Nur wenn dem Klimawandel schnell durch die Vermeidung von CO2-Emissionen begegnet wird, bleiben die Folgekosten erträglich, warnt der Weltklimarat in der Zusammenfassung seines jüngsten Sachstandberichts. Eine Reform des Emissionsrechtehandels könnte das bewirken. An einem erfolgreichen Umbau des Systems gibt es aber Zweifel.
Rund 9.000 Worte sollen die Politiker auf der ganzen Welt zu verstärkten Anstrengungen im Kampf gegen den Klimawandel animieren. So stark ist die Zusammenfassung der drei Berichte des Weltklimarates (Intergovernmental Panel on Climate Change, IPCC), der jüngst in Kopenhagen vorgestellt wurde.
„Es ist Gewissheit geworden, dass der Klimawandel stattfindet und dass er menschengemacht ist“, sagt Bundesumweltministerin Barbara Hendricks. Die Bundesregierung will nun selbst mehr dafür tun, dass sich das Erdklima in diesem Jahrhundert nur um höchstens zwei Grad erwärmt. Am 3. Dezember will das Bundeskabinett ein Aktionsprogramm beschließen. Schwerpunkte werden laut Hendricks der Abbau von Kapazitäten bei der Braunkohleverstromung und die energieeffizente Sanierung von Bestandsgebäuden sein.
Noch kann dem Klimawandel mit finanziell tragbaren Belastungen entgegen gewirkt werden. „Es kostet nicht die Welt“, erläutert Hendricks, „den Planeten zu retten.“ Das ist eine der zentralen Aussagen des Berichtes des Weltklimarates. „Unter Annahme idealisierter Bedingungen zur Umsetzung der Klimapolitik rechnen die meisten Studien mit einer jährlichen Verringerung des globalen Konsumwachstums um etwa 0,06 Prozentpunkte im Laufe des Jahrhunderts“, heißt es in der Zusammenfassung der Ratsberichte. Dabei gehen die Experten von einem Wachstum der Weltwirtschaft zwischen 1,6 Prozent und 3 Prozent aus, ohne Klimaschutzmaßnahmen.
Jede Verzögerung bedeutet Mehraufwand
Der Weltklimarat beschränkt sich auf eine Abschätzung der globalen konjunkturellen Abschwächung. Diese kann aber regional sehr unterschiedlich ausfallen. Übereinstimmung herrscht jedoch in der Aussage, dass jede zeitliche Verzögerung beim Klimaschutz zu deutlich steigenden Kosten führen wird. Die Kosten der Vermeidung von Emissionen hielten sich in Grenzen, stellt Ottmar Edenhofer fest, Mitautor der IPCC-Studie und Chefökonom des Potsdam Institute for Climate Impact Research für Klimafolgenforschung. Jede Verzögerung bedeute einen Mehraufwand.
Ohne Anstrengungen heute müsste der CO2-Ausstoß in Deutschland nach 2030 jährlich um sechs Prozent reduziert werden. Auch die Entwicklung und der Einsatz von neuen Methoden zur Verminderung von Emissionen trage zu einem wirkungsvolleren Klimaschutz bei.
Zweifel an erfolgreicher Reform des Zertifkatehandels
Der Ökonom fordert eine Reform des Emissionshandels. Für den wichtigsten Schritt hält er, einen international einheitlichen Zertifikatpreis, der auch hoch genug ist, um Anreize zur Einsparung von Treibhausgasen zu setzen. Das will Umweltministerin Hendricks in Europa bis 2017 durchsetzen. Sie hält zwei Milliarden Zertifikate für kontraproduktiv: Erst wenn tendenziell zu wenige CO2-Verbrauchserlaubnisse auf dem Markt sind, werde sich ein Preis bilden, der Anreize zur Einsparung setzt.
Nach Angaben der Ministerin unterstützen derzeit zwölf andere EU-Staaten Deutschland bei diesem Ziel. Die Energieexpertin des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Claudia Kemfert, ist da allerdings nicht sehr optimistisch. Die Reparatur des Emissionsrechtehandels komme zu spät und werde kaum die erwarteten Preissignale entwickeln, vermutet die Forscherin.
Nach und nach verbreitet sich die Erkenntnis, dass größere Anstrengungen auch Vorteile mit sich bringen. „Durch die Investitionen in Zukunftsmärkte werden Innovationen hervorgebracht, die Wettbewerbsvorteile bringen“, glaubt Kemfert. Außerdem würden die Kosten für erneuerbare Energien weiter sinken und durch den effizienten Umgang mit Energie Kosten eingespart. „All dies bringt volkswirtschaftliche Vorteile“, stellt die Expertin fest und verweist auch auf den jüngsten Stern-Bericht.
Äl-, Gas- und Kohlefirmen müssen sich auf Verluste einstellen
Einig sind sich die Forscher auch über einen erheblichen Zeitdruck. „Wenn die Natur ihre Karten in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts aufgedeckt hat, gibt es nur noch eine Anpassungsoption, aber keine Vermeidungsoption mehr“, warnt Edenhofer. Die Kosten des Nichthandelns können derzeit nicht glaubhaft beziffert werden. Der IPCC rät zu einem raschen Ende der Verwertung von Kohlenstoff-Rohstoffen.
Wenn das 2-Grad-Ziel erreicht werden soll, dürfen die Vorräte nicht vollständig ausgebeutet werden. Für die damit verbundenen Branchen wäre das ein herber Schlag. Für einzelne Unternehmen könnte ein konsequenter Klimaschutz erhebliche Verluste bedeuten „Die Besitzer von Kohle, Äl und Gas müssen damit fertig werden, dass ihre Assets entwertet werden“, sagt Edenhofer.
Weiterführende Informationen
Webseite des neuen Sachstandsberichtes
Stern-Bericht – Better Growth, Better Climate
Statements von Bundesumweltministerin Barbara Hendricks und Bundesforschungsministerin Johanna Wanka zum Klimabericht