Sonntags mit anderen Menschen in einem leer stehenden Schaufenster in der Kieler Innenstadt frühstücken. Sowas könnte er sich vorstellen. Und die anderen dabei fragen, was sie für Ideen haben, um diesen Raum zu nutzen. „Durch das Versammeln entstehen kreative Orte“, sagt Michael Päpke, Designer und Mitbegründer des Kieler Kreativzentrums ALTE MU. Neue Orte – zum Wohnen, Leben, Arbeiten. „Unser Ziel ist es, Städte in demokratischen Prozessen zu transformieren.“ Dabei gehe es um die Frage, wie die Stadt der Zukunft aussehen soll und wie sie gemeinsam mit allen Akteuren der Stadt umgesetzt werden kann.
Transformative Utopie
„Diese Zeit ist von Krisen geprägt – politische Konflikte weltweit, Klimawandel und die Corona-Pandemie“, sagt Päpke. Um Städte widerstandsfähiger zu machen, sei eine nachhaltige Entwicklung notwendig – Systeme, die ökologische, wirtschaftliche und soziale Aspekte gleichermaßen berücksichtigen, gelten schließlich als weniger krisenanfällig. „Bei dieser Neuorientierung könnten Kultur und Kreative eine wichtige Rolle spielen“, so Päpke. 2020 gründete er zusammen mit Sozialwissenschaftler Davide Brocchi und weiteren Initiator*innen den Verein „C20 – Institut für transformative Utopie e.V.“.
Das Institut hat auch einen echten Raum mit der Nummer „C20“ in der ALTEN MU, dem ehemaligen Gebäude der Muthesius-Kunsthochschule. Nach dem Auszug der Kunsthochschule 2012 zogen hier junge Kunstschaffende, Kreative, Initiativen und Start-ups ein; die ALTE MU wurde zum Impulsgeber für eine nachhaltige Stadtentwicklung.
„Städte brauchen Identifikation”
Das „C20“-Projekt bietet einen Raum, um die Themen der Stadt von möglichst allen Seiten zu betrachten. Wie entwickelt man eine grüne Stadt, und wie kann die Mobilität von morgen aussehen? Reallabor heißt diese Vorgehensweise, wenn Wissenschaftler*innen zum Beispiel zusammen mit Bürger*innen, Landschaftsarchitekt*innen, Kunstschaffenden und der Stadtverwaltung im gemeinsamen Prozess ganzheitliche Lösungen entwickeln.
In Baden-Württemberg werden Reallabore seit Jahren vom Forschungsministerium gefördert, in Schleswig-Holstein sind sie relativ neu, eine gezielte Förderung gibt es noch nicht. Dennoch hält Päpke diese Experimentierräume für eine zukunftsfähige Gesellschaft für unverzichtbar: „Städte brauchen Identifikation. Diese entsteht, wenn die Einwohner*innen einer Stadt an den Entwicklungsprozessen teilhaben.“ Und sich am Ende mit ihren Lebensvorstellungen in der Stadtgesellschaft zu Hause fühlen.
Dieser Text ist in der Broschüre „Schleswig-Holstein macht einfach!“ erschienen und Teil der Publikationsreihe „17 Ziele – Einfach machen“ der Regionalen Netzstellen Nachhaltigkeitsstrategien (RENN). Hier geht es zum vollständigen Booklet sowie zu den 16 Ausgaben der einzelnen Bundesländer.