„Die sind faul, kriminell und liegen uns nur auf der Tasche“. Dave Schmidtke kennt die Vorurteile gegenüber Migranteninnen und Migranten zur Genüge. Weil er es besser weiß, tut er etwas dagegen. Seit 2013 unterstützt der Politikwissenschaftler in Chemnitz ehrenamtlich Menschen mit Migrationshintergrund.
Seit Juni 2019 bietet er ihnen in dem monatlich erscheinenden Magazin „Horizont“ eine Kommunikationsplattform. Herausgeber ist das Fortbildungszentrum Chemnitz, bei dem er eine Teilzeitstelle als Koordinator für die Flüchtlingszeitschrift hat. De facto ist es ein Ganztagsjob. „Unsere Hauptintention ist, den bislang ungehörten Menschen eine authentische Stimme zu geben. Oft wird nur im Zusammenhang mit Kriminalität über sie berichtet. Sie selber kommen aber kaum zu Wort“, erklärt Schmidtke.
Das möchten Mitherausgeberin Muna Ergieg, die 2016 aus Libyen nach Chemnitz kam, und das 15-köpfige multinationale Horizont-Team ändern. Einmal im Monat findet eine Redaktionskonferenz statt, in der Themen und Layout für die nächste Ausgabe besprochen werden.
Alle arbeiten ehrenamtlich – die Redakteurinnen und Redakteure, die Übersetzerinnen und Übersetzer, die Layouterinnen und Layouter. Die Migrantinnen und Migranten erzählen in ihren Artikeln auf Deutsch über ihr Leben in Syrien, Afghanistan oder Libyen, über ihre teils lebensgefährliche Flucht nach Europa. Und wie sie sich fühlen in einem fremden Land wie Deutschland. Sie berichten aber auch über Mut machendes wie Sprachkurse, die Anerkennung von beruflichen Abschlüssen und den ersten Job. „Wir wollen, dass die Chemnitzer erfahren, was es bedeutet, seine Heimat zu verlassen und sich in einer unbekannten Kultur trotz bürokratischer Hürden schnell zu integrieren“, so Schmidtke. „Die Chemnitzer sollen erfahren, was es bedeutet, seine Heimat zu verlassen.“
Verteilt werden die 1.000 Magazine in Gaststätten, Geschäften, Behörden, Einrichtungen für Migrantinnen und Migranten sowie Kultureinrichtungen. Online sind die Artikel auch abrufbar. Der „Horizont“ soll alle Bevölkerungsgruppen erreichen. Viele Leserinnen und Leser haben der Redaktion schon geschrieben, wie wichtig sie das Projekt finden. 2019 wurde die Zeitschrift sogar mit dem Sächsischen Integrationspreis ausgezeichnet. Gern würde Schmidtke die Auflage erhöhen, öfters eine Ausgabe mehrsprachig herausbringen und den Autorinnen und Autoren eine Aufwandsentschädigung zahlen. Dafür reichen aber die Spenden- und Fördergelder noch nicht.
Dennoch sieht er das Magazin „auf einem guten Weg, ein etabliertes Medium von und für Migrantinnen und Migranten zu werden, das dauerhaft generationen- und herkunftsübergreifend Brücken in unsere Gesellschaft bauen kann.“ Für ihn sind aus diesen Brücken längst auch Freundschaften entstanden.
Dieser Text ist Teil der Publikationsreihe „17 Ziele – Einfach machen“ der RENN und wurde zuerst im Booklet zur praktischen Umsetzung der SDGs in Sachsen veröffentlicht. Hier geht es zum vollständigen Booklet sowie zu den 16 Ausgaben der einzelnen Bundesländer.
In den sozialen Medien finden Sie Beiträge dazu unter #16x17einfachmachen.