Kampf gegen illegalen Tierhandel, Drosseln der Luftverschmutzung, Ehrgeiz bei Umweltzielen – die UN-Umweltversammlung UNEA tagt zum ersten Mal und verabschiedet 16 Entscheidungen und Resolutionen. Sorgt die neue Einrichtung, die sich mit Umweltfragen weltweit befassen kann, für mehr Dynamik in der internationalen Umweltpolitik?
Es war eine Premiere: Letzte Woche tagte erstmals die neu eingerichtete Umweltversammlung (United Nations Environment Assembly, UNEA) der Vereinten Nationen. 1200 Umweltexperten aus aller Welt berieten über globale Umweltziele, umweltverträgliches Wirtschaften und den Kampf gegen den illegalen Tierhandel.
Zum Abschluss des fünftägigen Treffens in Nairobi, kam auch der Generalsekretär der Vereinten Nationen, Ban Ki-moon. „Die Luft, die wir atmen, das Wasser, das wir trinken und der Boden, auf dem unsere Nahrung wächst, sind Teil eines empfindlichen Ökosystems, das mehr und mehr unter Druck gerät”, mahnte er. Und ergänzte: „Wir müssen entschlossen handeln, um die Beziehung der Menschheit mit unserem Planeten zu ändern.“
Entfaltet die UNEA Macht? Sie soll neue Prioritäten in der globalen Umweltpolitik festlegen. Einem Beschluss beim zweiten Erdgipfel Rio+20 im Jahr 2012 im brasilianischen Rio de Janeiro entsprechend soll dadurch das Umweltprogramm der Vereinten Nationen, kurz UNEP, mehr Bedeutung bekommen.
Als die UNEP Anfang der siebziger Jahre ins Leben gerufen wurde, fanden Umweltthemen weltweit kaum Beachtung. Das Programm bestand anfangs aus einem Rat ständig wechselnder Staaten und musste regelmäßig verlängert werden. Der UNEA wird nun von allen 193 UN-Mitgliedstaaten getragen. Ihre Delegierten werden sich jedes Jahr in der kenianischen Hauptstadt Nairobi versammeln. Die Erwartungen sind enorm.
„Historische“ Versammlung
„Endlich wird das Thema Umwelt auf die gleiche Stufe mit Frieden, Sicherheit, Wirtschaft, Gesundheit und Handel gestellt“, sagte der Präsident des UNEP-Büros, Hassan Abdel Hilal. Der Exekutivdirektor von UNEP, Achim Steiner, hielt das Treffen des nunmehr höchsten Organs, das sich mit Umweltfragen weltweit befasst, für „historisch“.
Umweltstaatssekretär Jochen Flasbarth, der für Deutschland zum High-Level-Segment des Treffens am Donnerstag reiste, erklärte, die UNEA habe „den Charakter eines wirklichen Welt-Umweltgipfels bekommen“. Sie besitze „eine wesentlich stärkere politische Legitimation und ihre Beschlüsse haben mehr Gewicht.“
Plastikmüll in den Ozeanen, schlampiger Umgang mit Chemikalien und Abfällen, geringe Ressourceneffizienz – in der ersten fünftägigen Sitzung wurden 16 Entscheidungen und Resolutionen zu einer Reihe von Umweltproblemen verabschiedet.
Demnach will sich die UNEA vor allem für ehrgeizige Umweltziele für die künftige weltweite Entwicklungsstrategie nach dem Jahr 2015 stark machen. Die Post-2015-Agenda soll die im Jahr 2000 festgelegten Millenniumsziele ablösen.
Als eine der größten Umweltgefahren machten die Delegierten zudem die Luftverschmutzung aus. Der Weltgesundheitsorganisation zufolge verursacht sie jedes Jahr rund sieben Millionen Todesfälle. UNEP soll einzelne Staaten beim Kampf für sauberere Luft unterstützen, Daten sammeln und Fortschritte dokumentieren.
Darüber hinaus rief UNEA Regierungen dazu auf, die Wilderei einzudämmen. Allein vergangenes Jahr wurden in Afrika mehr als 20.000 Elefanten und rund 1.000 Nashörner getötet. UNEP beziffert zusammen mit Interpol (International Criminal Police Organization) den jährlichen Gesamtwert des blutigen Handels auf 147 Milliarden Euro. Das Geschäft sei fest in den Händen von Verbrechersyndikaten. UNEP soll unter anderem die Umweltfolgen erfassen und das öffentliche Bewusstsein dafür schärfen.
UNEA ist keine WTO
Nur: Dass diese Beschlüsse tatsächlich der internationalen Umweltdebatte eine neue Dynamik bringen, sieht so mancher skeptisch. Alois Vedder, Leiter Politik beim WWF Deutschland, meint, es gebe „keinen Grund in Euphorie auszubrechen.“ Was die Verhandlungsergebnisse wert seien, werde sich „zum Beispiel in der Diskussion um die Nachhaltigkeitsziele der Post-2015 Diskussion zeigen.“
Die Vertreter des UN-Programms und seiner Mitgliedstaaten seien nun „gefordert, Bündnispartner zu finden, um der Bedeutung von biologischer Vielfalt, von Ökosystemleistungen und der Begrenzung des Klimawandels für die Bekämpfung von Armut und Hunger und für wirtschaftliche Entwicklung Rechnung zu tragen.“
Christoph Görg, der das Department Umweltpolitik am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) formuliert es so: „Es bleibt abzuwarten, ob von UNEA neue Akzente ausgehen“. Schließlich gebe es schon eine Reihe von internationalen Abkommen, etwa das zur Erhaltung der biologischen Vielfalt.
Zumeist hapere es aber an der Umsetzung vor Ort. Der Professor beobachtet seit Jahren die internationale Umweltpolitik. Dem Umweltschutz sei eher gedient, so glaubt er, wenn „sich die Vereinten Nationen darum kümmern würden, existierende Abkommen effektiv zu implementieren, anstatt neue Prozesse zu initiieren.“
Daniel Mittler, Experte für Internationales bei Greenpeace, sieht das „Umsetzungsproblem“ auch. Zwar gingen von den Beschlüssen „positive Signale“ aus. Anderes als die Welthandelsorganisation (WTO) die etwa Strafzölle verhängen kann, könne die UN-Umweltversammlung aber nur an die Mitgliedstaaten appellieren, Resolutionen ernst zu nehmen. Der UNEA fehle es an Sanktionsmöglichkeiten.
Weiterführende Informationen
Redeauszüge von Ban Ki-moon