Das katholische Hilfswerk Misereor kritisiert den bevorstehenden Abschluss eines Rohstoffabkommens zwischen Deutschland und Peru. „Bevor die neue Bundesregierung die Partnerschaft unterzeichnet, sollte sie um der Betroffenen Willen die menschenrechtlichen Folgen überdenken und sorgsam untersuchen. Eine parlamentarische und öffentliche Debatte in Deutschland und Peru muss zugelassen werden“, forderte Misereor-Hauptgeschäftsführer Pirmin Spiegel.
Im peruanischen Bergbausektor komme es seit Jahren zu schwerwiegenden Umweltschäden und Menschenrechtsverletzungen, berichtet Misereor in einer neuen Studie. So verunreinigten in einigen Abbaugebieten Schwermetalle Wasserreservoire für die Landwirtschaft, viele Kinder wiesen beispielsweise Bleivergiftungen auf. Rund um das Bergwerk Antanima seien Anwohner für Umsiedelungen und die Nutzung ihrer Äcker nicht ausreichend entschädigt worden. Proteste gegen die Landumnutzung würden von den Behörden kriminalisiert.
Peru ist eine bedeutende Quelle für die deutsche Rohstoffversorgung. Im vergangenen Jahr exportierte das südamerikanische Land 330.000 Tonnen Kupfererze im Wert von 575 Millionen Euro nach Deutschland. Mit einem Anteil von 27 Prozent war es das wichtigste Exportland für Kupfer, das eine Schlüsselrolle für Deutschlands Elektroindustrie spielt. Aus Peru kommen zudem größere Mengen Gold, Zink und Molybdän nach Deutschland. Molybdän steckt in hochfesten Stählen, Zink dient dem Korrosionsschutz von Eisen und Stahl und wird für Batterien verwendet.
Um die Versorgung mit diesen Metallen zu sichern, bereitet die Bundesregierung den Abschluss einer Rohstoffpartnerschaft mit der peruanischen Regierung vor. Wahrscheinlich ist laut Misereor, dass über das Explorationsförderungsprogramm, das das Bundeswirtschaftsministerium Anfang 2013 neu aufgelegt hat, deutsche Unternehmen bei der Beteiligung an der Erkundung von Rohstoffvorkommen unterstützt werden. Ähnliche Abkommen existieren bereits mit Kasachstan und der Mongolei. In diesen Rohstoffpartnerschaften werden deutschen Unternehmen über die Instrumente der Außenwirtschaftsförderung staatliche Garantien für Exportkredite, Investitionen und ungebundene Finanzkredite angeboten.
Warten auf die neue Regierung
Nach Informationen von Misereor hat das Bundeswirtschaftsministerium das Partnerschaftsabkommen mit Peru bereits fertig ausgearbeitet und wartet nur noch auf die Bildung einer neuen Regierung, um es unterzeichnen zu können. Die Hilfsorganisation kritisiert, dass die Bundesregierung die Auswirkungen des Abkommens auf Umwelt und Menschenrechte nicht analysiert habe. Damit missachte die Bundesregierung ihre Sorgfaltspflicht, die sich aus den UN-Leitprinzipien zu Wirtschaft und Menschenrechten ergebe.
Misereor bemängelt außerdem, dass der genaue Wortlaut der Rohstoffpartnerschaft ohne die Beteiligung des Parlaments und von Nichtregierungsorganisationen verhandelt wurde. „Es kann nicht sein, dass das Beamte unter sich ausmachen“, sagt Misereor-Rohstoffexperte Armin Paasch. Misereor und andere Nichtregierungsorganisationen seien vom Bundeswirtschaftsministerium lediglich einmal zu Beginn des Prozesses nach ihren Anregungen gefragt worden. „Wir können das Thema Menschenrechte aber nicht auf allgemeiner Ebene abhandeln, es kommt sehr auf die genauen Textpassagen an“, erklärt Paasch.
Das Bundeswirtschaftsministerium erklärte, die Bundesregierung lege in dem geplanten Abkommen mit Peru besonderen Wert auf die Einbeziehung von Menschenrechten und den Schutz der indigenen Bevölkerung. „Der Abkommensentwurf für eine Rohstoffpartnerschaft für Peru bekräftigt in seiner Präambel die VN-Leitlinien für Wirtschaft und Menschenrechte und die Äquator-Prinzipien zur Einhaltung von Umwelt- und Sozialstandards“, sagte eine Sprecherin.
Das BMWi verwies außerdem auf die Verantwortung der Rohstoffunternehmen selbst. Abkommen wie die beabsichtigte Rohstoffpartnerschaft mit Peru seien politische Rahmenabkommen, unter denen Unternehmen in eigener Verantwortung Verträge schließen könnten. „Menschenrechtliche oder Umwelt-Folgenabschätzungen lassen sich erst bei konkreten Projekten im Rahmen der geltenden Rechtsvorschriften des Landes vornehmen“, erklärte das Ministerium.
Auflagen für die Unternehmen
Bevor staatliche Maßnahmen der Außenwirtschaftsförderung wie Kreditgarantien bewilligt werden, erfolge jeweils eine Nachhaltigkeitsprüfung, die sowohl ökologische, soziale wie auch menschenrechtliche Aspekte umfasse. „Vor der Übernahme von Garantien, die eine Übernahme einer Eventualverpflichtung von einer Milliarde Euro oder mehr vorsehen, wird der Bundestag gemäß Haushaltsgesetz unterrichtet“, so das Wirtschaftsministerium.
Unternehmen müssten bei der Antragstellung eine Erklärung vorlegen, nach der sie sich verpflichten, die Grundsätze und Kriterien der Extractive Industries Transparency Initiative (EITI), die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen sowie mehrere EU-Rechtsvorschriften einzuhalten, darunter die Richtlinien über Industrieemissionen, Abfälle aus dem Bergbau und Umweltverträglichkeitsprüfungen.
Beachtet werden müssten außerdem die Ziele der Erklärung von Rio über Umwelt und Entwicklung der Agenda 21, das Übereinkommen von Arhus über den Zugang zu Umweltinformationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten sowie die ISO-Norm 14001 für Umweltmanagementsysteme.
Der Nachhaltigkeitsrat setzt sich für eine Ergänzung und Änderung der Rohstoffsicherungsstrategien durch eine Nachhaltigkeitsstrategie ein, die dem Recycling von einmal in den Stoffkreislauf gelangten Stoffen einen weit größeren Wert über das heutige Recycling hinaus gehend einräumt. Vor allem im Hinblick auf die industriell wichtigen Metalle sind hier nach Auffassung des Rates noch große Optionen ungenutzt.
Weiterführende Informationen
Studie von Misereor zur Rohstoffpartnerschaft mit Peru [pdf, 7,2 MB]
Bundeswirtschaftsministerium zu Rohstoffpartnerschaften
Rohstoffstrategie der Bundesregierung [PDF 1,9 MB, Oktober 2010]
Deutsche Rohstoffagentur – Kooperationen