Die Politik von Donald Trump ist eine Katastrophe für Klima und Umwelt, glaubt unser Ratsmitglied Mark Lawrence. Er fürchtet den Missbrauch von KI und eine weitere Destabilisierung der Gesellschaft. Aber die Disruption biete auch Chancen, die es zu nutzen gilt.
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Als eine seiner ersten Amtshandlungen hat US-Präsident Donald Trump das Pariser Klimaabkommen aufgekündigt. Was denken Sie: Wie tritt Amerika künftig bei internationalen Verhandlungen zur nachhaltigen Entwicklung auf, etwa bei den Weltklimakonferenzen?
Sicherlich nicht konstruktiv, es wird unberechenbar. Wahrscheinlich werden die USA erst einmal versuchen, solchen Konferenzen fernzubleiben oder sich zumindest bedeckt zu halten. Damit nähmen die USA eine ähnliche Außenseiterposition ein wie Russland nach ihrem Angriff auf die Ukraine. Vermutlich werden die USA sehr fordernd auftreten, wenn es um wirtschaftliche oder militärische Interessen geht, und eine Anti-Haltung einnehmen, wenn es um Gemeinwohlinteressen wie Klima oder Gesundheit geht.
Und mit dem Präsidialerlass dürfte das Verfahren zum Austritt der USA aus dem Pariser Klimaabkommen bereits eingeleitet sein. Konkret gibt es eine einjährige Frist für den Austritt aus diesem Abkommen. Trump hat auch damit gedroht, aus der Klimarahmenkonvention auszutreten. Bisher hat er dies aber nicht getan, vermutlich weil er dafür die Zustimmung des US-Kongresses bräuchte.
Und dann gibt es noch die Klimarahmenkonvention der UNO, sozusagen die Grundlage für alle Klimakonferenzen: 1992 haben sich dabei fast alle Staaten darauf geeinigt, dass die Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre gebremst werden muss.
Die Klimarahmenkonvention ist wie das Pariser Abkommen ein völkerrechtlich bindender Vertrag. Rechtlich ist es in den USA so geregelt, dass sie jederzeit wieder in das Pariser Abkommen eintreten können, ich vermute, weil das Pariser Abkommen nicht an Budgetverpflichtungen gekoppelt ist. Ein Austritt aus der Klimarahmenkonvention wäre ein noch viel größerer Schritt. Das würde unter anderem bedeuten, dass die USA unter der Trump-Regierung gar nicht mehr an den COPs teilnehmen könnte – und seine Nachfolgerregierung auch nicht, es sei denn, sie beschließen einen Wiedereintritt und die internationale Staatengemeinschaft akzeptiert dies.
Laut Plänen des „Project 2025“, die Agenda, die eine Denkfabrik für Trump erstellt hat, sind die Ausstiegspläne doch schon ziemlich konkret?
Tatsächlich wurden schon alle US-Mittel für das UNO-Klimasekretariat in Bonn gestrichen. Also für die Leute, die die COPs auf der Basis der Rahmenkonvention organisieren.
Geht es beim US-Alleingang vor allem um das Geld, das jetzt fehlt?
Nicht in erster Linie, die USA haben im Verhältnis nicht viel eingezahlt. Deutschland zum Beispiel hat zuletzt sechs Milliarden Euro für Klimaschutz und -anpassung an Entwicklungsländer gezahlt, die USA elf Milliarden und die EU insgesamt mehr als 30 Milliarden.
Das größere Problem sind die Emissionen. Wenn Trump mit „Drill baby, drill“ ernst macht, werden die Emissionen in den USA deutlich steigen. Das hat eine Sogwirkung auf andere Länder. Bisher haben die USA und die EU gemeinsam Druck auf China ausgeübt – dort wird inzwischen dreimal so viel CO2 emittiert wie in den USA. Ich befürchte, viele Länder nehmen das als Lizenz für mehr fossile Energieerzeugung. In anderen Bereichen haben die USA ebenfalls einen wichtigen Beitrag geleistet: Bei Abkommen zum Schutz der Hochsee, um die globalen Fischbestände zu schützen, oder beim Abkommen zur Reduzierung der Plastikverschmutzung auf unserem Planeten. Auch in diesen Bereichen ist der Rückzug der USA ein großer Rückschlag für den Klimaschutz und die globale Zusammenarbeit.
Der Klimaschutz und die Anpassung an Klimawandel – beides wird gebremst. Inwiefern ist Trumps Entscheidung auch ein Auftrag an uns?
