Mitten in der Wirtschafts- und Finanzkrise der Nullerjahre hatte der Journalist und Produzent Stefan Schulze-Hausmann die Idee, gute Beispiele für Nachhaltigkeit auszuzeichnen und sie zu feiern. Daraus entstand der Deutsche Nachhaltigkeitspreis (DNP): Inzwischen verleiht die Stiftung Deutscher Nachhaltigkeitspreis unter Schulze-Hausmanns Leitung den DNP im zehnten Jahr für Spitzenleistungen der Nachhaltigkeit in Unternehmen, Kommunen, Forschung und Bauen. Der Rat für Nachhaltige Entwicklung (RNE) ist von erster Stunde an institutioneller Partner des Deutschen Nachhaltigkeitspreises.
Doch hat die Auszeichnung auch einen Effekt auf die Ausgezeichneten? Wie wirkt der DNP? Und in welche Richtung könnte sich der Preis weiterentwickeln? Um das herauszufinden, hat der Nachhaltigkeitsrat, auf Initiative des Kuratoriums des DNP zum zehnten Jubiläum eine Studie über Wirkung, Wirksamkeit und Perspektiven der ausgezeichneten Unternehmen in Auftrag gegeben.
An der Umfrage unter allen Unternehmen, die sich in den vergangenen Jahren um den Preis beworben haben, nahmen 122 Firmen aller Größen teil. Am stärksten vertreten waren die Konsumgüter- und Einzelhandelsbranche, gefolgt von vielen sonstigen produzierenden Unternehmen sowie Firmen aus der Prozess- und Bauindustrie und dem Handwerk. „Unterrepräsentiert waren die bei Nachhaltigkeit intensiv diskutierten Branchen wie etwa Automobil oder die Finanzindustrie”, sagt Matthias Kannegiesser, Gründer und CEO von time2sustain, der mit seinem Team die Studie durchführte und sie durch Experteninterviews mit Jurymitgliedern und langjährigen Beobachtern des DNP ergänzte.
Die Studie gelangt zu einer positiven Bewertung bezüglich der Wirksamkeit des DNP auf die Unternehmen und ihre Nachhaltigkeitsaktivitäten – das gilt insbesondere für die Nominierten und die Preisträger des Wettbewerbs.
DNP stärkt Nachhaltigkeitsverantwortliche
Auch bei der Standortbestimmung innerhalb der Branche und beim Feedback durch den DNP werden die gesteckten Ziele weitgehend erreicht. So gibt fast die Hälfte der Befragten an, bereits mehrfach am Wettbewerb um den DNP teilgenommen zu haben. „Das spricht für eine kontinuierliche Auseinandersetzung mit dem Thema Nachhaltigkeit im Unternehmen und weist auf interne Lernschritte hin”, sagt Kannegiesser.
DNP-Initiator Schulze-Hausmann ist mit den Ergebnissen der Studie zufrieden: „Sie hat bestätigt, dass eine Auszeichnung mit dem DNP die Position der Verantwortlichen in den Unternehmen stärkt, also derjenigen, die sich um Nachhaltigkeitsthemen kümmern”, sagt Schulze-Hausmann. Denn mit 97 Prozent bewerten fast alle Umfrageteilnehmerinnen und -teilnehmer ihre Entwicklung im Nachhaltigkeitsmanagement positiv. Den Angaben zufolge verzeichnen sie sowohl interne Erfolge – etwa interne Sozialwirkung, interne Umweltbilanz und Nachhaltigkeit als Differenzierungsmerkmal beim Personal – als auch externe Erfolge, wie Reputation, Umweltbilanz, Kundensicherheit und -zufriedenheit. Studienleiter Kannegiesser sagt: „Es übertrifft meine Erwartungen, mit welcher Breite, Vielfalt und Deutlichkeit hier Unternehmen in den letzten Jahren Erfolge mit Nachhaltigkeit verzeichnen konnten.” Er werte das als ein starkes Signal dafür, dass es sich für Unternehmen auszahle, Nachhaltigkeit als Geschäftsstrategie zu verfolgen. Eine weitere interessante Erkenntnis: Eine Mehrheit der Teilnehmenden sieht keine große Herausforderung mehr in einer zurückhaltenden Unterstützung der Nachhaltigkeitsthemen durch die Führungskräfte.
