„Kohle ist Vergangenheit in den USA“

„Es ist Zeit, für das Klima zu handeln“, stellt die Leiterin der US-Umweltbehörde, Gina McCarthy, fest. Sie hat im Auftrag von US-Präsident Barack Obama das ehrgeizige Programm zur Minderung von CO2-Emmissionen auf den Weg gebracht, im Mittelpunkt steht dabei der Ausstoß durch Kohleverstromung.

Fast 650 Seiten stark sind allein die rechtlichen Regeln, die von der Environmental Protection Agency (EPA) Anfang Juni veröffentlicht wurden. Der Plan sieht vor, dass der CO2-Ausstoß der Kohlekraftwerke in den USA bis zum Jahr 2030 um 30 Prozent vermindert werden muss. Als Referenzjahr zählt 2005. Die Vorgabe ist Teil der Klima-Initiative von Präsident Barack Obama.

„Es ist das erste Mal, dass ein Präsident alle Sektoren dekarbonisieren will“, betont Jennifer Morgan, die Programmdirektorin Klima und Energie am Washingtoner World Resources Institute (WRI). Morgan ist auch Mitglied des Rates für Nachhaltige Entwicklung (RNE) in Deutschland.

In seiner letzten Amtszeit treibt Obama den Klimaschutz voran – vorbei am widerspenstigen Kongress. Denn dessen Zustimmung zu den Einsparzielen ist nicht vonnöten, weil keine Gesetze geändert werden müssen. Denn Treibhausgasemissionen gelten in den USA nach einem höchstrichterlichen Beschluss als Luftverschmutzung. Daher darf die EPA nach dem Clean Air Act regulierend dagegen vorgehen.

Verhaltenes Lob von Umweltschützern

Bevor das Regelwerk in Kraft tritt, sind noch Hürden zu überwinden. So läuft seit der Veröffentlichung eine 120-tägige Frist, in der die Öffentlichkeit und die Betroffenen Stellung dazu beziehen können. Außerdem erwarten Kommentatoren von US-Medien Klagen gegen die Vorgaben. Verhaltenes Lob gab es von Umweltschützern. „Die neue Regel zeigt, dass Obama es ernst meint mit Maßnahmen gegen den Klimawandel“, stellt Gabe Wisniewski, Direktor für die Klima- und Energie Kampagne bei Greenpeace, fest.

Die Einsparziele treffen die Energieversorger, die Kohle verstromen. Auf den überalterten Kraftwerkspark entfallen laut EPA rund ein Drittel aller Treibhausgasemissionen der USA. Grenzwerte für den CO2-Ausstoß gibt es bislang nicht. Das Durchschnittsalter der Anlagen liegt bei 42 Jahren, jedes zehnte Kraftwerk ist älter als 60 Jahre.

Die Energieversorgung wird nach Einschätzung der Umweltbehörde durch die zu vermutenden Stilllegungen von Anlagen nicht gefährdet. „Eine Analyse zeigt, dass es genügend Kapazitäten im US-Strom-System gibt, um die erwartete Nachfrage zu erfüllen“, heißt es in einer Zusammenfassung des Programms. Dabei wird allerdings auch Fracking zur Gasgewinnung eine erhebliche Rolle spielen und womöglich auch moderne Kohlekraftwerke mit CCS-Technologie (Carbon Capture & Storage, die Abspaltung und unterirdische Lagerung von Kohlendioxid).Beide Technologien sind wegen ihrer Auswirkungen auf die Umwelt umstritten.

Es gibt auch Widerstand

Betrachtet man das Einsparvolumen des Treibhausgases, so ist das Signal von Obama nicht einmal besonders ehrgeizig. Denn im Referenzjahr 2005 war der CO2-Ausstoß ungewöhnlich hoch. Greenpeace-Experte Wisniewski hält eine doppelt so hohe Reduktion für möglich.

Anderen gehen die neuen Regeln zu weit. Dazu gehören insbesondere die Republikaner, die Obama einen Feldzug gegen die Kohle vorwerfen. Aber auch unter den Demokraten gibt es Widerstand in den Staaten, in denen der Rohstoff abgebaut und verstromt wird. Dahinter steckt die Sorge vor Arbeitsplatz- und Wählerverlusten bei den in diesem Jahr anstehenden Parlamentswahlen.

Außerhalb der USA wird der Vorstoß als willkommenes Zeichen für den Klimaschutz wahrgenommen. „Obama hat erkannt, dass Kohle ein großer Hebel im Kampf für den Klimaschutz ist“, sagt der Energiefachmann von Greenpeace Deutschland, Karsten Smid, „so weit sind wir im Energiewendeland leider noch nicht.“ Ohne drastische Einschnitte bei der Kohleverstromung werde Deutschland seine Klimaziele verfehlen.

In den USA läuten Obamas Regeln nach Einschätzung Morgans jedenfalls eine Zeitenwende ein. „Kohle ist Vergangenheit in den USA“, meint das RNE-Mitglied.

Weiterführende Informationen

EPA – Webseite, Obamas Plan zur CO2-Reduktion

Greenpeace-Reaktion