Im Münchner Stadtteil Berg am Laim stehen auch einfache Mehrfamilienhäuser. Wer dort wohnt, lebt oft beengt, hat wenig Geld, die Nachbarn kennen sich manchmal kaum. Doch auf einer der Grünflächen zwischen den Häusern ist das anders. Dort gärtnern, ernten und feiern Familien unterschiedlicher Nationen gemeinsam. Zehn Jahre habe es gedauert, bis diese Gemeinschaft entstanden sei, sagt Irmtraud Lechner von der Münchner Aktionswerkstatt Gesundheit, kurz MAGs: „Jetzt zupfen sie dort zusammen Kräuter und ratschen über Hinz und Kunz, manchmal auch über Gesundheit.”
Und das macht ein gesundes Leben aus. Gesundheit, schreibt der Verein, könne man nicht einfach in einem Stadtteil abliefern: „Gesunde Lebensverhältnisse entstehen im gemeinsamen Handeln, in Vielfalt und mit Eigenverantwortung.” Entstanden ist MAGs aus verschiedenen Selbsthilfe- und Gesundheitsinitiativen in den 80er Jahren. Es ging ihnen um gesunde Kinder in einer gesunden Stadt. Schon damals sei klar gewesen, sagt Lechner, dass diese Aufgabe umfassend ist: Ernährung, Bewegung, Entspannung, seelische und psychische Gesundheit, Vermeidung von Lärm- und Feinstaubbelastung. Ein gesundes Leben heißt, Stadtviertel so zu gestalten, dass sich alle entfalten können, und es muss Institutionen geben, die den Menschen zuhören.
Lechner spricht deshalb von „Kommunikation für Gesundheit”: Der Verein will die Belange von Anwohnenden verstehen, um Verantwortliche für die Wohnviertel darauf aufmerksam zu machen und sie zu vernetzen. Und um Bewohnerinnen und Bewohnern zu zeigen, wie sie in Bezirksausschüssen und im Stadtrat Gehör finden. Die Stadtverwaltung beauftragt Vereine wie MAGs, um Anwohnende unkompliziert einzubinden, wenn Quartiere neu gestaltet werden.
Um nah bei den Anwohnenden zu sein, gibt es Nachbarschaftstreffs. Beim Fahrräder reparieren, beim Mütter-, Väter- oder Seniorentreffen oder im Deutschkurs merken Menschen, die sonst kaum gehört werden, dass sie gemeinsame Anliegen haben. „Ein Thema war kürzlich, dass Mädchen weniger Bewegungsfreiheit haben”, erzählt Lechner. Also gab es ein Probe-Kicken, extra für Mädchen. Viel Detailarbeit, doch für 2030 hat Lechner eine große Vision: Dass alle Bürgerinnen und Bürger in allen Wohnlagen gesund leben können, unabhängig von ihrer sozialen Lebenslage. Zumindest in München.
Dieser Text ist Teil der Publikationsreihe „17 Ziele – Einfach machen“ der RENN und wurde zuerst im Booklet zur praktischen Umsetzung der SDGs in Bayern veröffentlicht. Das vorgestellte Projekt wurde vom Fonds Nachhaltigkeitskultur gefördert. Hier geht es zum vollständigen Booklet sowie zu den 16 Ausgaben der einzelnen Bundesländer.
In den sozialen Medien finden Sie Beiträge dazu unter #16x17einfachmachen.