etwa, was Metallerzeuger für die Rohstoffe, die sie verarbeiten, im In- und Ausland monetär aufwenden und was Automobilbauer wiederum für die Metallerzeugnisse zahlen. Aus den Geldflüssen lässt sich auch der tatsächliche Fluss und Verbrauch von physikalischen Rohstoffen berechnen. Wie die dahinter liegende „Umweltökonomische Gesamtrechnung“ funktioniert, lesen Sie hier.
Flächenfußabdruck fehlt
Doch entspricht der Indikator auch dem, was der RNE fordert? „Um nachhaltige Entwicklung und Klimaneutralität zu erreichen, müssen wir nicht nur den absoluten Ressourcen- und Energieverbrauch in Deutschland, durch Europa und in der Welt reduzieren und die CO2-Emissionen senken“, sagt die stellvertretende RNE-Vorsitzende Imme Scholz. Der RNE fordert zusätzlich, einen echten Fußabdruck einzuführen, der zeigt, wie viel landwirtschaftliche Fläche die Deutschen für ihre Ernährung und ihre Agrarexporte weltweit in Anspruch nehmen. Schließlich wird ein Drittel der Gesamtproduktion der deutschen Landwirtschaft exportiert. Die dahinter liegenden Größen wären zwar theoretisch auch in dem überarbeiteten Indikator 12.1.b enthalten. Doch für den RNE ist ein nachhaltiges Ernährungssystem Grundvoraussetzung für ein zukunftsfähiges Wirtschaftsmodell – und deshalb ist für eine öffentliche Debatte ein globaler Flächenfußabdruck notwendig, der sich auf den Konsum von Fleisch, Obst, Gemüse, Milch und andere Nahrungsmittel bezieht. Erst im Oktober hat die EU ihre Agrarreform beschlossen. Der RNE hat sie zwar als „Achtungserfolg“ bezeichnet, bewertet sie aber als unzureichend. Deshalb müsse Deutschland seinen nationalen Gestaltungsspielraum bei der Umsetzung nutzen, so der RNE.
Vor diesem Hintergrund entstand die Idee, einen eigenen Indikator für den Flächenfußabdruck einzuführen. Die Grundlage hierfür gibt es, das Umweltbundesamt hat dazu im Jahr 2017 eine umfassende Studie vorgestellt. „Mit der vorgeschlagenen Methode können die Ausmaße der genutzten Flächen für unterschiedliche menschliche Konsummuster differenziert, sowie transparent und international vergleichbar gemacht werden“, heißt es darin. Auch das Statistische Bundesamt hat in seinem Methodenhandbuch zur Umweltökonomischen Gesamtrechnung entsprechende Berechnungsmethoden entwickelt, wendet sie aber nicht regelmäßig an.
„Aus der Sicht nachhaltiger Entwicklung gibt es keinen Grund, warum die Bundesregierung diesen wichtigen Indikator für eine zukunftsfähige Landwirtschaft nicht einführen sollte“, resümiert Imme Scholz.