Vor der geplanten Kabinettsabstimmung über den Gesetzentwurf zum Fracking finden intensive Debatten statt. Bundestagsabgeordnete der Union fordern Verschärfungen. Besonders umstritten ist der Umgang mit dem sogenannten Lagerstättenwasser. Die Bundesregierung will die umstrittene Erdgasförderung mit einem Gesetz einschränken, aber auch möglich machen.
Der Gesetzentwurf sieht weitgehende Einschränkungen, aber – außer in Ausschlussgebieten wie zum Beispiel Wasserschutzzonen – kein generelles Verbot von Fracking vor. Er liegt seit Dezember 2014 vor. Beim Fracking werden Wasser, Sand und ein Chemikaliengemisch in tiefe Gesteinsschichten gepresst.
Durch die entstehenden Risse strömen Erdgas oder Erdöl an die Oberfläche. Hendricks und Gabriel wollen jegliches Fracking in besonders geschützten Nationalparks, Naturschutz- und Natura 2000-Gebieten verbieten. Das gilt auch für Wasserschutzgebiete, sowie den Einzugsbereichen von Talsperren und Seen, die der Wasserversorgung dienen.
Das sogenannte unkonventionelle Fracking in Schiefer- und Kohleflözgestein oberhalb von 3000 Metern Tiefe wollen die Minister vorläufig ebenfalls untersagen. Als Ausnahme können dort zunächst nur so genannte Erprobungsbohrungen zu Forschungszwecken zugelassen werden.
Das Fracking in tieferen Gesteinsschichten, beispielsweise auf 4000 oder 5000 Metern Tiefe, wird bereits vornehmlich in Niedersachsen seit Jahrzehnten praktiziert und soll dort weiterhin möglich bleiben, allerdings unter schärferen Umweltauflagen. So sind wassergefährdende Stoffe untersagt.
Belastetes Wassergemisch gelangt an die Oberfläche
Die Unterscheidung des Frackings mittels der 3000-Meter-Marke gibt Anlass zu Fragen. „Die im Gesetzentwurf enthaltene Unterscheidung zwischen ‘unkonventionellem Fracking’ in Schiefergaslagerstätten und Kohleflözgaslagerstätten beziehungsweise ‘konventionellem Fracking’ in Tightgaslagerstätten ist uns neu“, sagt der Geowissenschaftler und Wasserexperte Georg Meiners (ahu AG).
Er war Projektleiter zweier Studien zum Fracking im Auftrag der NRW-Umweltministeriums und des Umweltbundesamtes. „Eine geowissenschaftliche Begründung der 3000-Meter-Grenze ist uns nicht bekannt“, sagt er. Meiners plädiert auch dafür, das Flüssigkeitsgemisch aus Frack-Flüssigkeiten und Lagerstättenwasser, das aus den Bohrungen an die Oberfläche strömt (Flowback), von allen toxischen und flüchtigen Bestandteilen zu säubern. Er widerspricht dem Bestandsschutzgedanken des Gesetzes, das es bisherigen Bohrungen erlaubt, ihren Flowback in durchlässige Schichten des Untergrundes zu verpressen.
Eine Reihe von Bundestagsabgeordneten der Union, unter ihnen Andreas Mattfeldt (Verden, Niedersachsen), wollen nun umfangreiche Änderungen im Gesetzentwurf durchsetzen. Mattfeldt sieht das mit Quecksilber, Arsen oder Benzol angereicherte sogenannte Lagerstättenwasser, das aus den Frack-Bohrungen an die Oberfläche gelangt, als Problem.
Laut dem Gesetzentwurf des Bundesumweltministeriums könnte dieses Wasser ohne Behandlung in alte Bohrungen abgelagert werden. Mattfeldt fordert dagegen, dass das Lagerstättenwasser vollständig gereinigt werden muss, bevor es wieder in die Tiefe gepresst wird. Es dürfe beispielsweise keine Schwermetalle und kein Benzol mehr enthalten. Sonst bestehe die Gefahr, dass diese und andere Stoffe ins Grund- und Trinkwasser geraten.
