Das Forum Nachhaltige Geldanlagen (FNG) fragte Union, SPD, FDP, Die Linke und die Grünen, wie sie nach der Wahl in der Finanzindustrie und bei Geldanlagen für mehr soziale und ökologische Verantwortung sorgen wollen. Das Magazin Ecoreporter stellt zudem ein neues Nachhaltigkeitssiegel für Banken, Anlageberatungen und für bestimmte Finanzprodukte vor.
Ingo Scheulen, Leiter der Arbeitsgruppe Beratung und Kommunikation des FNG, hat die Wahlprüfsteine mit konzipiert und zieht insgesamt eine positive Bilanz: „Das Thema Nachhaltigkeit im Finanzsektor ist kein Nischenproblem mehr, sondern bei den Parteien angekommen. Unsere Fragen sind qualifizierter beantwortet worden als noch vor vier Jahren“, sagt er.
„Insgesamt gibt es einen klaren Dissens zwischen den Parteien, was die Rolle des Staates als Vorbildfunktion bei sozial-ökologischen Geldanlagen angeht“, ergänzt Scheulen. Das FNG ist der Fachverband für Nachhaltige Geldanlagen in Deutschland, Österreich und der Schweiz mit mehr als 180 Mitgliedern wie etwa Banken, Ratingagenturen, Finanzberater oder wissenschaftliche Einrichtungen.
Union und FDP planen laut der FNG-Wahlprüfsteine nicht, nachhaltige Geldanlagen zu fördern. CDU/CSU wollen stattdessen Aufsicht und Regulierung der Finanzmärkte verbessern. Die FDP sieht in nachhaltigen Geldanlagen den Vorteil, dass einige Aspekte risikomindernd wirken können und will diese stärker bei den Kapitalvorgaben berücksichtigen. Die Linke lehnt eine steuerliche Förderung oder Subventionierung ethischer oder nachhaltiger Geldanlagen ab, da ihr der Nachweis fehlt, dass die Anlagen die Finanzierungsmöglichkeiten vorbildlicher Unternehmen verbessern.
Die Grünen wollen gesetzlich verbindliche Kriterien für nachhaltige Geldanlagen, Riester-Förderung an ethisch-ökologische Mindeststandards koppeln, die Geschäfte öffentlicher Banken entsprechend ausrichten und Finanzberater verpflichten, ihre Kunden zu fragen, ob sie eine nachhaltige Geldanlage wünschen. Die SPD fordert mehr Informationspflichten bei Geldanlagen, eine stärkere Aufsicht, die riskante Finanzprodukte verbieten darf, sowie stärkere Verbraucherschutzverbände, die Missstände aufspüren sollen.
Außerdem will die SPD die Berichtspflicht von Unternehmen zu sozialen und ökologischen Themen europaweit festschreiben. Die FDP will sich hier innerhalb der OECD abstimmen. Die Grünen wollen eine „verbindliche Ergänzung“ um Klima und Umweltindikatoren in der Berichtspflicht einführen, Die Linke eine „die gesamte Lieferkette umfassende, vergleichbare und sanktionsfähige Offenlegungspflicht“.
Das FNG hat auch konkret gefragt, ob ein Verbot der Finanzierung von Streumunition gesetzlich verankert werden soll. Die Union setzt hier auf eine Selbstbeschränkung der Finanzmärkte, die FDP auf den Druck der Zivilgesellschaft auf die entsprechenden Unternehmen. SPD und Grüne wollen ein Verbot von Investitionen in Streumunition und Personenminen, Die Linke lehnt sämtliche Rüstungsinvestitionen ab. „Was ich bei allen Parteien vermisst habe ist, wie man das Bewusstsein für die Fragen des richtigen Umgangs mit Geld in der breiten Öffentlichkeit und in der Bildung voranbringt“, sagt Scheulen.
Neues Nachhaltigkeitssiegel
Mit einem neuen Siegel versucht das Magazin Ecoreporter jetzt zudem, den Dschungel nachhaltiger Geldanlagen zu lichten. Das Siegel gibt es für Banken, Anlageberatungen und bestimmte Finanzprodukte. Das Neue dabei: „Anlageberater bekommen das Siegel nur, wenn sie überwiegend nachhaltige Finanzprodukte anbieten“, sagt Chefredakteur Jörg Weber. Banken müssen in ihrer gesamten Strategie nachhaltig ausgerichtet sein. Dadurch soll vermieden werden, dass sich Berater oder Banken einzelne „nachhaltige Inseln“ schaffen, wie es Weber nennt.
Neben festen Kriterien wie keine Investitionen in Atomkraft, Rüstung oder Kinderarbeit prüft Ecoreporter vor allem, ob die Banken oder Berater ihre eigenen Definitionen von Nachhaltigkeit einhalten: Bei Tierversuchen kann das ein Totalverbot sein, andere erlauben Investitionen in Firmen, die Tierversuche zu medizinischen Zwecken vornehmen.
Laut Weber prüft Ecoreporter bei Banken auch anonymisierte Beratungsprotokolle, um zu prüfen, ob die Geldhäuser ihre eigenen Standards einhalten. Bisher sind fünf Siegel vergeben worden, beispielsweise an die GLS-Bank oder die Bank für Kirche und Caritas. Die Prüfung ist laut Weber kostenlos, falls Banken oder andere Akteure mit dem Siegel werben wollen, werden Lizenzgebühren fällig.
Weiterführende Informationen
Wahlprüfsteine des Forums Nachhaltige Geldanlagen [pdf, 732 KB]
Siegel für nachhaltige Geldanlagen, Ecoreporter