Bis zum gemütlichen Feierabend mit Spielfilm im TV, der Web-Serie oder Kino ist es ein weiter Weg. Jede Menge Menschen sind an der Erstellung eines filmischen Produkts beteiligt. Regisseurinnen und Regisseure, Schauspielerinnen und Schauspieler, Personal, das sich um Technik, Planung und Vertrieb kümmert. Sie alle nutzen mächtig Ressourcen: zur Energieversorgung, für die Mobilität am Set, für das Catering bei den Dreharbeiten.
Dass es anders geht, zeigt Birgit Heidsiek. Vor rund acht Jahren hat sie die Initiative „Green Film Shooting” gegründet. Sie will mehr Bewusstsein für Umwelt- und Klimaschutz am Drehort schaffen. „Green Film Shooting” wurde nun als Transformationsprojekt Projekt Nachhaltigkeit 2019 der Regionalen Netzstellen Nachhaltigkeitsstrategien (RENN) und dem Rat für Nachhaltige Entwicklung (RNE) geehrt.
Doch was ist das eigentlich – grünes Drehen? „Auf jeden Fall mehr als nur Fahrgemeinschaften und Mülltrennung“, sagt Heidsiek. Am Filmset werden an vielen Ecken und Enden Ressourcen verschwendet. Und genau das will sie ändern. Das beginnt bereits bei der Planung: welche Stromversorgung wird am Drehort genutzt? Woher kommen Ausstattung, Make-Up, Bekleidung? Wie kommen alle Beteiligten ans Set? Und wo werden sie untergebracht? „Alle Bereiche können unter dem Aspekt Nachhaltigkeit betrachtet und geplant werden“, sagt Heidsiek.
Nachhaltigkeit ist planbar
So informiert „Green Film Shooting“ in einem selbstverlegten Magazin über ein umweltfreundliches Set-Design, liefert Testberichte zu klimafreundlichen Stromgeneratoren oder Kameratechnik. Ziel ist es, die Nachfrage nach solchem Equipment zu erhöhen und damit in der Branche auch zu verbreiten. Tipps gibt es auch zur Ausstattung. Anstatt auf Kleidung und Bühnenrequisiten zu setzen, die nach den Dreharbeiten entsorgt werden, kann von Anfang an eingeplant werden, dass noch brauchbare Dinge weitergegeben werden. Sogar an neue Filmproduktionen.
Zudem organisiert die Initiative international Veranstaltungen zum „grünen Drehen“ und vergibt Nachhaltigkeitszertifikate. Finanziert wird Heidsieks Projekt teilweise von der Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein, aber auch über Anzeigen, die sie in ihrem Magazin veröffentlicht.
Allerdings stoßen viele Produktionsfirmen schnell an ihre Grenzen. Die Drehtage sind begrenzt. Es muss schnell und kostensparend gearbeitet werden. Aus Heidieks Sicht muss ein grüner Dreh aber nicht zwangsläufig mehr kosten. Zum Beispiel beim Energieverbrauch. Wer ressourcenschonend plant, kann Geld sparen. Das gleicht dann auch eventuelle Mehrkosten für Verpflegung aus biologisch-dynamischen Anbau und aus der Region aus. „Nachhaltigkeit ist ein Lernprozess“, sagt Heidsiek.
Hoffen auf den Wandel
Am Anfang stieß ihr Engagement auf wenig Verständnis. Jetzt sieht die Lage ganz anders aus, vor allem in diesem Jahr. Nicht zuletzt auch durch die Fridays-for-Future-Bewegung, die 2019 dem Thema Klimaschutz weltweit neuen Antrieb verschaffte.
So hat etwa der Produzentenverband, in dem mehr als 100 unabhängige Filmproduzenten organisiert sind, im Dezember eine Freiwillige Selbstverpflichtung zur nachhaltigen Filmproduktion verfasst. Darüber verpflichten sich die Unterzeichnenden zur Einsparung von Ressourcen und zur Senkung von Emissionen. Konkret geht es darum, nur dann zu fliegen, wenn es unbedingt notwendig ist. Wenn geflogen wird, soll es eine CO2-Kompensation geben.
Beim Thema Energieversorgung soll darauf geachtet werden, dass etwa Ökostrom verwendet wird und LED-Leuchten zum Einsatz kommen. Es geht um die Verwendung von Recyclingmaterialien, die Nutzung von E-Autos für den Transport oder um das Catering am Set, das aus überwiegend regionalen und saisonalen Lebensmitteln bestehen soll, wenig Fleisch enthält und Bio-Kriterien entspricht. Dass die Maßnahmen auch umgesetzt werden, darauf achtet ein „Green Consultant“ aus dem Filmteam.
Heidsieks Ideen für ein „grünes Drehen” kommen also an, in Deutschland, aber auch international. Das Interesse in der Filmbranche nachhaltiger zu arbeiten, ist enorm gewachsen. „Es gibt Hoffnung für einen Wandel“, sagt Heidsiek.
Vier Projekte von Projekt Nachhaltigkeit 2019 wurden von einer Jury aus RENN, RNE und externen Expert*innen als Transformationsprojekte ausgewählt. Insgesamt gab es über 500 Einreichungen. Über die anderen drei Transformationsprojekte berichten wir in Kürze.