Peru gehört zu den zwölf wichtigsten Rohstofflieferanten Deutschlands. Doch der Abbau von Gold und Industriemetallen belastet Bevölkerung und Umwelt in dem Schwellenland schwer. Die Bundesrepublik heize den Raubbau mit ihrer jüngst unterzeichneten neuen Rohstoffpartnerschaft noch an, sagen Kritiker.
Der Bergbau ist für Peru von immenser wirtschaftlicher Bedeutung. Fast zwei Drittel der Exporte sind Rohstoffe; in einzelnen, entlegenen Regionen hängt fast die Hälfte der Wertschöpfung vom Bergbau ab, berichten die Deutsche Rohstoffagentur, die staatliche Exportfördergesellschaft Germany Trade&Invest und die Deutsch-Peruanische Industrie- und Handelskammer in einer gemeinsamen Studie. Umgekehrt deckt die deutsche Wirtschaft einen nicht unerheblichen Teil ihres Rohstoffbedarfs aus dem Andenstaat.
Unter den Herkunftsländern für Industriemetalle liegt Peru nach einer Übersicht der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe auf Rang zwölf. Bedeutend sind vor allem die Reserven an Kupfer, Zink, Molybdän, Zinn und Blei. Besonders in den nördlichen Regionen Cajamarca und La Libertad gibt es zudem wichtige Goldvorkommen. Seit der Zeit der spanischen Eroberer hat die Ausbeutung der Bodenschätze in Lateinamerika eine spannungsreiche Geschichte.
Umso kritischer beäugten Entwicklungsorganisationen die einjährigen Verhandlungen um das Abkommen über eine Zusammenarbeit im Rohstoff-, Industrie- und Technologiebereich zwischen Peru und der Bundesrepublik. Mitte Juli wurde es als dritte Rohstoffpartnerschaft Deutschlands unterzeichnet.
Zuvor hatte die Bundesregierung entsprechende Abkommen mit der Mongolei und Kasachstan ausgehandelt. In den Partnerschaften sichern die Vertragsstaaten deutschen Unternehmen Hilfe bei der Gewinnung von Rohstoffen zu. Umgekehrt verspricht Deutschland den Rohstoffländern Investitionen und Technologietransfer.
Schutz von indigenen Völkern bleibt unzureichend
Nach Kritik an den ersten beiden Abkommen werden in der Partnerschaft mit Peru Nachhaltigkeitsstandards besonders betont. In der Präambel werden die Leitprinzipien der Vereinten Nationen für Wirtschaft und Menschenrechte bekräftigt. Artikel 6, Absatz 4 der Partnerschaft lautet:
„Die Regierung der Republik Peru sichert nach Maßgabe ihrer internationalen Verpflichtungen die Einhaltung von internationalen Umwelt- und Sozialstandards bei der Erkundung, Erschließung, Gewinnung, Verarbeitung und Nutzung von Rohstoffen zu. Dazu gehört das Übereinkommen Nr. 169 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 7. Juni 1989 über eingeborene und in Stämmen lebende Völker in unabhängigen Ländern. Sie ergreift Maßnahmen zur Verbesserung der Energie- und Ressourceneffizienz und der umwelt- und sozialverträglichen Ausgestaltung der Erkundung, Erschließung, Gewinnung, Verarbeitung und Nutzung von Rohstoffen.“
Im Übereinkommen 169 der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) verpflichten sich die unterzeichnenden Staaten – zu denen auch Peru gehört -, die Eigentumsrechte indigener Völker an dem von ihnen besiedelten Land anzuerkennen und ihre Rechte an Bodenschätzen zu schützen.
Die Kampagne Bergwerk Peru hatte allerdings auch in den Jahren nach Abschluss des ILO-Übereinkommens von Morden an sozialen Aktivisten berichtet, die Verbesserungen für vom Bergbau betroffene Regionen erreichen wollten. Anwohner würden ihre Äcker und Häuser verlieren, Boden und Wasser durch Zyanid und Quecksilber vergiftet, die benutzt werden, um das Gold aus dem Gestein zu lösen.
