Stadt-Aktion mit Modellcharakter: Vom Upcycling bis zum Unverpacktladen

Klima- und Umweltschutz, der Kampf gegen Hunger und Armut, mehr Arbeitsschutz in Produktionsländern: Für viele Menschen sind diese Punkte kein Thema im Alltag. Die Stadt Magdeburg will zeigen, dass sie wichtig sind und wie man sie berücksichtigen kann.

Nachhaltigkeit ist kein abstraktes Thema, sondern lässt sich im Alltag umsetzen. Um zu zeigen, wie das funktionieren kann, wird es in Magdeburg eine „Lange Woche der Nachhaltigkeit“ geben. Rund 70 Veranstaltungen sind vom 1. bis 11. Juni geplant. „Wir wollen zeigen, wie ein Leben innerhalb der Grenzen des Planeten heute und auch für zukünftige Generationen möglich ist”, sagt Franziska Körner vom Netzwerk Zukunft Sachsen-Anhalt. Die Initiative koordiniert die Veranstaltungen und ist eine von insgesamt 20 Partnerorganisationen der Regionalen Netzstellen Nachhaltigkeitsstrategien (RENN), deren Leitstelle beim Rat für Nachhaltige Entwicklung (RNE) angesiedelt ist. An der „Langen Woche“ sind Vertreter aus verschiedenen Bürgerinitiativen und Vereinen, die Stadt Magdeburg, Umweltschutzorganisationen, die Universität und das Eine-Welt-Netzwerk beteiligt.
Höhepunkt ist ein großer Markt, auf dem sich die verschiedenen Initiativen vorstellen und Produkte aus lokaler Herstellung angeboten werden. Gezeigt wird zum Beispiel, wie man Verpackungsmüll reduzieren kann. Auch Vertreter von einem sogenannten Unverpacktladen machen mit. In diesem Geschäft können die Kunden die Waren lose einkaufen.
Nachhaltigkeit für alle Bürger zum Thema machen
Wichtig ist Körner neben dem Umwelt- und Klimaschutz das Thema soziale Gerechtigkeit. Anknüpfungspunkt sind für sie die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen. Chancengleichheit und die Verringerung der Kluft zwischen arm und reich ziehen sich wie eine Art roter Faden durch alle Zielvorgaben der UN. Was weit entfernt  klingt, hat auch viel mit der Lebenswirklichkeit der Menschen in Sachsen-Anhalt zu tun. „Auch in der Region gibt es wirtschaftlich schwache Gebiete. Armut ist hier ein Thema”, sagt Körner.
Ein Schwerpunkt auf der Veranstaltungswoche wird der Aspekt Textilien sein. Unter anderem wird es ein „Klamottenkarussel“ geben, also einen Treffpunkt, an dem die Besucher gegenseitig Kleidung tauschen können. Geplant ist zudem ein Workshop zum „Upcycling” – das heißt, aus alten Hosen, Blusen oder Shirts werden neue Teile gemacht. Die Veranstalter wollen den Besuchern bewusst machen, welche Folgen der eigene Konsum hat.
Für Sabine Gerhardt, wissenschaftliche Referentin beim Rat für Nachhaltige Entwicklung (RNE) hat die Aktion in Magdeburg Modellcharakter. „Damit erreicht man viele Menschen in der Region“, sagt Gerhardt, die verantwortlich ist für die Regionalen Netzstellen Nachhaltigkeitsstrategien (RENN). Sie hofft, dass die Deutschen Aktionstage Nachhaltigkeit auch mit Hilfe der RENN-Partner noch stärker regional verankert werden und dass die Aktion in Magdeburg viele Nachahmer in anderen Städten und Bundesländern findet. „Vor Ort können die Verantwortlichen viel bewegen“, sagt Gerhardt.
Das Thema Nachhaltigkeit sollte mitten im Leben der Bürger seinen Platz finden, davon ist Körner vom Netzwerk Zukunft überzeugt: „Man kann auch kommunal oder lokal anfangen, um nachhaltig und sozial gerecht zu leben.“ Mit ihren Veranstaltungen wollen die Initiatoren möglichst viele Menschen aus allen Altersgruppen ansprechen, vor allem auch die, die sich bisher weniger mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinandergesetzt haben. Körner setzt dabei auf die unterschiedlichsten Veranstaltungsformate: Filmvorstellungen, Workshops, Vorträge an der Universität oder Angebote für Familien. „Jeder kann seinen Alltag nachhaltig gestalten”, sagt Körner.
Ideengeber und Unterstützer zusammenbringen


Die Veranstalter wollen das Engagement in Sachen Nachhaltigkeit in Magdeburg und Sachsen-Anhalt sichtbar machen und Interesse wecken. Ideen und Unterstützer gibt es bereits viele. Die Nachhaltigkeitswoche soll auch dazu beitragen, einzelne Akteure zu vernetzen und Aktionen künftig besser zu koordinieren. Schon jetzt rechnet das Netzwerk Zukunft mit hohen Besucherzahlen. Spätestens 2019 soll es eine Folgeveranstaltung geben.
Die Aktion in Magdeburg findet zeitgleich und ergänzend zu den Deutschen Aktionstagen Nachhaltigkeit statt. Weit über 1.000 Veranstaltungen wird es bundesweit zwischen dem 30. Mai und 5. Juni geben. Ideengeber für die Aktionstage war der Rat für Nachhaltige Entwicklung (RNE). Anlässlich der UN-Konferenz über nachhaltige Entwicklung 2012 wurde die Initiative ins Leben gerufen.
Mitmachen können Privatpersonen, Unternehmen, Behörden, Ministerien, Verwaltungen, Schulen, Kindergärten, Kirchen oder soziale Einrichtungen. Alle diejenigen sind gefragt, die zeigen wollen, was Nachhaltigkeit ganz praktisch bedeutet. Die Aktionstage finden im Rahmen der Europäischen Nachhaltigkeitswoche statt. Deutschland, Frankreich und Österreich stellten 2014 beim Rat der EU-Umweltminister diese Idee für eine EU-weite Nachhaltigkeitsaktion vor, die seitdem jedes Jahr stattfindet.