Wenn wir das Klima und die Umwelt wirklich schützen wollen, dann muss der Rest der Welt jetzt ausgleichen, was wegfällt: Es braucht also mehr Geld, zum Beispiel durch ambitionierte nationale Beiträge unter der UNFCCC (Nationally Determined Contributions), die die Länder im Februar 2025 als Teil des Pariser Abkommens festlegen müssen. Wir müssen Klimaschutz mit ambitionierten Maßnahmen umsetzen, hierzulande vor allem in den Bereichen Verkehr, Wohnen und Industrie. Vor allem aber müssen wir ihn so gestalten, dass benachteiligte Gesellschaftsgruppen und Länder des globalen Südens nicht – oder so wenig wie möglich – unter den Auswirkungen von Trumps Politik leiden. Die europäischen Länder müssen stärker zusammenstehen und Partnerschaften mit den Ländern suchen, die ernsthaft Klimaschutz betreiben wollen.
Welche Rolle spielt China?
Wichtig ist, dass sich die globale Klimaschutzbewegung nicht unterkriegen lässt. Denn die meisten anderen Länder wollen aufholen und die Lücke schließen, allen voran die EU – aber eben auch China. Schließlich werden dort die meisten Solarmodule, Windkraftanlagen und Elektroautos produziert. China will sich von außen unabhängig machen und könnte verstärkt auf erneuerbare Energien setzen. Gleichzeitig haben sie ein großes Interesse daran, den globalen Markt zu dominieren. Es gilt abzuwarten, inwiefern sie diese Ziele mit den Nachhaltigkeitszielen in Einklang bringen wollen und werden.
Ein Hoffnungsschimmer ist, dass in den USA die Bundesstaaten relativ autonom über Klimafragen entscheiden können. Kalifornien zum Beispiel ist sehr fortschrittlich in Sachen Klimaschutz. Schon 2017 hatten sich mehr als 5000 US-PolitikerInnen sich zu einer Allianz zusammengeschlossen, um den Klimaschutz voranzutreiben.
Was passiert mit der Agenda 2030 und ihren 17 Nachhaltigkeitszielen?
Die Agenda 2030 läuft noch gut fünf Jahre – aber es gibt bisher keinen Plan für die Zeit danach, für ein „Beyond 2030“. Den brauchen wir aber dringend. Es ist in etwa wie bei der Titanic: Im besten Fall gelingt es uns nicht nur, den Eisberg zu umfahren, sondern wir haben a) einen Eisbrecher, mit dem wir auch gegen weitere Eisberge gewappnet sind, und b) ein gutes Frühwarnsystem.
Welches unmoralische Angebot könnte man Trump machen, das er nicht ausschlagen kann?
Trump ist eine Wildcard. Worauf springt er an? Auf ihn kann man sich nicht einstellen. Er agiert wie ein Stimmungsbarometer der Bevölkerung, er handelt danach, was seine Popularität und damit seine Macht steigert. Er hat es schon einmal so ausgedrückt: Hauptsache, es wird über ihn berichtet, dabei spielt es keine Rolle, ob es gute oder schlechte Presse ist. Hinzu kommen weitere Herausforderungen unserer Zeit. Nachhaltigkeit ist mehr als Klima, Biodiversität oder Gesundheit. Ich denke da zum Beispiel an die künstliche Intelligenz (KI). Ich habe die Befürchtung, dass wir sehr naiv an die Sache herangehen, als wäre die KI ein einfaches Werkzeug, das uns vor allem hilft, einfacher mit Computern zu kommunizieren. Stattdessen ist und wird sie zu viel mehr fähig sein. Trumps Leute werden KI sicherlich für ihre eigenen Zwecke nutzen wollen. Die Möglichkeiten, die sich daraus für eine Destabilisierung der Gesellschaft ergeben, sind enorm und ich sehe darin eine ernste Gefahr.
Wie optimistisch sind Sie mit Blick auf die Zukunft?
Bei der ersten Klimakonferenz nach der Wahl Trumps 2017 hatte ich den Eindruck, dass nicht Resignation vorherrschte, sondern Trotz: Wir schaffen das auch ohne die USA! Wir schließen uns zusammen und tun, was wir können. Dieser Optimismus hat auch eine Zeit lang gehalten, aber dann kamen die Pandemie und die russische Invasion in der Ukraine. Die Kraft schwindet. Jetzt stellt sich die große Frage: Wird Europa einspringen und eine Führungsrolle übernehmen? Allen voran Deutschland? Aber was Hoffnung macht: die Welt ist nicht mehr da, wo sie vor zehn Jahren war. Viele Entwicklungen sind nicht mehr aufzuhalten, zum Beispiel wurden enorme Summen in grüne Technologien investiert und die Preise für erneuerbare Energien sind drastisch gesunken. Es gibt also weiterhin allen Grund, nicht aufzugeben.
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Mark Lawrence, Wissenschaftlicher Direktor des Forschungsinstituts für Nachhaltigkeit am Helmholtz-Zentrum Potsdam, ist Mitglied des Rats für Nachhaltige Entwicklung