Sie stehen für gute Arbeitsbedingungen, ökologische und soziale Standards in der Produktion und für innovative Geschäftsideen: Mit dem Deutschen Nachhaltigkeitspreis werden Firmen und Akteure geehrt, die Verantwortung für Gesellschaft und Umwelt übernehmen. Erstmals wurden auch grüne Start-ups ausgezeichnet.
Bereits zum achten Mal wurde der Deutsche Nachhaltigkeitspreis an Unternehmen, Kommunen sowie Persönlichkeiten aus der Zivilgesellschaft vergeben. Die Auswahl des Ehrenpreisträgers hätte kaum passender sein können. Für seinen Einsatz für nachhaltige Lebensbedingungen für Flüchtlinge auf der ganzen Welt zeichnete die Jury den UN-Hochkommissar für Flüchtlinge, Antonio Guterres, aus.
Bei der Preisverleihung in Düsseldorf Ende November rief er dazu auf, die Ursachen für Fluchtbewegungen auf globaler Ebene zu bekämpfen. Dabei wies Guterres auf den Zusammenhang zwischen durch den Klimawandel bedingten Naturereignissen und Bürgerkriegen hin.
„Diese Zusammenhänge werden noch nicht ausreichend untersucht und beachtet“, sagte der UN-Hochkommissar. Er plädierte dafür, humanitäre Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit stärker zu verzahnen. Der Flüchtlingspolitik Europas bescheinigte er allerdings Planlosigkeit. „Europa hat keine Strategie für die Flüchtlinge. Wir brauchen mehr legale Wege, um nach Europa zu kommen“, sagte Guterres. Das eigentliche Ziel der internationalen Gemeinschaft müsse sein, dass Migration künftig eine Option sei und keine Notwendigkeit.
Neue Maßstäbe für Nachhaltigkeit setzen
Seit 2008 wird der Deutsche Nachhaltigkeitspreis verliehen. Mehr als 800 Unternehmen, Kommunen und Vertreter aus der Forschung hatten sich in diesem Jahr beworben. Vergeben wird der Preis von der Stiftung Deutscher Nachhaltigkeitspreis in Zusammenarbeit mit der Bundesregierung, kommunalen Spitzenverbänden, Wirtschaftsvertretern sowie Organisationen aus Zivilgesellschaft und Forschung. Der Rat für Nachhaltige Entwicklung (RNE) unterstützt die Auszeichnung von Beginn an.
Den Titel für das „nachhaltigste mittelgroßes Unternehmen Deutschlands“ gewann der Hersteller von Kaffee, Tee und Gewürzen in Bioqualität, Lebensbaum. Das Unternehmen „stellt ein herausragendes Beispiel dar, wie mit Nachhaltigkeit in Perfektion die Differenzierung im Markt gelingt und damit beachtliche wirtschaftliche Erfolge erreicht werden können“, heißt es in der Begründung der Jury unter dem Vorsitz des Generalsekretärs des Rates für Nachhaltige Entwicklung, Günther Bachmann.
Besondere Anerkennung fand der Einsatz hochwertiger Rohwaren in Bioqualität oder die Hilfen für Bildungsprojekte in Mexiko oder Indien. Der Gründer und Geschäftsführer des Diepholzer Unternehmens, Ulrich Walter, bezeichnet den Preis als Bestätigung für seine Vorstellungen von der Gestaltung eines Sinn stiftenden Unternehmens. „Nachhaltigkeit ist zugegeben eine anstrengende, eine schwierige, eine komplexe Aufgabe, die mit gewohntem Denken und Handeln bricht“, sagte Walter. „Aber da, wo es gelingt, da fällt es auf.“ Für ihn braucht es mehr „Leuchttürme, die den Weg weisen“.
Soziale und Öko-Standards durchsetzen
Zu „Deutschlands nachhaltigster Marke“ wurde der Sportbekleidungshersteller Vaude ernannt. Für die Geschäftsführerin des Tettnanger Unternehmens, Antje von Dewitz, ist der Preis Bestätigung und Ansporn, ihre Unternehmensphilosophie weiter zu verfolgen. „Wir berichten transparent über unser Engagement, und unsere Produktion haben wir nach ökologischen Kriterien ausgerichtet“, sagte von Dewitz.
