Eine der umfassendsten Bestandsaufnahmen über Umweltbildung wurde Ende der 90er-Jahre von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt in Auftrag gegeben. Die Nachfolgestudie „Außerschulische Bildung für nachhaltige Entwicklung – Methoden, Praxis, Perspektiven“ untersucht die thematische Erweiterung dieses Pädagogikgebietes seit der Jahrtausendwende. News Nachhaltigkeit sprach mit einem der Studienautoren, dem Pädagogen Horst Rode vom Arbeitsbereich “Kommunikation & Nachhaltige Entwicklung” der Leuphana Universität Lüneburg.
Herr Rode, Sie haben in Ihrer Studie untersucht, wie sich die Angebote zur Bildung für nachhaltige Entwicklung seit der Jahrtausendwende verändert haben. Was sind die Ergebnisse?
Horst Rode: Wir können zunächst einmal sagen, es gibt Bildung für nachhaltige Entwicklung häufiger und an mehr Standorten. Dieser Prozess geht langsam, uns sogar zu langsam, aber es geht voran. Auf der inhaltlichen Seite wurden globale und lokale Aspekte stärker miteinander verknüpft und auch die sozialen, kulturellen und ökonomischen Dimensionen der Nachhaltigkeit. Wir haben auch festgestellt, dass partizipative Formate, die Teilnehmer aktivieren, auf dem Vormarsch sind.
Sie haben sich auf die außerschulische Bildung konzentriert. Was sind die wichtigsten Anbieter und welche Veränderungen gab es in jüngster Zeit?
Die Volkshochschulen sind immer noch ein großer Anbieter und wir haben nach wie vor leider viele, die Nachhaltigkeit unter ferner liefen behandeln. Bildung für nachhaltige Entwicklung hat sich in Deutschland aber ganz stark in der Arbeitsgemeinschaft Natur- und Umweltbildung etabliert. Sehr aktiv geworden sind in diesem Bereich auch die Träger der politischen und der entwicklungsbezogenen Bildung. Eine-Welt-Läden und die im Entwicklungspolitikverband Venro zusammengeschlossenen Initiativen sind da sehr rege. In der Umweltpolitik sind das die großen Organisationen wie der Nabu und der BUND. Einige Anbieter stehen auch unter staatlicher Trägerschaft wie das Netzwerk der BNE-Schulen in Rheinland-Pfalz.
Haben sich seit der Jahrtausendwende die Zielgruppen verändert?
Schüler und allgemein Kinder sind immer noch wichtige Zielgruppen. Nach wie vor sehr wenig berücksichtigt werden aber aktive Senioren. Auch im Bereich der Migranten haben wir sicher noch Potenzial. Beide Gruppen sind an Bildung für nachhaltige Entwicklung interessiert und vor dem Hintergrund des demografischen Wandels sollten sie stärker berücksichtigt werden.
Was können die Bildungsträger noch verbessern?
Sie sollten Bildung für nachhaltige Entwicklung nicht als Thema für einzelne Veranstaltungen verstehen, sondern als Prinzip, unter dem sich eine breite Palette von Themen bearbeiten lässt. Das erfordert einiges an Offenheit und andere Schwerpunkte in der Ausbildung von Lehrkräften – speziell im Referendariat an den Schulen. Versuche dazu gibt es, es bleibt aber noch einiges zu tun bei den Fortbildungen von Lehrkräften in der außerschulischen Bildung.
In dieser Woche wurde ein Projekt mit dem Deutschen Naturschutzpreis ausgezeichnet, in dem sich Menschen mit geistiger Behinderung mit Menschen ohne Behinderung im Naturschutz engagieren. Sind sie noch auf andere innovative Bildungsprojekte gestoßen?
Ich muss da gar nicht so weit gucken: Hier in Lüneburg hat es ein Projekt gegeben, bei dem Naturlehrpfade mit einem GPS-System und Informationen auf mobilen Telekommunikationsgeräten erschlossen wurden. Und da ich gerade Senioren erwähnt hatte: Es gibt Projekte für generationenübergreifendes Lernen und verschiedene andere Kooperationen. Es gibt also eine ganze Reihe von innovativen Formaten, aber das sind eher noch Inselangebote.
Das Gespräch führte Manuel Berkel.
Weiterführende Informationen
Außerschulische Bildung für nachhaltige Entwicklung, 208 Seiten, oekom verlag München, 2013, ISBN-13: 978-3-86581-450-0