Brüssel diskutiert über die Klima- und Energieziele der EU bis zum Jahr 2030. Der Streit: Sollen nach 2020 weiterhin drei konkrete Ziele gelten, also eine Senkung des CO2-Ausstoßes, mehr Energieeffizienz und ein Ausbau erneuerbarer Energien? Oder doch nur noch ein CO2-Klimaziel? Die Bundesregierung sowie der Umwelt- und der Industrieausschuss des EU-Parlaments haben sich dafür ausgesprochen, die Trias beizubehalten. Zwei neue Studien zeigen unterdessen ein gemischtes Bild über die Bemühungen der deutschen Industrie nach mehr Effizienz.
Am 22. Januar präsentiert die EU-Kommission ihre Vorschläge für eine Klima- und Energiepolitik bis 2030, die dann mit dem Parlament und dem Europäischen Rat verhandelt werden. Am Ende müssen alle drei Gremien zustimmen. Mehrere Staaten, etwa Polen und Großbritannien, wollen lediglich ein CO2-Minderungsziel und nicht, wie bisher, auch ein Ziel zum Ausbau erneuerbarer Energien und für mehr Energieeffizienz.
Ein alleiniges CO2-Ziel könnte es Großbritannien erleichtern, seine Pläne zum Ausbau der Kernenergie umzusetzen, die dort als Maßnahme zur Senkung des CO2-Ausstoßes gesehen wird. Deutschland, Österreich, Belgien, Dänemark, Frankreich, Irland, Italien und Portugal haben sich in einem Brief an Kommissionspräsident Barroso im Dezember für eine Zielvorgabe für Erneuerbare ausgesprochen, allerdings ohne eine Prozentzahl zu nennen. Die Bundesregierung fordert 30 Prozent und ein klares Ziel für mehr Effizienz.
Dass sich nun die beiden wichtigen Ausschüsse für Umwelt und Industrie im EU-Parlament gemeinsam dafür ausgesprochen haben, alle drei Ziele beizubehalten, hält der CDU-Abgeordnete Peter Liese für einen wichtigen Schritt. “Ich freue mich sehr über das Votum, denn eine Allianz aus Europäischem Parlament und Deutscher Bundesregierung kann in Europa großen Einfluss haben. Ein alleiniges CO2-Ziel, das indirekt Subventionen für die Kernenergie bedeutet, ist in Deutschland sicher nicht vermittelbar”, teilte Liese mit. Union und SPD hatten in ihrem Koalitionsvertrag festgelegt, sich für eine CO2-Reduktion in der EU um 40 Prozent bis 2030 einzusetzen, im Zuge einer „Zieltrias“, die auch den Ausbau erneuerbarer Energien und mehr Energieeffizienz beinhaltet. Auch die SPD und die Grünen im Europaparlament begrüßten das Votum der beiden Ausschüsse.
Es sieht vor, dass die EU bis 2030 ihren CO2-Ausstoß um 40 Prozent gegenüber 1990 senkt, zudem soll der Anteil erneuerbarer Energien auf 30 Prozent und die Energieeffizienz um 40 Prozent steigen. Bisher gab es in den drei Bereichen jeweils ein 20-Prozent Ziel bis 2020. Über die Empfehlung der Ausschüsse stimmt das Plenum des gesamten EU-Parlaments im Februar ab.
Studien zur Energieeffizienz
Gleich mehrere Studien zeigen unterdessen die Fehlstellen bei Energieeffizienzmaßnahmen in der deutschen Industrie. Im Dezember veröffentlichte das Institut für Energieeffizienz in der Produktion (EEP) der Universität Stuttgart erstmals einen „Energieeffizienz-Index“, zusammen mit dem Bundesverband der Deutschen Industrie, der Deutschen Energie-Agentur und dem TÜV Rheinland. Immerhin 42 Prozent der Unternehmen schätzten das Thema als „hochwichtig“ ein, allerdings steckten auch nur 63 Prozent maximal fünf Prozent ihrer Gesamtinvestitionen in entsprechende Maßnahmen. Befragt wurden 80 Unternehmen aus Branchen wie dem Maschinenbau, der Metallerzeugung oder der Kunststoffindustrie.
„Insbesondere in der Industrie können Investitionen in Energieeffizienz mit enormen Kosteneinsparungen einhergehen. Dennoch werden Maßnahmen nur unzureichend in Angriff genommen“, schreiben Heinz Dürr und Thomas Bauernhansl vom EEP in einer Veröffentlichung zu der Studie. Die Politik müsse deshalb bessere Rahmenbedingungen für entsprechende Investitionen schaffen. Aber auch die Industrie muss demnach umdenken: Weil manche Unternehmen nicht mit Lebenszyklusrechnungen kalkulieren, etwa bei der Anschaffung von neuen Elektromotoren, würden sie lieber in nicht effiziente Technologien investieren. Zudem würden Unternehmen mit einer Amortationszeit einer Investition in Energieeffizienz von zwei bis vier Jahren rechnen. Oft dauert es aber länger. „Dies hat einen massiven Ausschluss hochrentabler Einsparoptionen zur Folge“, so die beiden Autoren.
Fast zeitgleich mit dem EEP veröffentlichte die KfW Förderbank eine Umfrage unter kleinen- und mittelständischen Unternehmen (KMU) zum Thema Energieeffizienz. Besonders kleine Unternehmen hätten „deutlich Luft nach oben“, heißt es darin. Die Hälfte davon, meist mit weniger als zehn Beschäftigten, hätte noch nicht einmal ihre Potentiale zum Energiesparen identifiziert. Dennoch sehen die Autoren die KMU insgesamt auf einem „guten Weg“: Immerhin ein Drittel haben bereits Maßnahmen zum Energiesparen ergriffen, weitere zehn Prozent planen es. Besonders große KMU mit mehr als 50 Beschäftigten investieren demnach in effizientere Produktionsanlagen, Geräte oder Gebäude.
Weiterführende Informationen
Grünbuch der EU zu den 2030-Zielen [pdf, 124 KB]
Factsheet von Greenpeace zu den 2030-Zielen der EU
PM: Bundesregierung für 30 Prozent erneuerbare bis 2030
Energieeffizienz-Index der Uni Stuttgart [pdf, 357 KB]
„Energieeffizienz muss auf die politische Agenda“, EEP-Veröffentlichung [pdf, 118 KB]
PM der KfW zu Energieeffizienz im deutschen Mittelstand