Umweltschutzverbände verstärken ihren Druck auf die Kohleindustrie. Ein Bündnis aus vier Nichtregierungsorganisationen hat Banken aufgefordert, nicht länger den Bau von Kohlebergwerken zu finanzieren. Wie neue Zahlen der Internationalen Energieagentur (IEA) zeigen, stieg der globale Kohleverbrauch 2012 um 2,3 Prozent. Parallel wuchs der Ausstoß von Treibhausgasen.
Nach Daten der Internationalen Energieagentur (IEA) aus dem Medium-Term Coal Market Report wurden 2012 rund 7,7 Milliarden Tonnen Kohle verbraucht, das waren 170 Millionen Tonnen mehr als im Jahr zuvor. Grund war laut IEA vor allem der gestiegene Verbrauch in China, Indien und Russland. Parallel stieg der Ausstoß des Treibhausgases CO2 aus der Verbrennung fossiler Rohstoffe im vergangenen Jahr laut Global Carbon Project um 2,2 Prozent auf 9,67 Milliarden Tonnen.
Gleichzeitig wurde in den vergangenen Jahren der Weg dafür bereitet, in Zukunft noch mehr Kohle zu verbrennen. Laut der Internationalen Energieagentur haben die meisten großen Kohleexporteure ihre Förderkapazitäten jüngst massiv ausgeweitet, besonders Australien und Indonesien, aber auch Kolumbien, Russland und Südafrika.
Die höheren Förderkapazitäten waren laut IEA ein hierzulande wenig beachteter Grund dafür, warum der Kohlepreis weltweit stark gesunken und das Verstromen des Brennstoffs rentabler geworden ist. Laut IEA planen alle großen Kohleexporteure wegen des Wachstums der Schwellenländer weitere Bergwerke in beträchtlichem Umfang, allen voran Australien, das vom Wirtschaftsaufschwung in Asien profitieren will.
Genau an diesem Punkt setzt die Kritik der Organisationen Urgewald, Banktrack, Polish Green Network und CEE Bankwatch Network an. Vor zwei Jahren hatten die Organisationen bereits die größten Finanziers von Kohlekraftwerken ermittelt. Auf dem Klimagipfel in Warschau legten sie nun die Studie Banking on Coal vor, in der sie Daten zur Finanzierung von Bergbaugesellschaften zusammengetragen haben.
Demnach haben Banken zwischen 2005 und 2013 Kohlebergbauunternehmen mit 118 Milliarden Euro in Form von Krediten und Anleihen finanziert. Die 20 größten Geldgeber hatten einen Anteil von 70 Prozent an dieser Summe. „Es ist erschreckend zu sehen, dass 20 Banken aus nur sieben Ländern dabei helfen, die Welt in eine Sauna zu verwandeln“, sagt Heffa Schücking, Geschäftsführerin von Urgewald.
Deutsche Bank liegt auf Rang fünf
Auf den ersten drei Plätzen finden sich die amerikanischen Kreditinstitute Citi, Morgan Stanley und Bank of America mit jeweils 6,5 bis 7,3 Milliarden Euro. Die wichtigsten deutschen Geldgeber sind die Deutsche Bank auf Platz fünf (5,2 Milliarden Euro) und die Commerzbank auf Rang 26 (1,3 Milliarden Euro).
Mit Beträgen zwischen 15 und 450 Millionen Euro sind noch aufgeführt die Genossenschaftsbanken Raiffeisen Zentralbank und DZ Bank, das Sparkassen-Zentralinstitut Deka-Bank, die Landesbanken LBBW, HSH Nordbank, BayernLB, Helaba und Nord LB sowie die bundeseigene KfW. Insgesamt kommen die öffentlichen Institute – also alle bis auf die Privat- und Genossenschaftsbanken – auf einen Wert von 975 Millionen Euro. Zusammengenommen lägen sie international auf Rang 37. Inklusive der Genossenschaftsbanken stiege die Summe auf 1,55 Milliarden Euro (Rang 25).
Neben den Autoren der aktuellen Studie wirbt eine US-Organisation für den Ausstieg aus klimaschädlichen Investitionen. Die Kampagne Fossil Free der Klimaschutzorganisation 350.org will Investoren dazu bewegen, ihr Kapital aus 200 Unternehmen abzuziehen, denen die meisten globalen Brennstoffreserven gehören.