Der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) kritisiert, dass Lagerstättenwasser auf Basis des Gesetzes unbehandelt in der Tiefe entsorgt werde könne. Ein vom Verband beauftragtes Rechtsgutachten der Berliner Kanzlei Gaßner, Groth, Siederer und Coll bestätige diese Sicht. Zudem lehnt der Verband das Fracking grundsätzlich ab, weil es bereits durch konventionelle Frack-Bohrungen zum Austritt giftiger Stoffe und zu Erdbeben gekommen sei.
Kritisch wird auch die Einsetzung einer Expertenkommission gesehen, deren Aufgabe es sein soll, Erfahrungsberichte zu den Erprobungsbohrungen zu erstellen. Fraglich ist insbesondere wie die Unabhängigkeit und Transparenz der Kommissionsarbeit gewährleistet werden kann.
Als besonderes Problem betrachtet das Umweltbundesamt den sogenannten Flowback. „Für die Behandlung und Entsorgung von Flowback existiert derzeit weder national noch auf europäischer Ebene ein ‘Stand der Technik’, heißt es im Positionspapier „Fracking zur Schiefergasförderung. Eine energie- und umweltfachliche Einschätzung“ des Umweltbundesamtes (UBA).
Grundsätzlich weist das UBA daraufhin, dass die förderbaren Mengen von Fracking-Gas in Deutschland recht begrenzt seien. Entscheidende Auswirkungen für eine größere Unabhängigkeit von Gasimporten und eventuell niedrigere Preise erwarten die Experten nicht – europaweit ebenso wenig. Deshalb sei es aussichtsreicher, den Energieverbrauch zu senken, Energie effizienter zu nutzen und mehr erneuerbare Quellen einzusetzen.
„Der hochbelastete Flowback kann nicht an anderer Stelle einfach in den Untergrund gepresst und nicht in Oberflächengewässer geleitet werden“, sagte Christa Hecht, Geschäftsführerin der Allianz der öffentlichen Wasserwirtschaft e. V. (AöW). Auch eine Entsorgung über Kläranlagen komme nicht in Frage, so Hecht, „denn die sind dafür bisher gar nicht ausgerüstet.“ Der Verein, der sich zusammen mit weiteren Kritikern Ende März in der Bundespressekonferenz äußerte, betrachtet das Fracking auch grundsätzlich mit Sorge.
Getränkeindustrie fordert Trinkwasserschutz
Auch Unternehmen treten für besseren Schutz der Wasservorkommen ein: Anlässlich des Weltwassertages am 22. März sprach sich die Wirtschaftsvereinigung Alkoholfreie Getränke e.V. (wafg) für einen umfassenden Schutz der Wasservorkommen vor potentiellen Risiken durch Fracking aus. Der Verband appelliert an die Bundesregierung und den Deutschen Bundestag, den Schutz für die Brunnen der Lebensmittel- bzw. Getränkeindustrie und damit den Verbraucherschutz gesetzlich vergleichbar strikt zu verankern wie für die Schutzgebiete der Trinkwasserversorgung.
CDU-Politiker Mattfeldt fordert außerdem, dass Umweltverträglichkeitsprüfungen für alle Gasbohrungen verpflichtend werden – auch für solche ohne Fracking. Ein weiterer Punkt auf der Liste des Kritikers: Weil es im Zusammenhang mit Bohrungen in Niedersachsen zu Erdbeben gekommen sei, fordern Geschädigte einen besseren Rechtsschutz.
Sie plädieren für die Umkehr der Beweislast in Prozessen um Entschädigung. Wenn eine Bohrfirma nicht beweisen könne, dass das Fracking nicht die Ursache für Schäden an Gebäuden war, solle sie haftbar gemacht werden können. Während der Regelungsvorschlag der Regierung dieses Verfahren für einen Radius von 500 Metern um das Bohrloch festlegt, will Mattfeldt einen größeren Umkreis einbeziehen.
Weiterführende Informationen
Gesetzentwurf zum Fracking (Dezember 2014)
Forderungen des CDU-Abgeordneten Andreas Mattfeldt
Rechtsgutachten zum Fracking, Nabu [pdf, 280 KB]
Nabu-Position zum Fracking [pdf, 179 KB]
WAFG-Position zu Fracking [pf, 228 KB]