Als 2013 die Rana-Plaza-Textilfabrik in Bangladesch einstürzt, sterben mehr als 1.000 Menschen, fast 2.500 werden verletzt. Der Modebetrieb gerät in Verruf, jetzt spätestens. Die meisten Textilien für Europäerinnen und Nordamerikanerinnen werden in Asien und Lateinamerika gefertigt. Fast überall entstehen sie unter lebensgefährlichen Bedingungen in Zwölf-Stunden-Schichten, bezahlt wird nicht mehr als ein Hungerlohn.
Darüber will der Kinder- und Jugendzirkus Pepperoni aus Rockenhausen mit seinem Programm „Rock ’n Recycle” aufklären und die Menschen in der Region dazu bringen, nicht mehr alle paar Wochen neue Billig-Mode im Textildiscounter zu kaufen, sondern auf Second Hand zu setzen. Der Zirkus aus der Nordpfalz bietet wöchentliche Kurse, in denen Kinder und Jugendliche jeweils ein Schuljahr lang zum Beispiel das Jonglieren, Einrad fahren, Zaubern oder Drahtseillaufen lernen. Zudem organisiert er Ferienspielaktionen, in denen sie vier bis sechs Tage lang zu Nachwuchs-Artistinnen und -Artisten ausgebildet werden.
Am Ende gibt es immer eine große Aufführung, die die Kinder und Jugendlichen selbst entwickeln. 2020 ging es nun um die Textilindustrie und ihre Abgründe. Jeder Mensch in Deutschland, so rechnen Expertinnen und Experten vor, kauft im Schnitt etwa fünf Kleidungsstücke im Monat, 60 im Jahr. Weltweit hat sich die Textilproduktion zwischen 2000 und 2015 verdoppelt. Die jungen Zirkuskünstlerinnen und -künstler erzählten mit ihren akrobatischen Kunststücken eine Geschichte über Markendruck und Ausgrenzung unter Jugendlichen, die nicht die hippsten Klamotten tragen.
In der zirkuseigenen Kunstwerkstatt lernten Jugendliche und Erwachsene, wie man unmodisch gewordene Kleidung aufpeppt, alte T-Shirts zerschneidet, Jeans bemalt oder bedruckt, Taschen aus alten Stoffen fertigt oder aus Baumwollhemden und Geschirrhandtüchern Bienenwachstücher herstellt.
Der Rat für Nachhaltige Entwicklung (RNE) hat den Zirkus Pepperoni im Ideenwettbewerb „Modekultur, Textilien und Nachhaltigkeit“ des Fonds Nachhaltigkeitskultur ausgezeichnet. Die selbst gemachten Second-Hand-Beutel haben die „Pepperonis“ mit Stoffen, Drähten, Knöpfen, auch mit Leder, Perlen, Farben und konkreten Recycling-Ideen vollgestopft. Dann haben sie sie in Rockenhausen verschenkt – für eine neue Mode.
Dieser Text ist Teil der Publikationsreihe „17 Ziele – Einfach machen“ der RENN und wurde zuerst im Booklet zur praktischen Umsetzung der SDGs in Rheinland-Pfalz veröffentlicht. Das vorgestellte Projekt wurde vom Fonds Nachhaltigkeitskultur gefördert. Hier geht es zum vollständigen Booklet sowie zu den 16 Ausgaben der einzelnen Bundesländer.
In den sozialen Medien finden Sie Beiträge dazu unter #16x17einfachmachen.