Der Ausbau von Solar- und Windanlagen soll billiger werden. Die Idee dazu: Die Fördersätze für Erneuerbare Energien-Anlagen werden künftig nur noch über Ausschreibungen ermittelt. Der erste Praxistest ist abgeschlossen. Das Bundeswirtschaftsministerium lobt die „Akzeptanz des neuen Instruments“. Aber es gibt auch andere Reaktionen.
Bisher ist es nur ein Versprechen der Regierung: Mehr als 20 Milliarden Euro jährlich überweisen Stromkunden derzeit für die Förderung erneuerbaren Stroms. An dieser staatlich garantierten Förderung für bestehende Anlagen kann zwar nichts mehr geändert werden, doch beim künftigen Ausbau soll der Verbraucher entlastet werden. In den Worten des Bundeswirtschaftsministeriums: die Energiewende soll „kostengünstig“ werden.
Deshalb soll die Förderung der Erneuerbaren Energien für Neuanlagen ab 2017 grundsätzlich geändert werden. Feste Vergütungssätze für die Stromeinspeisung – zuletzt 9,02 Cent pro Kilowattstunde bei PV-Freiflächenanlagen – wird es zwar nach wie vor geben, doch ihre Höhe wird anders ermittelt. Regelmäßig wird eine bestimmte Menge Megawatt ausgeschrieben, die bundesweit an Ökostromanlagen zugebaut werden soll.
Die Erbauer der Anlagen treten gegeneinander an und erklären, wie viel Geld sie zwanzig Jahre lang für jede produzierte Kilowattstunde brauchen, um ihre Anlagen wirtschaftlich zu betreiben. Das Motto: Wer wenig fordert, wird gefördert – und baut. Bewährt sich das wirklich?
Die Idee, auch EEG 3.0 genannt, ist erstmals getestet worden: Ausgeschrieben waren 150 Megawatt aus Photovoltaik-Freiflächenanlagen. So hat es Schwarz-Rot schon im Koalitionsvertrag angekündigt. Dort hieß es ursprünglich: Ab dem Jahr 2018 solle „die Förderhöhe über Ausschreibungen ermittelt werden, sofern bis dahin in einem Pilotprojekt nachgewiesen werden kann, dass die Ziele der Energiewende auf diesem Wege kostengünstiger erreicht werden können.“
Um Erfahrung zu sammeln, werde 2016 ein „Ausschreibungspilotmodell“ für Photovoltaik-Freiflächen-Anlagen eingeführt. Jetzt hat die Bundesnetzagentur die ersten Ergebnisse öffentlich gemacht.
Ausschreibung viermal überzeichnet
Es gingen 170 Gebote mit einem Volumen von insgesamt 715 Megawatt ein. Zwar wurden rund 37 Gebote wegen Formfehlern ausgeschlossen, doch das Ausschreibungsvolumen war trotzdem vierfach überzeichnet. Am Ende bekamen 25 Bieter einen Zuschlag. Diese forderten im Schnitt pro Kilowattstunde 9,17 Cent. Der niedrigste Preis lag bei 8,48 Cent, der höchste bei 9,43. Das Gros der Anlagen mit insgesamt 121 Megawatt soll auf alten Militärflächen errichtet werden, der Rest von 36 Megawatt auf Seitenrandstreifen entlang von Autobahnen und Schienenwegen.
Für die Bundesnetzagentur ist klar, dass „echter Wettbewerb stattgefunden“ hat. Das kleinste geförderte Gebot mache nur ein Megawatt aus. Dies zeige, dass auch „Gebote mit kleinem Gebotsumfang erfolgreich sein können.“ Und das Bundeswirtschaftsministerium erklärte: „An der Ausschreibung beteiligten sich eine große Vielzahl und Vielfalt von Akteuren. Die hohe Beteiligung zeigt die Akzeptanz des neuen Instruments.“
Besonders kritisch äußerte sich derweil Julia Verlinden, Sprecherin für Energiepolitik der grünen Bundestagsfraktion. Sie spricht von einem „zweifelhaften und bürokratischen“ Instrument. Der Ausbau der Erneuerbaren Energien werde „weder einfacher noch billiger“. Auch könne von einer Akteursvielfalt keine Rede sein – „zumal nach Auskunft der Bundesnetzagentur 40 Prozent der bezuschlagten Menge an einen Bieter gehen.“
Der Solarstrom wurde in der ersten Ausschreibungsrunde teurer
Tatsächlich lagen am Ende die Kosten für eine Kilowattstunde Solarstrom über der bisher geltenden Vergütung. Von vier Genossenschaften, die sich beworben haben, ist keine zum Zuge gekommen.
Patrick Graichen vom Think Tank Agora Energiewende mahnt dennoch zur Geduld. Zwar wünscht er sich eine starke Beteiligung der Bürger beim Umbau der Energieversorgung, aber er meint: „Das war jetzt aber eine besondere Situation.“ Die Fördersätze für Freiflächen-Solaranalgen sind in den letzten Jahren stark gesunken, sie galten kaum noch als wirtschaftlich.
Graichen: „Da hat manches große Unternehmen einfach alte Pläne aus der Schublade geholt und jetzt eine neue Chance bei einem etwas höheren Preis gesehen.“ Im Grunde könnten aber auch Genossenschaften bei einem Preis von 9,02 Cent pro Kilowattstunde mithalten. „Die nächsten Runden gehen sicher anders aus“, meint Graichen.
Wer in der Ausschreibungsrunde kein Glück hatte, könne es bei der nächsten versuchen, schreibt auch die Bundesnetzagentur: Bis zum 1. August 2015 können Gebote für eine 150-Megawatt-Auktion abgegeben werden, bis zum 1. Dezember läuft dann die 3. Ausschreibung, bei der 200 Megawatt versteigert werden.
Weiterführende Informationen
Ergebnis Pilotausschreibung [pdf, 3,9 MB]