Verzahnung mit dem Kapitalmarkt weiterhin schleppend
Als besondere Herausforderung bewerten die Befragten die mangelnde Investorennachfrage und fehlende interne Anreizsysteme: So konnten bislang nur 35 Prozent der Unternehmen aufgrund von Nachhaltigkeitsaspekten zum Beispiel bessere Kreditkonditionen erhalten, nur ein gutes Viertel der Unternehmen hat interne Anreizsysteme auf Nachhaltigkeit ausgerichtet, und Boni- und Führungskräfteanreize sind selbst bei Vorreiter-Unternehmen in vielen Fällen immer noch nicht mit Nachhaltigkeitszielen unterlegt. „Die Studie bestätigt, dass die Verzahnung von Nachhaltigkeit mit dem Kapitalmarkt immer noch stark ausbaufähig ist”, sagt Kannegiesser.
Die fehlende Zahlungsbereitschaft der Kunden und Kundinnen ist für 63 Prozent der befragten Unternehmen die größte Herausforderung. Teilnehmende kommentierten, dass gerade im Einkauf nur nach dem niedrigsten Preis entschieden werde und Aspekte wie längere Nutzungsdauer, höhere Restwerte und somit geringere Lebenszykluskosten nicht honoriert würden. Zudem vermissen mehr als 60 Prozent eine Regulierung und passende Marktanreize für Nachhaltigkeit. Auch attestieren die Teilnehmenden eine große Lücke zwischen Branchen-Vorreitern und der übrigen Wirtschaft. Über GreenTech und Social Business hinaus brauche es eine Marktdynamik für umfassende Nachhaltigkeit, insbesondere um die Nachhaltigkeitsziele der Agenda 2030 zu erreichen, so ein Ergebnis der Studie.
Auch auf potenzielle künftige Perspektiven des DNP wirft die Studie einen Blick und stellt fest: Die Zukunftserwartungen gehen weit über den Gründungszweck des DNP hinaus. Über die Verleihung der Auszeichnung hinaus wünschen sich die Teilnehmer vor allem, dass sich die Unternehmen untereinander stärker vernetzen, und sie hoffen, mehr Nutzen aus diesen Netzwerken ziehen zu können, zum Beispiel über Best Practice-Beispiele. „Derzeit haben vor allem diejenigen Unternehmen einen Nutzen, die beim Preis nominiert sind oder gewinnen”, sagt Kannegiesser. „Die anderen wünschen sich, dass der Aufwand, den sie für die Teilnahme und die Bewerbung betreiben, sich stärker lohnt.” Auch für DNP-Initiator Schulze-Hausmann ist es eine Erkenntnis aus der Studie, dass sich der DNP künftig zum Ziel setzen müsse, das Netzwerk gleichartig Interessierter zu verstärken: „Das tut auch unserer Verankerung in der Szene gut.”
Ablauf des Unternehmenswettbewerbs
- Alle Branchen, alle Größen: Jedes Unternehmen, das die Produkte und Dienstleistungen in Deutschland anbietet, kann teilnehmen.
- Fünf Kategorien: Es gibt Preise für das nachhaltigste Unternehmen nach Größe (groß, mittelgroß, KMU), für die nachhaltigste Marke und den Sonderpreis „Ressourceneffizienz“.
- Bewerbung: Unternehmen bewerben sich online, nur nominierte Unternehmen und Preisträger werden bekannt gegeben.
- Jurysitzung: Eine Fachjury, die jährlich von der Stiftung Deutscher Nachhaltigkeitspreis berufen wird, unter Vorsitz des Generalsekretärs des Rates für Nachhaltige Entwicklung Günther Bachmann entscheidet über die Preisträger. Nominierte und Preisträger werden in einem mehrstufigen Abstimmungsverfahren entschieden und die Begründungen veröffentlicht.
Zehn Jahre Deutscher Nachhaltigkeitspreis
Wirkung und Perspektiven für Nachhaltigkeit in Unternehmen