Während EU-Kommission und EU-Rat auf ein neues Ziel für die Energieeinsparung im Zeitraum 2020 bis 2030 verzichten wollen, zeigt eine Studie unter Mitarbeit von Agora Energiewende die potentiellen Vorteile einer Strategie zur Stromeinsparung durch Erhöhung der Energieeffizienz.
Bis spätestens Ende Oktober 2014 will der Europäische Rat eine Entscheidung über die Energie- und Klimapolitik zwischen 2020 und 2030 treffen. Nach dem gegenwärtigen Stand wird dieser Politikrahmen Ziele für die Verringerung des Ausstoßes von Treibhausgasen und den Anteil der erneuerbaren Energien enthalten, nicht aber für die Steigerung der Energieeffizienz.
Vier energie- und klimapolitische Ziele für den Zeitraum 2020 bis 2030 nannte der Europäische Rat vom 20./21.3.2014. Die Regierungen der Mitgliedsstaaten wollen gemeinsam gleichzeitig erschwingliche Energiepreise, die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie, Versorgungssicherheit und vorbeugenden Klimaschutz gewährleisten.
Die Verringerung des Ausstoßes klimaschädlicher Gase soll erreicht werden, indem die Energieeffizienz steigt und der Anteil der erneuerbaren Energien wächst. Außerdem betonten die Regierungen, den Emissionshandel refomieren zu wollen.
Den Mitgliedsstaaten soll mehr Flexibilität dabei eingeräumt werden, wie sie diese Ziele verwirklichen. Vor dem Hintergrund der Ukraine-Krise beschloss der Rat, die Abhängigkeit von russischem Erdgas zu senken und die Gasimporte möglichst vermehrt aus anderen Quellen zu decken.
EU-Rat vertagt Entscheidung zu 2030-Zielen
Dass die im März 2007 beschlossenen, gegenwärtig gültigen Klima- und Energieziele der EU bestehen bleiben, bekräftigte der Rat. Bis 2020 beabsichtigt die EU, den Ausstoß von klimaschädlichem Gasen um 20 Prozent gegenüber 1990 zu reduzieren, sowie die Energieeffizienz und den Anteil der erneuerbaren Energien um jeweils 20 Prozent zu steigern.
Laut Vorschlag der EU-Kommission von Ende Januar 2014 sollen die klimaschädlichen Emissionen bis 2030 um weitere 20 Prozent sinken, wobei den einzelnen Staaten konkrete Ziele zugeordnet werden sollen. Für den Anteil der erneuerbaren Energien strebt die Kommission ein EU-weites Ziel von nur 27 Prozent an, das nicht mit konkreten Verpflichtungen für die Mitgliedsstaaten verbunden wäre. Ein Ziel für die Steigerung der Energieeffizienz ist im Vorschlag 2020-2030 nicht mehr enthalten.
Germanwatch-Geschäftsführer Christoph Bals kritisierte unter anderem, dass der Europäische Rat die endgültige Entscheidung über den Energie- und Klima-Rahmen von seiner Tagung im Juni 2014 auf die nachfolgende Tagung im kommenden Oktober verschoben habe. „Die EU gefährdet durch Aufschub und fehlende Ambition massiv das neue globale Klimaabkommen, das 2015 in Paris verabschiedet werden soll“, erklärte Bals.
Bliebe die EU bei ihrem gegenwärtigen Plan, würden ihre Vertreter am bevorstehenden Klimagipfel der Vereinten Nationen im September 2014 in New York möglicherweise ohne konkretes Treibhausgas-Minderungsziel für 2030 teilnehmen, so Germanwatch. Dies gefährde den Erfolg des New York-Gipfels, weil die anderen Staaten nicht zu eigenen, ehrgeizigeren Zielen angespornt würden.
Währenddessen haben die Denkfabrik Agora Energiewende, die European Climate Foundation und das Regulatory Assistance Project die gemeinsame Studie „Positive Effekte von Energieeffizienz auf den deutschen Stromsektor“ vorgelegt.
Die Organisationen wollen die These untermauern, dass die Potenziale eines sparsameren Umgangs mit Energie, in diesem Falle Elektrizität, kaum ausgeschöpft werden. So ist die Studie auch als Plädoyer in Richtung EU zu lesen, mehr auf dem Feld der Energieeffizienz zu ackern.
20 Milliarden Euro Spartpotenzial – im Jahr
„Die Steigerung der Energieeffizienz senkt die Kosten des deutschen Stromsystems deutlich“, heißt es in der Studie. Gehe beispielsweise der Stromverbrauch in Deutschland bis 2035 um 35 Prozent zurück, so spare dies bis zu 20 Milliarden Euro jährlich. Man müsse weniger neue Kraftwerke errichten, weniger zusätzliche Stromleitungen bauen und weniger Brennstoffe importieren.
Parallel zu diesen Einsparungen sinke auch der Ausstoß klimaschädlichen Kohlendioxids erheblich. Die Verfasser der Studie haben für Deutschland fünf Szenarien bis 2050 untersucht, die unterschiedliche Anstrengungen zur Energieeffizienz beinhalten.
In der ehrgeizigsten Variante wurde ein Rückgang des Endenergiestromverbrauchs von 40 Prozent bis 2050 angenommen. Dabei sänken die Gesamtkosten des deutschen Stromsystems um bis zu sieben Milliarden Euro jährlich im Vergleich zu heute. Agora weist daraufhin, dass dieses Ergebnis zustandekomme, obwohl dafür der Einsatz erneuerbarer Energien massiv zunehme. Langfristig koste Ökostrom nicht zusätzliches Geld, sondern spare Kosten, lautet die These.
Im Gegensatz zu diesen Möglichkeiten fallen die von der Bundesregierung geplanten Maßnahmen bescheiden aus. Zwar soll in diesem Jahr ein Nationaler Aktionsplan Energieeffizienz erarbeitet werden, doch stehen dafür keine zusätzlichen Mittel im Bundeshaushalt zur Verfügung.
Weiterführende Informationen
Beschluss des EU-Rates vom 21. März zur Gasversorgung [pdf, 140 KB]
Vorschlag EU-Kommission Klima- und Energieziele 2030, Januar 2014 [pdf, 174 KB]
Kritik von Germanwatch an Aufschub der Entscheidung über Energie- und Klimapaket
Studie der Agora Energiewende zur Energieeffizienz [pdf, 2,8 MB]