Mit dem Rad zur Arbeit, Recyclingpapier kaufen, ökologisch bauen – die Bundesministerien einigen sich auf einen 12-Punkte-Plan, um Nachhaltigkeit im täglichen Handeln der öffentlichen Bundesverwaltung zu stärken. Dazu gehören auch Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Eine Idee: Besprechungen nur noch zwischen 9 und 15 Uhr.
Kanzleramtschef Peter Altmaier macht es vor. Der CDU-Mann fährt gerne mit dem Rad ins Büro im Berliner Regierungsviertel. Das sollen ihm nun Bedienstete des Bundes nachmachen. Sie sollen für die Aktion „Mit dem Fahrrad zur Arbeit“ gewonnen werden. Die Behörden sollen zudem überdachte Fahrradabstellplätze in der Nähe ihrer Eingänge einrichten und Mitarbeitern „für Dienstgänge eine ausreichende Anzahl“ konventioneller Räder und E-Bikes zur Verfügung stellen.
Darauf hat sich der Staatssekretärsausschuss für nachhaltige Entwicklung geeinigt. In dem auch als „Green Cabinet“ bekannten Gremium sind alle Ministerien über die verbeamteten Staatssekretäre vertreten. Die Leitung obliegt dem Kanzleramtschef.
Klimafreundlicher unterwegs zu sein auf dem Weg zur Arbeit oder auf Dienstreisen ist aber nur eines von zwölf Maßnahmenbündeln, die die Staatssekretäre voranbringen wollen. Sie haben dazu ein 16-seitiges Papier mit dem Namen „Nachhaltigkeit konkret in Verwaltungshandeln umsetzen“ beschlossen.
Es ist eine Weiterentwicklung des ersten Programmes dieser Art aus dem Jahr 2010. Es gehe dabei nicht nur um die „notwendige Vorbildfunktion der öffentlichen Hand“. Die „Aktivitäten haben auch selbst relevante Auswirkungen auf die Dimension der nachhaltigen Entwicklung“, steht am Anfang des Papiers, das dem Thema neues Gewicht gibt und alle Bereichen der Administration modernisieren soll.
Dazu sagt Günther Bachmann, Generalsekretär des Rates für Nachhaltige Entwicklung (RNE): „Man mag sich mehr wünschen – aber man muss auch erkennen, dass viel gewonnen wäre, wenn das Beispiel der Bundesregierung Schule machen würde und sich alle öffentlichen Verwaltungen auf eine ähnlich strategische Art engagieren würden.“
LED-Beleuchtung im Forschungsministerium
Ein Beispiel: die Bundesbauten. Sanierung und Neubau soll nach ökologischen Kriterien geplant werden. Am neuen Dienstsitz von Bundesforschungsministerin Johanna Wanka sei gezeigt worden, dass dies auch „wirtschaftlich möglich“ sei, formuliert der Staatssekretärsausschuss. Gegenüber dem Kanzleramt in Berlin-Mitte an der Spree ist auf einer Fläche von rund 54.000 Quadratmetern das Bürogebäude vor einigen Monaten fertig geworden.
Die Räume und Gänge werden mit LEDs beleuchtet, auf dem Dach und den Fassaden produzieren Photovoltaikanlagen Strom. Ein Blockheizkraftwerk und eine gasbetriebene Brennstoffzelle liefern neben Wärme auch Strom. Der Bau bekam das Nachhaltigkeitszertifikat in Gold. Silber muss laut dem neuen Maßnahmenprogramm künftig immer eingehalten werden. Das heißt: Architekten müssen sich mindestens zu 65 Prozent an das Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen für Bundesgebäude halten.
Auch im Bereich der öffentlichen Beschaffung sehen die Staatssekretäre Möglichkeiten, eine nachhaltige Entwicklung in Deutschland zu fördern: Die öffentliche Hand kauft laut Umweltbundesamt im Jahr in Deutschland für rund 260 Milliarden Euro ein, dazu gehören Bleistifte genauso wie Strom oder Busse für den öffentlichen Personennahverkehr. Da bestünden „erhebliche haushaltsneutrale Steuerungsmöglichkeiten“, heißt es im Maßnahmenkatalog.
Umweltfreundlichere Dienstwagen
So soll bis zum Jahr 2020 etwa der Anteil von Recyclingpapier mit dem „Blauen Engel“ am Gesamtbedarf auf 95 Prozent steigen. Bis 2020 soll die Hälfte der Textilien auch nach ökologischen und sozialen Kriterien ausgesucht werden. Und die Flotte der Dienstwagen soll bis zum Jahr 2018 einen durchschnittlichen Emissionswert von 110 g CO2/km einhalten, bis 2020 von 95 g. Der Bezug von Ökostrom – Strom zu 100 Prozent aus Erneuerbaren Energien – „wird im Rahmen der Verfügbarkeit“ ausgebaut.
Nicht nur Ökologie, auch Soziales spielt in dem 12-Punkte-Plan eine Rolle: Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie etwa sowie die Besetzung von Chefposten gleichberechtigt mit Frauen und Männer. So versprechen die Ressorts dazu Mentoring- und Qualifizierungsprogramme einzurichten und das Führen in Teilzeit zu ermöglichen, etwa über „`Doppelköpfeà´ mit echtem Job-Sharing“.
Behörden mit Eltern-Kind-Zimmer
Außerdem sei „angestrebt, dass Besprechungen möglichst zwischen 9.00 und 15.00 Uhr stattfinden“. Und damit Väter und Mütter bei „kurzfristigen Engpässen“ reagieren könnten, seien ein „Eltern-Kind-Zimmer“ oder „mobiles Arbeiten“ denkbar.
Weniger konkret wird es beim Punkt „Interkulturelle Öffnung der Verwaltung“. Die Regierung will den Anteil von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit Migrationshintergrund im öffentlichen Dienst erhöhen. Die Staatssekretäre einigten sich aber nur darauf, dass auf „freiwilliger Basis“ in den Ressorts Umfragen unter den Beschäftigten gemacht werden, um „erstmalig den Anteil von Migrantinnen und Migranten“ zu erheben.
Freilich sei eine nachhaltige Finanzpolitik „zentrale Voraussetzung für eine nachhaltige Entwicklung“, heißt es zu guter Letzt noch in dem Papier. So seien „jeweils die haushaltsrechtlichen Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit des Verwaltungshandelns zu beachten“. Was das genau bedeutet, wird sich schon bald zeigen: Am Ende eines jeden Jahres soll es einen Bericht geben, wie weit die Umsetzung des Maßnahmenprogramms fortgeschritten ist.
Weiterführende Informationen
Staatssekretärsausschuss für nachhaltige Entwicklung
Maßnahmenprogramm des “Green Cabinet” [pdf, 77,1 KB]