Vor acht Jahren hat der Rat für Nachhaltige Entwicklung (RNE) den Deutschen Nachhaltigkeitskodex (DNK) als Transparenzstandard für die Offenlegung unternehmerischer Nachhaltigkeitsleistungen veröffentlicht. Er unterstützt den Aufbau eines strategischen Nachhaltigkeitsmanagements und bietet einen Einstieg in die Nachhaltigkeitsberichterstattung für Unternehmen. Außerdem gibt der DNK Orientierung, wie die CSR-Berichtspflicht sowie der Nationale Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte praktisch umgesetzt werden können. Seitdem ist viel passiert: so wurde im Mai 2019 der Meilenstein des 500. DNK-Anwenders erreicht, über den wir berichteten. Inzwischen hat der DNK 518 Anwenderunternehmen, davon 191 aus der Banken- und Versicherungsbranche.
Aus diesem Anlass ist das DNK-Team nach Hannover zum Sitz von Concordia Versicherungen als 500. Anwender gereist. Die Freude über dieses Jubiläum war beidseitig sehr groß. „Als Unternehmen und Arbeitgeber stellen wir über die geschäftlichen Aufgaben hinaus das Prinzip der Nachhaltigkeit nach besten Kräften in den Mittelpunkt unseres Handelns. Daher freuen wir uns besonders, dass wir das 500. Anwenderunternehmen sind “, so Henning Mettler, Finanzvorstand des Hannoverschen Unternehmens. „Wir freuen uns natürlich ebenso“, erklärt Yvonne Zwick, Leiterin des Büros Deutscher Nachhaltigkeitskodex und derzeit stellvertretende RNE-Generalsekretärin. „Es passt sehr gut, dass ein Unternehmen aus dem Finanzbereich diesen Meilenstein erreicht. Hier schließt sich der Kreis der aktuell sehr lebhaften Diskussionen um Sustainable Finance und Berichterstattung“, so Zwick. Auch dass sich gleich zwei Vorstandsmitglieder der Concordia Versicherungen zwei Stunden Zeit für das aus Berlin angereiste DNK-Team nehmen, belegt das große gegenseitige Interesse.
Eine nachhaltige Lebensversicherung – Exot oder Erfolgsgeschichte?
„Das Geschäftsmodell von Versicherungen ist auf die Zukunft gerichtet. Nachhaltigkeit ist daher fest in den Wurzeln der Concordia verankert“, so Henning Mettler. Die Rahmenbedingungen haben sich jedoch stark verändert. „Globale Herausforderungen bedeuten, dass wir bestehende gesellschaftliche und unternehmerische Denkmuster hinterfragen und ein Umdenken fördern müssen“, so Mettler weiter. Seit 1998 gehört die oeco-capital Lebensversicherung zum Versicherungsangebot der Concordia Versicherungen. Damals noch ein absoluter Exot, mache sie heute einen kleinen, aber stabilen und gut etablierten Anteil der Concordia oeco Lebensversicherung aus, erklärt Vorstand Johannes Grale.
In Zusammenarbeit mit einem externen, unabhängigen Nachhaltigkeitsbeirat wurde ein Katalog von sehr strengen Nachhaltigkeitskriterien für die Kapitalanlagen bestimmter Produktlinien der Concordia oeco Lebensversicherung aufgestellt. Einzige Sorge: Eine EU-weite Regulierung zu Sustainable Finance sowie die Taxonomie könnte zu einer Kompromisslösung führen, die insbesondere den Governance-Aspekt bei existenten ambitionierteren ESG-Maßstäben verwässert. Bei einer strengeren Auslegung wird derzeit nicht in Titel aller EU-Mitgliedsstaaten investiert – lässt man diesen Aspekt außen vor, wäre das durchaus möglich und gelte dennoch als nachhaltig im Sinne der Taxonomie, so die Concordia-Gesprächspartner.
Deutlich wird aber auch, dass das begrenzte Anlagenspektrum und der bislang relativ enge Kundenkreis auf absehbare Wachstumsgrenzen der „grünen“ Lebensversicherung hindeuten. Sofern es nicht zu einem Ausbau nachhaltiger Anlagemöglichkeiten kommt, könnte der Markt eine gesteigerte Nachfrage nach nachhaltigen Anlagen unter Umständen gar nicht decken. Hinzu kommt, dass es kundenseitig bisher wenig Bewusstsein für nachhaltige Versicherungsoptionen gibt und diese bisher aufgrund des durchschnittlich höheren Beratungsaufwandes bei unabhängigen Maklern nicht hoch im Kurs stehen.
Der nächste Schritt: regelmäßige Berichte
Das Team des Deutschen Nachhaltigkeitskodex prüft alle abgegebenen DNK-Erklärungen auf formale Vollständigkeit im Sinne des comply or explain-Ansatzes, Anwender erhalten im Anschluss qualifiziertes Feedback. Im Austausch mit dem DNK-Team über die Erklärung von Concordia wurden Fehlstellen angesprochen und positive Aspekte aufgezeigt. Wenig Fokus liegt, ähnlich zu anderen Berichterstattern der Branche, in der DNK-Erklärung der Concordia Versicherung 2018 auf der Darstellung von Risiken in Bezug auf ökologische und soziale Aspekte der eigenen unternehmerischen Tätigkeit. Zudem hat die Berücksichtigung von Klimaszenarien in der Anlagepolitik zumindest noch keinen Eingang in die DNK-Erklärung der Versicherung gefunden. Eine deutliche Vorreiterstellung des Unternehmens ist jedoch mit Blick auf die Produktlinie „oeco Leben“ zu erkennen. Die den Investitionsentscheidungen zugrunde gelegten umfangreichen ESG-Anforderungen haben das DNK-Team beeindruckt. Dass bei Concordia Versicherungen Nachhaltigkeit im Unternehmensalltag gelebt wird, lässt sich auch aus der klar definierten Verantwortungsstruktur für zukünftige Herausforderungen erkennen. Liza Steudle, Nachhaltigkeitsbeauftragte bei Concordia Versicherungen, merkt im Gespräch an, dass der Prüfprozess durchaus intensiver, dafür aber auch hilfreicher als gedacht war. Sie widmet sich gemeinsam mit dem Vorstand nun der Weiterentwicklung der Nachhaltigkeit für den mittelständischen Versicherer sowie der regelmäßigen Berichterstattung gemäß DNK.