Die Deutschen bechern gerne: einen Guten-Morgen-Kaffee in der U-Bahn, einen Kaffee-Kick mittags im Gehen. 70 Prozent aller Verbraucherinnen und Verbraucher hierzulande greifen zumindest gelegentlich, wenn nicht gar regelmäßig zu einem Coffee-to-go. Doch die Papp- oder Plastikbecher, die dabei schnell wieder im Müll landen, sind Ressourcenverschwendung.
Das geht so nicht weiter, dachte sich das Frankfurter Team von „Lust auf besser leben“ um Marlene Haas – und startete das Projekt Cup2gether, ein Mehrwegpfand-System für Kaffeebecher. Es zeigt beispielhaft, wie sich Alternativen zur schnellen Wegwerfware durchsetzen können. Der Erfolg hat Haas und ihre Mitstreitenden selbst überrascht.
Es geht um ein Problem, das mittlerweile selbst die Weltbank beschäftigt. Erst vor kurzem warnte sie davor, dass die Menge des weltweit produzierten Mülls bis zum Jahr 2050 um 70 Prozent steigen und das Ökosystem Erde enorm belasten werde, wenn sich nichts ändert.
Allein in Deutschland schmeißt jeder Bürger rechnerisch in einem Jahr knapp 565 Kilo Haushaltsmüll weg, im Jahr 2000 waren es noch 460 Kilo. Der Verpackungsmüll macht dabei eine immer größere Menge aus: 220 Kilo pro Kopf sind es derzeit. Denn die Gesellschaft wird älter, die Haushalte werden kleiner. Senioren und Singles greifen gerne zu kleinen Verpackungsgrößen. Zudem wird, egal aus welchem Internet-Kaufhaus etwas kommt, nicht an Verpackung gespart. Und die rund 2,8 Milliarden Coffee-to-go Becher, die jedes Jahr über die Ladentheken der Republik gehen, kommen oben drauf.
Haas, die sich dem Kampf für Nachhaltigkeit schon länger verschrieben hat, etwa auch die Frankfurter Aktion „Ich bin dabei: plastikfrei!“ mit vorangebracht hat – will „beweisen, dass sich dem Einwegbechermüll etwas entgegen setzten lässt, bezieht man die Bürger von Anfang an mit ein.“ Das vom Rat Nachhaltige Entwicklung (RNE) mit geförderte Projekt Cup2gether rief sie zusammen mit Claudia Schäfer von der Agentur „Von Wegen Kommunikation” ins Leben.
Frankfurt ist nicht die erste Stadt, in der mehr als nur der Ex-und-Hopp-Becher angeboten wird. Berlin, Hannover, Köln, Ludwigsburg oder München haben sie auch. Und andere Städte haben ähnliche Systeme entwickelt. Doch wer die Geschichte von Haas und ihren Mitstreitenden nachvollzieht, lernt viel darüber, wie sich Leute vor Ort begeistern lassen.
Denn sie starteten in der Frankfurter Einkaufs- und Ausgehmeile Berger Straße und nahmen sich zunächst 90 Tage Zeit für eine, so nannten das Haas und ihre Mitstreitenden, „challenge“. Heißt: Sie wetteten mit der Stadt Frankfurt, dass sie innerhalb von drei Monaten genügend Leute finden, die das System testen – 100 Botschafter, die in Lieblingscafés und andernorts für die Mehrwegbecher werben, 20 Cafés, Kioske und Co, die diese testen, 150 To-Go-Trinker, die sich vom Einweg verabschieden.
Zudem ließen sie über Twitter, Facebook, verschiedene Social-Media-Kanäle auch noch über das Design der recyclebaren Mehrwegbecher abstimmen. Es wurden am Ende Becher in drei verschiedenen Farben, grün, grau, rosa, mit Sprüchen wie: „alle hesse sind verBecher“. Dann ging es los mit der Challenge. 45 Tage später war das Ziel erreicht – viel früher als gedacht.
Warum es so gut angenommen wurde? „Es war und ist ein Mitmach-Projekt, das läuft besser, als wenn etwas von oben aufgedrückt wird“, meint Haas. Auch helfe der „Lokalkolorit, er bindet Leute“.
Mittlerweile können sich die Frankfurter in rund 40 Cafés, Tankstellen, Kaufhäusern einen Kaffee zum Mitnehmen bestellen und einen Mehrwegbecher bekommen, Wertmarke inklusive. Ist der Becher ausgetrunken, können sie ihn in einem anderen Cup2gether-Ort wieder abgeben. Dort wird er dann gespült.
Und Cup2gether expandiert, künftig werden die Becher auch im Westend, rund um den Bahnhof und in der Innenstadt zu bekommen und abzugeben sein. Zudem haben auch andere Stadtteile Interesse bekundet und den Frankfurter Magistrat gebeten, sich über eine Förderung Gedanken zu machen. Denkbar sei, so lautet ein Vorschlag, dass die Abfallentsorger Geld an cup2gether zahlen – und damit ihrer Pflicht nachkommen, Bürger zu informieren, wie sie Abfall vermeiden. In Hannover etwa gibt es bereits solche Modelle.