Das Umweltbundesamt drängt auf eine Umsetzung des Abfallvermeidungsprogramms. Trotz effizienteren Materialeinsatzes stagniert das Aufkommen an Abfällen auf hohem Niveau. Ein Teil der Lösung könnte der längere Gebrauch von Konsumgütern sein. Ein Internetunternehmen macht vor, wie es geht.
Das Umweltbundesamt (UBA) fordert die Umsetzung des Abfallvermeidungs-programms des Bundes unter Beteiligung der Länder. „Es gilt nun, dieses Programm mit Leben zu erfüllen“, sagt UBA-Präsidentin Maria Krautzberger laut Redemanuskript auf der in dieser Woche in Berlin stattfindenden Fachtagung zur Abfallvermeidung.
Das Programm enthalte einen Strauß staatlicher Maßnahmen entlang des Lebenszyklus von Produkten mit unterschiedlicher Dimension. Damit setzt Deutschland die europäische Abfallrahmenrichtlinie um. Es wurde von der Bundesregierung .
330 Millionen Tonnen Müll im Jahr
In Deutschland fallen jährlich rund 330 Millionen Tonnen Abfall an, darunter 200 Millionen Tonnen Bauschutt und 50 Millionen Tonnen Siedlungsabfälle. Laut UBA gibt es im Bereich Abfall aber durchaus positive Entwicklungen. Ein Fortschritt ist zum Beispiel bei der Abkoppelung des Abfallaufkommens von der Wirtschaftsleistung erkennbar.
Nach Berechnungen des Statistischen Bundesamtes legte die Wirtschaftsleistung zwischen den Jahren 2000 und 2010 um 8,7 Prozent zu, das Abfallaufkommen ging dagegen um 18 Prozent zurück. Doch in absoluten Zahlen betrachtet stagniert die Menge der entsorgten Materialien, sie stieg in den letzten Jahren sogar leicht an. „Es gilt, die anfallende Abfallmenge von vornherein zu vermindern“, verlangt Krautzberger.
Und die Wiederverwertung der entsorgten Stoffe ist längst noch nicht die Regel. Erst 14 Prozent der in der deutschen Wirtschaft eingesetzten Rohstoffe werden aus Abfällen gewonnen.
Effizienterer Materialeinsatz wird auch durch Modetrends konterkariert
So ist die Rohstoffproduktivität zwischen 1994 und 2011 um 44 Prozent gestiegen. Die Materialien werden also von der Industrie effizienter eingesetzt. Doch vom ursprünglichen Ziel einer Verdoppelung bis zum Jahr 2020 ist Deutschland noch weit entfernt. Bei gleichbleibendem Produktivitätszuwachs käme am Ende des Jahrzehnts ein Zuwachs um nur 67 Prozent gegenüber 1994 heraus, das Ziel der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie würde damit deutlich verfehlt.
Für das hohe Aufkommen trotz Vermeidungsstrategien nennt das Amt mehrere Gründe. Die Produktvielfalt steigt an, die Innovationszyklen verkürzen sich und Modetrends wechseln häufiger, was zu kurzlebigeren Produkten und schnelleren Neuanschaffungen führt. „Aktionen des Handels wie ‘Nimm drei, zahl zwei’ und vielerorts die zahlreichen Schnäppchenangebote lassen wichtige Aspekte wie Qualität, Langlebigkeit, Service im Fachhandel oder Produktionsbedingungen in den Herstellerländern außen vor“, kritisiert die UBA-Präsidentin.
Dazu kämen noch Fehlentwicklungen wie künstlich herbeigeführte Alterung von Produkten. „Die Folgen sind kurzlebige Produkte und steigende Abfallmengen, die mit einer teilweise hohen Umweltinanspruchnahme verbunden sind“, erläutert Krautzberger, „hier gilt es gegenzusteuern.“
Gebraucht und doch so gut wie neu
Das UBA will nun alle Beteiligten dazu ermuntern, sich verstärkt des Themas Vermeidung von Müll anzunehmen. Dazu gehört die Gestaltung der Produkte ebenso wie die erfolgreiche Wiederaufarbeitung. Konsumgüter oder Gebrauchswaren könnten länger genutzt und anschließend auf dem Gebrauchtwarenmarkt statt im Abfalleimer landen.
Ein Best-Practice-Ansatz ist nach UBA-Angaben das Unternehmen asgoodasnew electronics. Die Internetfirma kauft nicht mehr benötigte Konsumelektronik an, überholt die Artikel von Grund auf in einer eigenen „Fabrik“ und veräußert sie unter dem Motto „so gut wie neu“ im Onlinehandel. Die Geräte sind für den Kunden bis zu 30 Prozent günstiger im Preis und sie sind sogar mit einer Garantiezeit von 30 Monaten ausgestattet. „Die Nachfrage nach und der Absatz von gebrauchten und/oder aufgearbeiteten Produkten sind ganz zentrale Stellgrößen bei der Umweltentlastung“, sagt Krautzberger.
Weiterführende Informationen
Best-Practice: Webseite von asgoodasnew
Rohstoffproduktivität in Deutschland
Abfallvermeidungsprogramm des Bundes