Die US-Umweltbehörde EPA will neuen Kohlekraftwerken strenge Grenzwerte für den Ausstoß des Treibhausgases COââ??â?? vorschreiben. Kohlemeiler, die derzeit für ein Viertel des COââ??â??-Ausstoßes in den USA verantwortlich sind, könnten in den USA dann zukünftig nur noch gebaut werden, wenn das Kohlendioxid aus den Schornsteinen abgeschieden und unter die Erde gepresst wird. Kommt damit aus Kostengründen das faktische Aus für Kohlekraftwerke?
Barack Obama war in seinen beiden Wahlkämpfen für das Amt des US-Präsidenten für mehr Klimaschutz eingetreten. Zuletzt präsentierte er im Juni seinen Klima-Aktionsplan, in dem er „weniger schmutzige Energie“ forderte. Die staatliche Environment Protection Agency (EPA) forderte er auf, der Elektrizitätswirtschaft strengere Grenzwerte für den Ausstoß von Treibhausgasen vorzuschreiben.
In den USA ist der Pro-Kopf-Ausstoß von COââ??â?? deutlich höher als in anderen Ländern. Während es 2010 in den Vereinigten Staaten 17,3 Tonnen pro Jahr waren, lag Deutschland mit 9,3 Tonnen pro Kopf weit dahinter, in Staaten, die nicht der Organisation for Economic Co-operation and Development (OECD) angehören, waren es durchschnittlich sogar nur drei Tonnen pro Einwohner.
Die EPA arbeitet bereits seit 2009 an strengeren Standards, nachdem der Oberste Gerichtshof der Behörde das Recht zugesprochen hatte, Kohlendioxid als Luftschadstoff nach dem Clean Air Act einzustufen. Für den US-Präsidenten war der Richterspruch eine willkommene Gelegenheit, mehr Klimaschutz auf dem Verwaltungsweg und ohne die Notwendigkeit einer Abstimmung durch den Senat durchzusetzen. Pläne von Obamas demokratischer Partei für ein Klimaschutzgesetz scheitern seit Jahren an den Republikanern im Senat.
In den USA kommen 37 Prozent des Stroms aus Kohlemeilern, diese Erzeugungsart ist für ein Viertel des COââ??â??-Ausstoßes in den Vereinigten Staaten verantwortlich, die gesamte Energiewirtschaft ist der Hauptverursacher vor den Sektoren Verkehr und Industrie. Einen ersten Vorschlag für COââ??â??-Grenzwerte hatte die EPA bereits im März 2012 veröffentlicht. Nach einer langen Konsultation veröffentlichte die Behörde nun am 20. September etwas weniger strenge Grenzwerte.
Klimarat empfiehlt CCS
Künftig sollen Kohlekraftwerke nur noch 453 Gramm COââ??â?? pro Kilowattstunde Strom ausstoßen dürfen (bisher liegen die Werte zwischen 750 und 1200 Gramm). Auch diese Werte können aber weder Steinkohle- noch Braunkohlekraftwerke auf konventionellem Weg erreichen.
Neue Meiler dürften nach den EPA-Standards nur noch mit der sogenannten CCS-Technologie gebaut werden. Dabei wird das Kohlendioxid aus dem Rauchgas abgeschieden und in unterirdische Hohlräume gepresst. Der COââ??â??-Ausstoß der Kraftwerke wird durch das CCS-Verfahren sogar erhöht. Trotzdem ist die Technologie für den UNO-Klimarat IPCC ein Mittel zum Klimaschutz, solange es gelingt, das Kohlendioxid von der Atmosphäre abgeschlossen unter der Erde zu lagern.
Gegen die EPA-Pläne kann die Öffentlichkeit nun zwei Monate lang Einwände geltend machen. Endgültig veröffentlicht werden könnten die Grenzwerte im Herbst 2014. Industrievertreter deuteten in US-Medien allerdings bereits Klagen gegen die neuen Vorschriften an. Nach ihrer Argumentation könnten Kraftwerksbetreiber nach dem Clean Air Act nicht zur Nutzung des CCS-Verfahrens gezwungen werden, weil es noch nicht ausreichend erprobt und unzumutbar teuer sei.
Die amerikanischen COââ??â??-Grenzwerte haben für die deutsche Klimaschutzdiskussion eine Signalwirkung. In Europa soll eigentlich der Handel mit Emissionszertifikaten Anreize setzen, in COââ??â??-arme Technologien wie Gaskraftwerke und nicht in Kohlekraftwerke zu investieren.
Der Zertifikatepreis ist allerdings seit Jahren sehr niedrig, selbst vorsichtige Korrekturmaßnahmen werden im Europäischen Rat seit Monaten unter anderem von Deutschland blockiert. Der Anteil der Braunkohleverstromung war deshalb im vergangenen Jahr so hoch wie zuletzt 2004.
Situation in Deutschland
Umweltverbände fordern seit langem auch für Deutschland zusätzlich ähnliche Regeln, wie sie die EPA für die USA plant. Der Nabu will neue Kohlekraftwerke nur mit CCS-Technologie zulassen, der BUND und die DUH fordern einen kompletten Neubaustopp für Kohlemeiler. Sie befürchten durch das Verpressen von COââ??â?? in den Untergrund negative Umweltfolgen wie die Versalzung von Grundwasser.
„Wir können es uns aus Klimaschutzgründen nicht mehr leisten, neue Kohlekraftwerke zu bauen“, sagt Jürgen Quentin von der DUH. Ein Verbot neuer Kohlekraftwerke wird in Deutschland allerdings durch das Europarecht erschwert. Nach der Industrieemissionsrichtlinie darf die Genehmigung von Kraftwerken nicht wegen Emissionen untersagt werden, die unter den Emissionshandel fallen.
Die DUH hält eine Änderung des deutschen Bundesimmissionsschutzgesetzes trotzdem für möglich. Sie begründet die nationale Gesetzgebungskompetenz mit dem umweltrechtlichen Vorsorgeprinzip aus dem Vertrag über die Arbeitsweise der europäischen Union.
Die Grünen wollen neue Kohlekraftwerke nicht durch nationale COââ??â??-Grenzwerte verhindern, sondern durch vorgeschriebene Mindestwirkungsgrade. Dieser Wert beschreibt die Effizienz eines Kraftwerks, er gibt an, wie viel der in einem Brennstoff enthaltenen Energie in Strom umgewandelt wird.
Neue Kohlekraftwerke kommen lediglich auf einen Wirkungsgrad von etwa 45 Prozent. Den von den Grünen geforderten Mindestwert von 58 Prozent erreichen nur Gaskraftwerke. Durch einen niedrigeren Mindestwirkungsgrad für Bestandsanlagen wollen die Grünen schrittweise sogar besonders alte Kraftwerke vom Markt drängen.
Weiterführende Informationen
Themenseite der EPA zu COââ??â??-Grenzwerten
Vorschlag der EPA zu COââ??â??-Grenzwerten, [PDF, 1 MB]
Mitteilung der DUH und des BUND zu einem möglichen Verbot von Kohlekraftwerken in Deutschland
Hintergrundpapier Kohlepolitik des Nabu [PDF, 177 kB]
Gesetzentwurf der Grünen-Bundestagsfraktion zu Mindestwirkungsgraden vom 2.12.2009 [PDF, 111 kB]