„All dies ist mit einem enormen Aufwand und auch zusätzlichen Kosten verbunden.“ Den Einsatz honorierte die Jury des Nachhaltigkeitspreises. „In allen Wertschöpfungsstufen wird Nachhaltigkeit in den Vordergrund gestellt“, heißt es in der Begründung. „Vaude setzt Maßstäbe für nachhaltige Produkte mit dem Green Shape Label oder für faire Arbeitsbedingungen mit dem Leader Status der Fair Wear Foundation.“
Geschäftsführerin von Dewitz hofft nicht nur in ihrer Branche, sondern auch darüber hinaus Standards zu setzen. In diesem Zusammenhang verwies sie auf das Bündnis für nachhaltige Textilien, das von Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) initiiert wurde. Mehr als 170 Unternehmen und Verbände haben sich bisher der Initiative angeschlossen.
Es sind nicht nur mittelständische Firmen, die auf Nachhaltigkeit bauen. Den Sonderpreis „Ressourceneffizienz“ bekam der Chemieriese BASF SE. Rund 60.000 Produkte stellt der Konzern her. Besonders positiv bewertet wurde das sogenannte „Mass-Balance“-Verfahren. Dabei werden die Erzeugung und der Verbrauch von Rohstoffen und Energie verknüpft und weiter genutzt.
Durch die intelligenten Systeme verbraucht der Konzern nicht nur weniger Energie und vermeidet CO2, sondern spart bis zu einer Milliarde Euro an Kosten ein. „Die BASF hat mit ihrem Verbundkonzept über Jahrzehnte Maßstäbe für Ressourcen- und Energieeffizienz in der Branche gesetzt und so auch die eigene Wirtschaftlichkeit nachhaltig gesichert“, formuliert die Jury ihre Entscheidung für den Preis. Über die Chemiebranche hinaus sei der Verbund wichtiges Vorbild bei der Gestaltung von ressourceneffizienten, integrierten Industriestandorten national wie international.
Rückenwind für mehr Nachhaltigkeit
Die Preisträger sollen Nachahmer finden. “Wir hoffen, dass unsere Sieger noch beherzter ihren Weg Richtung Nachhaltigkeit gehen, von anderen als Vorbild erkannt und durch Geschäftserfolg belohnt werden“, sagte Stefan Schulze-Hausmann, Vorsitzender der Stiftung Deutscher Nachhaltigkeitspreis. „Der Preis soll Rückenwind und Lichtkegel gleichermaßen sein: vorantreiben, beleuchten, aber auch ein Stück weiter beobachten, was noch kommt."
Für Schulze-Hausmann ist das auch ein Grund dafür, warum in diesem Jahr erstmals grüne Gründer ausgezeichnet wurden. Für den Next Economy Award (NEA) haben sich 175 Unternehmen beworben. Die Stiftung hat den Preis gemeinsam mit dem Bundeswirtschaftsministerium, dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) und dem Rat für Nachhaltige Entwicklung vergeben.
In einem Live-Pitch mussten 13 Start-ups die Jury überzeugen, um einen der Preise in den Kategorien „Food“, „Renewables“, „Resources“ und „Digitality“ zu bekommen. Gewonnen haben außergewöhnliche Ideen für nachhaltige Geschäftsmodelle, die sich auch am Markt durchsetzen könnten.
Zu den vier Siegern gehört etwa Apisystems aus München. Die Macher hinter dem Start-up haben eine „Bienensauna“ erfunden, mit deren Hilfe Schädlinge im Bienenstock ausgemerzt werden. Die Wärme tötet gefährliche Milben und rettet die Bienen. Diese unbedenkliche Behandlungsmethode leiste einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der Artenvielfalt und der Ernährungssicherung, heißt es in der Begründung der Jury.
Mini-Wasserkraftwerke für alle
Zu den Preisträgern zählt auch der Anbieter von Mini-Wasserkraftwerken Aquakin. Das junge Unternehmen aus Fürth möchte mit eigens entwickelten Mini-Kraftwerken jedem Menschen die nachhaltige Erzeugung regenerativer Energie ermöglichen. Die zwei Preisträger aus Berlin haben Branchen im Blick, in denen umweltschädliche oder unsoziale Produktionsbedingungen immer wieder für negative Schlagzeilen sorgen.
„DexLeChem“ will mit einem patentierten Verfahren die chemisch-pharmazeutische Industrie grüner machen. Die Gründerin von „Design for Circularity“, Ina Budde, will mehr Licht in die Bekleidungsbranche bringen. Modelabels sollen dazu online die Textilkreisläufe verfolgen können.
Geld bekommen die Preisträger nicht für ihre Ideen, dafür eine Beratung zur Finanzierung, Medientrainings und Unterstützung für das Marketing ihrer Geschäftsmodelle. Einer, der es bereits geschafft hat, wurde mit dem Ehrenpreis gewürdigt: Benjamin Adrion, der Gründer von Viva con Agua. Ziel seiner Initiative ist es, die Trinkwasserversorgung in Kindergärten und Schulen in armen Staaten zu verbessern.