So lässt sich Nachhaltigkeit erzählen

Das strengste internationale Siegel für öko-soziale Holzwirtschaft, das FSC-Siegel, macht vor, wie sich mit wenig Aufwand, aber wirkungsvoll Öffentlichkeitsarbeit machen lässt. Für sein Storytelling ist es als Transformationsprojekt 2020 von RENN.süd ausgezeichnet worden.

Es sei eine „schöne Art“, Menschen im digitalen Zeitalter eine gute Geschichte über das Gute zu erzählen. Am Ende habe es „vielleicht einen Tag gebraucht.“ – Das sagt Lars Hoffmann, der Sprecher des ältesten Siegels für nachhaltige Waldnutzung, FSC, das bereits 1993 von Waldbesitzer*innen, Händler*innen, Umweltschützer*innen und Menschenrechtler*innen gegründet wurde. Sie wollten dem Verschwinden der Urwälder etwas entgegensetzen. Das Kürzel steht für „Forest Stewardship Council“.  Hoffmann beschäftigt sich seit langem damit, wie sich zeigen lässt, was für einen Unterschied es macht, wenn Verbraucher*innen Papier, Möbel und Terrassenplanken aus FSC-zertifizierter Produktion kaufen. Das Siegel bekommen nur Forstfirmen, die ökologische und soziale Standards einhalten. Einmal im Jahr werden sie von unabhängigen Kontrolleur*innen besucht.

Regen prasselt auf die rote Tropenerde, es donnert, ab und zu zwitschert ein Vogel – verschiedene Bilder reihen sich aneinander, sie versetzen die Zuschauenden in das kongolesische Dorf Pokola mitten im Wald. Dort arbeite das FSC-zertifizierte Holzunternehmen CIB, es unterhalte ein rund 1000 Kilometer langes Straßennetz, betreibe auch ein Krankenhaus. So steht das – ähnlich wie auf den großen Fotoseiten eines Magazins – auf den Bildern der interaktiven Geschichte. Nur ist kein Blättern nötig. Man scrollt auf seinem PC, Laptop oder Handy einfach nach unten. Nach und nach tauchen die Bilder auf.

Ein Blick in ein Krankenhaus etwa. Häppchen für Häppchen werden die großen Zusammenhänge beschrieben. Dass die medizinische Versorgung im restlichen Land sehr begrenzt sei, die Republik Kongo zu den 25 Staaten weltweit mit der höchsten Müttersterblichkeitsrate gehöre. Dass der Zugang zu Bildung oft nicht gegeben sei, darum Schulen gebaut würden. Dass die Firma mit der lokalen Bevölkerung zusammenarbeite, sie nicht außen vor lasse.

„Wirkungsvolles“ Format

Dieses – Expert*innen reden vom “Storytelling” oder auch “Scrollytelling” – ist weit mehr als etwa eine Pressemitteilung oder ein Infoblatt. Es ist ein besonderes, Hoffman sagt „wirkungsvolles“ Format. Das sahen der Rat für Nachhaltige Entwicklung (RNE) und die vier Regionalen Netzstellen Nachhaltigkeitsstrategien (RENN) ähnlich: Sie zeichneten die Geschichte als Transformationsprojekt unter den Gewinnern von Projekt Nachhaltigkeit 2020 aus. Sie sei ein „strahlkräftiges Beispiel“, sagt Silke Sesterhenn von RENN.süd, wie „Nachhaltigkeit in die Gesellschaft getragen werden kann.“

Und wie lässt sich mit Kritik umgehen? Im Kongobecken wachsen nach Amazonien die zweitgrößten zusammenhängenden Regenwälder der Erde, der Artenreichtum gilt als einzigartig, die Bedeutung für das Weltklima als immens. Umweltschützer wie der Greenpeace-Waldexperte Christoph Thies meinen, die Regionen mit den letzten intakten Urwäldern sollten grundsätzlich verschont bleiben. Er sagt: „Hier darf gar keine industrielle Waldwirtschaft stattfinden – wenn überhaupt, ausschließlich für den Bedarf der umliegenden Gemeinden.“ Der FSC sei zwar immer noch das einzige glaubwürdige Siegel für ökologische Waldwirtschaft, betont Thies. Wegen der Urwälder sei Greenpeace aber 2018 nach 25 Jahren Mitgliedschaft aus dem FSC ausgetreten.

Gute Bilder gefragt

Hoffmann kennt die Vorwürfe alle. Doch er hält dagegen, dass der Wald für viele Volkswirtschaften die wichtigste Ressource sei. Entschieden sich Regierungen dafür, den Wald zu nutzen, sage der FSC: „Macht das lieber mit uns und unseren ökologischen und sozialen Standards“. Und in der Geschichte gehe es allein darum, den Unterschied zur herkömmlichen Forstwirtschaft zu zeigen.

Bleibt noch die Frage, wie das eigentlich alles technisch funktioniert. Hoffmann arbeitet mit dem Tool Pageflow. Das stammt vom Westdeutschen Rundfunk, dem WDR. Es gebe aber viele verschiedene Plattformen und Möglichkeiten, um gute Geschichten mit Schrift und Bild zu erzählen, sagt er. Die Preise variierten. Entscheidend sei aber vor allem eins – gute Bilder.

Projekt Nachhaltigkeit

„Projekt Nachhaltigkeit“ (zuvor „Werkstatt N“) zeichnet Initiativen und Projekte aus, die sich für eine nachhaltige Entwicklung in der gesamten Breite der Gesellschaft einsetzen. Das etablierte Qualitätssiegel wird auch in 2021 von den vier RENN (Regionale Netzstellen Nachhaltigkeitsstrategien) in Kooperation mit dem RNE (Rat für Nachhaltige Entwicklung) verliehen.

Mehr unter www.projektnachhaltigkeit.renn-netzwerk.de und www.renn-netzwerk.de