Klimaschutz, Mülltrennung, soziale Gerechtigkeit – das lässt sich lernen. Kitas, Schulen und Unis sollen Wissen zu nachhaltiger Entwicklung vermitteln, fordern Bildungs- und Umweltexperten. Dazu gebe es zwar viele Projekte, aber keine strukturelle Verankerung. Nun hat die UNESCO-Konferenz in Japan ein Weltaktionsprogramm für nachhaltige Bildung verabschiedet. Was ändert das?
Der Appell ist deutlich. Das „BündnisZukunftsbildung“ hat einen offenen Brief an die Bundeskanzlerin, Bundesminister, Ausschüsse des Bundestages und an die Kultusminister der Länder geschickt: Sie alle sollten sich „stärker als bisher“ und „national und international“ dafür einsetzen, dass nachhaltige Entwicklung „integraler Bestandteil“ aller Bildungspläne wird.Was hat der Klimawandel zum Beispiel mit Gerechtigkeit zu tun? Was bedeutet gutes Leben? Darüber, so die Autoren, müsse in Kitas, Schulen, Universitäten und beruflichen Bildungseinrichtungen gesprochen werden.
Das Schreiben kam rechtzeitig, denn in der vergangenen Woche war eine entscheidende Sitzung. Im japanischen Aichi-Nagoya haben rund 1000 Regierungsvertreter und Experten aus 120 Staaten auf der UNESCO-Weltkonferenz ein neues Weltaktionsprogramm (GAP) beschlossen.
Darin werden fünf Felder mit besonderem Handlungsbedarf benannt: Mit der nationalen und internationalen Bildungs- und Entwicklungspolitik förderliche Bedingungen für Bildung für nachhaltige Entwicklung schaffen, die Förderung von ganzheitlich-institutionellen Ansätzen in Bildungseinrichtungen und die Qualifizierung von Lehrkräften. Dazu kommen noch das Stärken der Jugendlichen in Ihrer Rolle als „Change Agents“ und der Eingang der nachhaltigen Entwicklung in „lokalen Bildungslandschaften“.
Junge Generation soll Zusammenhänge lernen
Wie ein Land dies umsetzt, bleibt ihm selbst überlassen. Das Weltaktionsprogramm soll sich anschließen an die UN-Dekade Bildung für nachhaltige Entwicklung, die in diesem Jahr zu Ende geht. Die Vereinten Nationen hatten sie 2005 ausgerufen, die Mitgliedstaaten verpflichteten sich damit, den Gedanken der nachhaltigen Entwicklung in ihren Bildungssystemen zu verankern.
Und da sei noch immer viel zu tun, machte das „Bündnis ZukunftsBildung“ klar. In dem Bündnis haben sich große Verbände wie Greenpeace, Germanwatch oder die Bildungsgewerkschaft GEW zusammengetan. Klimawandel, Artenschwund, Wassermangel und der Verlust fruchtbarer Böden seien nur in den Griff zu bekommen, wenn die „junge Generation“ die Zusammenhänge lerne. Dies sei bisher aber vor allem dem „Engagement einzelner Personen und Institutionen überlassen“.
Ähnlich sieht das das Nationalkomitee der UN-Dekade, das die Deutsche UNESCO-Kommission einberufen hat. Den Vorsitz hat Professor Gerhard de Haan. Der Berliner Erziehungswissenschaftler ist auch kooptiertes Mitglied des Nachhaltigkeitsrates. In dem Positionspapier „Zukunftstrategie BNE 2015+“ forderten er und seine Mitautoren schon vor mehreren Monaten umzudenken – weg vom Projekt, hin zur Struktur. Und: Es werde „ein mentaler und kultureller Wandel im großen Maßstab“ benötigt.
Zwar wurden hierzulande gut 1900 Dekade-Projekte etwa zum Klimaschutz oder zum fairen Handel ausgezeichnet. „Dennoch zeigen sich auch Schwächen“, heißt es in dem Papier. So sollten in den nächsten Jahren zum Beispiel Qualitätsstandards festgelegt und nachhaltige Bildungslandschaften entwickelt werden. Auch seien Anknüpfungen an aktuelle Debatten wünschenswert, etwa über Regeln für globale Finanzmärkte oder die Lebensqualität. Darüber hinaus sollten „Anreize für Public-Private Partnerships ausgelotet“ werden.
Bildung braucht Budget
Gutes Beispiel aus Sicht des Nationalkomitees: Die DM-Drogerie hat mit der Deutschen UNESCO-Kommission den Jugendwettbewerb „Sei ein Futurist“ ausgerufen. Mehr als 1000 Gruppen wurden vor fünf Jahren mit 1000 Euro gefördert, darunter die Berliner „Zukunftswerkstatt Partizipation mit Perspektive” in Marzahn-Hellersdorf. Dort werden Jugendliche ermutigt, in der Bezirkspolitik mitzumischen.
„Kosten- und aufwandsneutral“ ließe sich die nachhaltige Entwicklung in der Bildung freilich nicht verankern, erklärte das Nationalkomitee – „dauerhafte Etatisierungen“ seien nötig. Die schwarz-rote Regierung hat im Koalitionsvertrag versprochen, die nachhaltige Entwicklung in der Bildung zu stärken. CDU-Bundesbildungsministerin Johanna Wanka hat zugesagt, ihr Ressort werde im Rahmen des UN-Weltaktionsprogramms die Bildung für nachhaltige Entwicklung „weiter fördern“.
Stefan Rostock beobachtet für Germanwatch die nationalen und internationalen Fortschritte. Seine Forderung: „Die Bundesregierung muss die Bildung für nachhaltige Entwicklung nun in die deutsche Nachhaltigkeitsstrategie einflechten.“ Genauso müsse sie in der Post-2015-Agenda Eingang finden, den Entwicklungs- und Nachhaltigkeitszielen, die die Vereinten Nationen verabschieden wollen. Denn vor allem Jugendliche bräuchten „Gestaltungskompetenz und Beteiligungsmöglichkeiten, damit sie Zukunft schon jetzt mitgestalten können.“
Weiterführende Informationen
Offener Brief des BündnisZukunftsbildung [pdf, 816 KB]
Weltaktionsprogramm für nachhaltige Bildung
Portal Bildung für nachhaltige Entwicklung
Zukunftsstrategie BNE 2015+