Die Bilder von der Berlinale sind berühmt: Filmstars steigen aus einer Limousine aus, auf den Roten Teppich vor dem Berlinale-Palast. Nur: Für den Schauspieler Hannes Jaenicke fängt damit das Problem an. Denn, so erzählt er, prominente Festival-Gäste müssen sich mit dem Wagen der Sponsoren abholen lassen, selbst wenn sie nur im Festival-Zentrum, dem Hotel Grand Hyatt waren, das fußläufig wenige Meter entfernt liegt. Für Jaenicke ist es nur ein Beispiel, wie schwer sich die Filmbranche mit der Umweltfreundlichkeit tut. Doch der grüne Film läuft an.
Schon länger gibt es Initiativen wie „Green Film Shooting“, wo sich Medienschaffende über nachhaltiges Wirtschaften austauschen können. Das Projekt wurde erst kürzlich von RNE und RENN als Transformationsprojekt 2019 ausgezeichnet. Die Berlinale 2020 hat jetzt aber einen extra Schub gegeben – mit Nachwirkungen.
Berlinale mit Ökostrom und Mehrweg
Die neue Doppelspitze der Berlinale, Carlo Chatrian und Mariette Rissenbeek, hat eng mit Engagement Global, einem gemeinnützigen Unternehmen, das im Auftrag der Bundesregierung arbeitet und vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung finanziert wird, zusammengearbeitet. Zum einen sollte so das Festival selbst nachhaltiger werden. Die roten Teppiche vor vielen Kinos waren – wie schon im Jahr zuvor – aus Recyclingmaterial. Mit der Initiative „Bring your own cup!“ sollten Wegwerfbecher vermieden werden. Das Gros des Caterings war vegetarisch. Die Festivalbüros wurden mit Ökostrom versorgt.
Zum anderen sind so viele Initiativen wie selten zuvor debattiert worden, um die Branche insgesamt zum Umdenken zu bewegen. Jaenicke zum Beispiel sprach auf der Konferenz: „Grüne Filmproduktion 2.0: Mehr als Mehrweg-Kaffeebecher“, zu der das Bundesumweltministerium (BMU) geladen hatte. Dort erklärte BMU-Staatssekretär Jochen Flasbarth: „Der gesamte Fußabdruck einer Produktion muss angeschaut werden“.
Die Filmleute jetten von Drehort zu Drehort. Der Strom am Set kommt, anders als in den Berlinale-Büros, aus dem Dieselgenerator. Kulissen landen nach dem Dreh auf dem Sperrmüll. Neben der Limousine zählt Jaenicke diese und weitere Umweltbelastungen auf. Es gebe aber einen besonders guten Hebel, dies zu ändern, so der Schauspieler, der sich auch als Umweltaktivist versteht. Er fordert, dass die Filmförderung daran gekoppelt wird, wie ökologisch eine Produktion ist, ob etwa grüner Strom genutzt wird. Vorreiter und Beispielgeber gibt es bereits.
Grüner Filmpass kommt
So hat die Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein den „Grünen Drehpass“ entwickelt. Und das schon 2012. Seither wurden 170 ökologische Produktionen damit auf freiwilliger Basis ausgezeichnet. Darunter Tatort-Folgen oder die Serie Babylon Berlin. Doch ab April wird der Drehpass zum Grünen Filmpass: Wer eine Förderung aus dem Norden erhalten will, muss sich verpflichten, die Kriterien zu beachten.
Mit einem CO2-Rechner, den die Medien- und Filmgesellschaft Baden-Württemberg ins Netz gestellt hat, bekommen Filmemacher einen guten Überblick über den CO2-Verbrauch beim Dreh – und die Sparpotenziale. Auch gibt sie einen Zuschuss bei von der Medien- und Filmgesellschaft Baden-Württemberg geförderten Projekten für einen „Green Consultant“.
Noch seien diese Grünen Berater allerdings rar, heißt es bei der Filmförderung in Bayern, dem FilmFernsehFonds Bayern. Sie begrüßt, dass die Industrie- und Handelskammer Bayern ab diesem Sommer erstmals eine Weiterbildung zum grünen Berater anbietet.
Bundesweit neuer Dreh
Es wird nicht bei Initiativen einzelner Länder bleiben: Nur einen Tag vor der Eröffnung der Berlinale hatte die CDU-Kulturstaatsministerin Monika Grütters die Großen der Film- und Fernsehbranche ins Kanzleramt geladen. Sie alle unterzeichneten eine einseitige Verpflichtung für mehr Umweltschutz bei ihrer Arbeit. Die Sache bekommt allerorten einen neuen Dreh.
Zumal Grütters ab Sommer ein bundesweites Zertifikat für nachhaltige Produktionen testen lassen will. Später soll es durch verbindliche Nachhaltigkeitskriterien in den Förderrichtlinien der Filmförderung des Bundes ergänzt werden. Grütters meint: „Eine Branche, die sich nicht zu Unrecht als Teil der gesellschaftlichen Avantgarde versteht, sollte hier mit gutem Beispiel vorangehen.“ Anders gesagt: Nachhaltigkeit soll eine Hauptrolle bekommen.