Wie super ist Superfood? Was hat eine Orange mit miesem Lohn zu tun? Der Hype um die Superfoods birgt eine Gefahr. Unter dem Label werden Lebensmittel vermarktet, die gesund, fit, schön machen sollen. Zum Beispiel Moringa. Doch über die Nebenwirkungen der Produktion wird nur selten gesprochen. Hörstation eins im Tropengewächshaus Witzenhausen – hier ändert sich das. Die Besucher*innen müssen nur mit einem Handy den QR-Code fotografieren, der hier auf einem Schild steht – und dann gut drei Minuten lang zuhören.
Moringa stammt aus der Himalaya-Region im nordwestlichen Indien, breitete sich von dort im ganzen Land aus und wird heute auch in Afrika, Südostasien und einigen arabischen Ländern angebaut. Die Früchte eignen sich als Gemüse, die Blätter als Tee oder getrocknet als Pulver für Shakes und Smoothies. Das Gewächs, in dem viel Eiweiß, aber zum Beispiel auch Eisen, Kalzium, Antioxidantien stecken, gilt als eines der nährstoffreichsten der Erde. Die Gefahr, so lernt man: Mit dem Hype um die Superfoods steigt die Nachfrage nach ihnen. Das kann jenen, die die Pflanzen anbauen, zwar neue Märkte eröffnen. Aber auch der Preis schnellt in die Höhe, so dass sich in den Anbauländern selbst viele die nährstoffreichen Lebensmittel plötzlich nicht mehr leisten können.
Dabei verspricht die Weltgemeinschaft mit ihren 17 globalen Nachhaltigkeitszielen, Hunger und Armut zu bekämpfen. „Wir sind der erste botanische Garten, der die Nachhaltigkeitsziele so behandelt“, sagt Marina Hethke, Kuratorin des Gewächshauses. Das gehört zu den ökologischen Agrarwissenschaften der Universität Kassel. Hethke sucht die Verbindungen zwischen der Vielfalt der Pflanzen, den Produzent*innen und Nutzer*innen und den globalen Nachhaltigkeitszielen. Der Audiorundgang hat 17 Stationen. An einer von ihnen geht es zum Beispiel darum, dass der Wasserbrauch für ein Kilo verarbeitete Baumwolle, für Jeans oder ein Hemd enorm ist und dem Ziel 6 „sauberes Wasser“ entgegensteht. An einer anderen, dass im Süden Italiens ein*e Orangenpflücker*in – Ziel 8 „Menschenwürdige Arbeit“ nicht entsprechend – nur einen mageren Lohn von etwa 2 Cent pro Kilo bekommt.
Ist die Recherche solch einer Ausstellung nicht aufwändig? „Sehr“, erklärt Hethke. Das solle aber niemanden abschrecken, so etwas auch zu machen. Die Texte könne auch jede*r nach Belieben nutzen. Den Rundgang habe eine Studentin als Abschlussarbeit für ihren Bachelor entwickelt. Natürlich müssten die Inhalte stimmen und belegbar sein, aber so viel Akribie wie eine Studentin für eine wissenschaftliche Arbeit haben müsse, sei nicht unbedingt nötig. Und die Technik? Für das Tropenhaus habe eine Sprachtherapeutin den Text eingesprochen. Ein Auszubildender der Ton- und Medientechnik habe den Schnitt gemacht. Der Asta und die Fachschaft hätten für das Projekt Geld gegeben. Hethke: „Man findet immer Leute, denen solche Projekte wichtig sind und die einen unterstützen.“
Dieser Text ist Teil der Publikationsreihe „17 Ziele – Einfach machen“ der RENN und wurde zuerst im Booklet zur praktischen Umsetzung der SDGs in Hessen veröffentlicht. Hier geht es zum vollständigen Booklet sowie zu den 16 Ausgaben der einzelnen Bundesländer.
In den sozialen Medien finden Sie Beiträge dazu unter #16x17einfachmachen.