Zuletzt hatte PowerShift im April dieses Jahres auf die Einschüchterung und Vertreibung von Menschen hingewiesen, die gegen den Bau einer neuen Goldmine in Cajamarca demonstriert hatten. Seit Inkrafttreten des Übereinkommens der ILO zum Schutz indigener Völker habe es in Peru im Bergbaubereich keine Konsultation indigener Gruppen gegeben, sagt der Hamburger Rohstoffexperte David Vollrath, der unter anderem das Forschungs- und Informationszentrum Chile-Lateinamerika berät. Die peruanische Zentralregierung erkenne vom Bergbau betroffene Anwohner einfach nicht als indigene Gruppen an.
Drängendstes Problem ist Wasserknappheit
Konzessionen für Bergwerksunternehmen würden wild vergeben, eine Raumplanung, bei der wie in Deutschland Umwelt- und soziale Risiken systematisch erhoben und gegen wirtschaftliche Argumente abgewogen werden, gebe es in Peru nicht, berichtet Susanne Friess von der katholischen Hilfsorganisation Misereor. Ein besonderes Problem ist der immense Wasserverbrauch der Bergwerke. Dabei leide Peru bereits unter Wasserknappheit und sei eines der fünf am meisten vom Klimawandel betroffenen Länder der Welt, beklagt Friess.
Trotz dieser Probleme weitet die peruanische Regierung den Bergbau selbst aus. Erst vor Kurzem habe die Regierung den Umweltbehörden die Kompetenz für Bergbauprojekte entzogen, berichtet Friess. Die Deutsche Rohstoffagentur schätzt, dass der Rohstoffsektor 15 Prozent zum Steueraufkommen des Staates beiträgt. Der Bergbau sichere etwa jeden siebten Arbeitsplatz. Misereor wirft der Bundesregierung vor, den Boom durch die Rohstoffpartnerschaft zu befeuern. „Das Abkommen setzt das Signal: ‘Baut den Sektor weiter aus‘“, sagt Friess.
Die im Text erwähnten Nachhaltigkeitsaspekte hält sie für zu wenig konkret und überprüfbar. So bleibe unklar, welche Umwelttechnologien deutsche Unternehmen genau liefern. „Die Intransparenz ist das größte Problem“, bestätigt Vollrath. Um den Nachhaltigkeitsanspruch mit Leben zu füllen, sei es nötig, dass deutsche Industrieunternehmen Druck auf ihre lokalen Partner ausübten.
Bergbauunternehmen müssten die Bevölkerung vor Ort, zivilgesellschaftliche Organisationen und wissenschaftliche Experten in Peru im Vorfeld von Projekten befragen und ihre Anliegen berücksichtigen. Eine Chance biete auch die Extractive Industries Transparency Initiative (EITI), eine Multistakeholder-Initiative, die im Rohstoffabkommen erwähnt wird und an der Peru beteiligt ist. Bergbauunternehmen, die in Peru tätig sind, müssen demzufolge Zahlungen an Behörden offenlegen.
Weiterführende Informationen
Rohstoffabkommen zwischen Deutschland und Peru [PDF, 139 kB]
Erläuterungen des Bundeswirtschaftsministeriums [PDF, 91 kB]
Studie „Peru – Herausforderungen und Chancen für eine nachhaltige Entwicklung im Rohstoffsektor“ der Deutschen Rohstoffagentur [PDF, 2,9 MB]
Studie „Vorkommen und Produktion mineralischer Rohstoffe – ein Ländervergleich“ der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe [PDF, 10,6 MB]
Leitprinzipien der Vereinten Nationen für Wirtschaft und Menschenrechte [PDF, 1,1 MB]
Deutscher Text des ILO-Übereinkommens 169 zum Schutz indigener Völker
Extractive Industries Transparency Initiative (EITI)
Positionen von PowerShift zur Rohstoffpolitik
Forschungs- und Informationszentrum Chile Lateinamerika
Materialsammlung von Misereor, Link zur Studie „Menschenrechtliche Probleme im peruanischen Rohstoffsektor und die deutsche Mitverantwortung“