In den USA hat die Kampagne nach eigenen Angaben über 300 Kommunen und Hochschulfonds von ihren Zielen überzeugen können, in Großbritannien zählt die Initiative 27 Unterstützer und in Münster hat die Kampagne erste deutsche Unterstützer. Etwa 120 Bürger fordern bisher in einer Petition an die Stadtverwaltung, „Investitionsverträge in die fossile und nukleare Brennstoffindustrie innerhalb der nächsten fünf Jahre“ zu beenden.
Die Umweltorganisation CEE Bankwatch Network warnt davor, dass sich einige Investitionen von Banken und anderen Geldgebern in faule Kredite verwandeln könnten. „Nicht nur preschen die Banken mit Investitionen vor, die unser Klima in den Abgrund treiben. Sie tun dies außerdem zu einem Zeitpunkt, zu dem die internationale Gemeinschaft über CO2 Reduktionen verhandelt und einige Regierungen und öffentliche Banken sich gegen weitere Kohleinvestitionen aussprechen“, sagt Kuba Gogolewski vom Bankwatch Network.
Im Jahr 2015 soll ein neues globales Klimaschutzabkommen für die Zeit nach 2020 ausgehandelt werden. Die Weltbank hatte im Sommer bekannt gegeben, die Finanzierung von Kohlekraftwerken drastisch einzuschränken, die Europäische Investitionsbank will künftig komplett darauf verzichten.
Kreditinstitute verteidigen Nachhaltigkeitsrichtlinien
Die Umweltschutzorganisationen greifen auch die Nachhaltigkeitspolitik der Banken an. „Alle Banken sagen, sie wollen das Klima schützen, tun aber das Gegenteil“, sagt Yann Louvel von Banktrack. Widerspruch kam von den beteiligten Instituten. „Die Deutsche Bank nimmt ihre gesellschaftliche Verantwortung sehr ernst und prüft deshalb geschäftliche Transaktionen sehr sorgfältig.
So haben wir 2011 ein Rahmenwerk zum Umgang mit Umwelt- und Sozialrisiken eingeführt. Das Rahmenwerk sieht eine ausführliche Due Diligence von Unternehmen und Transaktionen in bestimmten Sektoren vor“, sagte ein Sprecher der Deutschen Bank auf Anfrage. In ihrem Bericht zu unternehmerischer Verantwortung von 2012 berichtet die Bank, sie habe die Anfrage für die Finanzierung eines Kohlekraftwerkes in Asien abgelehnt – mit der Begründung, es sei nicht die modernste und damit effizienteste Technologie eingesetzt worden.
Ähnlich äußerte sich die Commerzbank. Bei Finanztransaktionen im Bereich fossile Energien prüfe die Bank unter anderem die Art und Weise, wie das Unternehmen die Exploration der Vorkommen betreibe und den Schutz von als High Conservation Value Areas oder Unesco-Welterbe ausgewiesener Gebiete oder sonstiger geschützter Flächen. Außerdem verweist die Bank darauf, dass der Erhebungszeitraum der Studie bis 2005 zurückreicht.
„Die Commerzbank hat sich in der Zwischenzeit freiwillig selbst auferlegten, umfassenden Positionen und Richtlinien unterworfen, die bei einschlägigen Themenfeldern damals gemachte Transaktionen heutzutage in einem anderen Licht erscheinen lassen“, sagte eine Sprecherin. Darüber hinaus habe die Commerzbank mit Stand 2012 erneuerbare Energien weltweit in Höhe von rund 5,1 Milliarden Euro finanziert.
Weiterführende Informationen
Medium-Term Coal Market Report der Internationalen Energieagentur (Zusammenfassung) [PDF, 671 kB]
Urgewald-Studie Banking on Coal [PDF, 6,3 MB]
Urgewald-Studie Bankrolling Climate Change von 2011 [PDF, 3,2 MB]
Fossil-Free-Petition in Münster
Bericht „Unternehmerische Verantwortung 2012“ der Deutschen Bank [PDF, 3,7 MB]