Die USA und China einigen sich darauf, Technologien zu entwickeln, um die Klimabelastungen durch die Verbrennung von Kohle zu mäßigen. Ihre Idee: CO2 wird abgeschieden und dann industriell genutzt. Erste Durchbrüche gibt es dazu bereits, auch in Deutschland. Umweltstaatssekretär Jochen Flasbarth: Option für Länder, die die Kohle weiter nutzen.
Die USA und China werden gemeinsam neue Techniken zur Abscheidung des Klimagases CO2 aus Kohlekraftwerken erforschen. Darauf haben sich das Energieministerium der Vereinigten Staaten und Chinas Nationale Energie-Administration geeinigt.
Die zwei größten Wirtschaftsnationen und CO2-Emittenten der Welt setzen damit um, was sie im 2014 beschlossenen Klimapakt unter anderem angekündigt haben: die „Förderung der wichtigsten Projekte zur Abscheidung, Nutzung und Speicherung von Kohlenstoff“. US-Präsident Barack Obama bezeichnete das Abkommen damals als „historisch“.
Bürger verhindern CCS
Deutschland, so betonte SPD-Bundesumwelministerin Barbara Hendricks im Juli dieses Jahres, will bis Mitte des Jahrhunderts weg von der Kohle. Die Technik zur Abscheidung von Kohlendioxid aus Kraftwerken und unterirdischen Speicherung, dem „Carbon Capture and Storage“, kurz CCS, hat hierzulande einen schweren Stand. Der einzige CO2-Testspeicher befindet sich im brandenburgischen Ketzin, dort arbeiten Wissenschaftler des Geoforschungszentrums Potsdam. Drei weitere geplante CCS-Projekte, die unter anderem die Energiekonzerne RWE und Vattenfall geplant hatten, sind aufgrund von Bürgerprotesten gescheitert.
Zwar wird auch in China immer mehr Strom mithilfe von Sonne, Wind und Wasser erzeugt. Zudem sinkt der Energiebedarf mit dem langsameren Wirtschaftswachstum – dennoch werden auch neue Kohlekraftwerk gebaut. Allein zwischen 2010 und 2014 sei so eine Leistung von 228 Gigawatt hinzugekommen.
Diese Kraftwerke würden dreimal mehr Strom produzieren, als ein Land wie Deutschland insgesamt verbraucht. Und in den USA liegen laut den Daten, die die Heinrich-Böll-Stiftung und der Umweltverband BUND im Kohleatlas zusammengetragen haben, die größten Steinkohlevorkommen weltweit. So ist für die Regierung beider Länder die Kohlendioxid-Abscheidung interessant.
CO2 als Rohstoff
Wissenschaftler sollen an sechs bereits laufenden Pilotprojekten in China weiter forschen, und zwar zu CCU. Anders als bei der unterirdischen Verpressung von abgeschiedenem Kohlenstoffdioxid geht es bei CCU, dem „Carbon Capture and Usage“, darum, CO2 stofflich zu nutzen.
Klaus Töpfer, Exekutivdirektor des Potsdamer Nachhaltigkeitsinstituts IASS und früherer UN-Umweltprogrammchef, plädiert schon lange dafür, CO2 nicht nur als Schadstoff, sondern auch als Wertstoff zu sehen. Er sagt: „Jede Bemühung, nachhaltige Gesellschaften zu ermöglichen, muss in Kreisläufen denken.
Das haben wir bei den Abfällen begonnen und weltweit durchgesetzt. Auch bei der Nutzung von Kohle muss das gelten. Wir behandeln CO2 als Abfallstoff, der die Atmosphäre belastet, die Ozeane verändert und das Klima beeinflusst. Auch CO2 muss in Kreisläufen gesehen werden."
Seine Mitarbeiter erforschen derzeit Potenziale und Herausforderungen von CCU-Technologien für die Gesellschaft. Demnach hat die Industrie den Rohstoff bereits für sich entdeckt und „erste Durchbrüche“ erreicht. So stellt der Chemiekonzern Bayer bereits Kunststoff auf CO2-Basis her, bislang allerdings nur in einer Leverkusener Pilotanlage. Doch 2016 soll in Dormagen die kommerzielle Produktion starten, die Anlage befindet sich bereits im Bau.
100 Millionen Euro für Forschung
Auch die deutsche Regierung sieht in der CO2-Verwertung Potenziale und hat nicht nur den Chemiekonzern Bayer gefördert: Das Bundesforschungsministerium unterstützt derzeit mit 100 Millionen Euro im Programm „Chemische Prozesse und stoffliche Nutzung von Kohlendioxid“ 33 derartige Projekte.
CO2 bietet schließlich noch mehr Anwendungsmöglichkeiten. Mit Wasserstoff kann es zu Methanol oder Methan reagieren und als Energiespeicher dienen. Dieser Weg ist dann interessant, wenn der Wasserstoff mithilfe erneuerbarer Energien gewonnen wird. Das Klima retten können die Ingenieure und Chemiker aber nicht allein, dazu sind die Möglichkeiten der industriellen Nutzung zu gering.
Und Jochen Flasbarth, Staatssekretär im Bundesumweltministerium, meint: „In Deutschland sind wir mit der Energiewende schon viel zu weit. Für die Energiewirtschaft hierzulande ist CCS uninteressant. Für Länder, die absehbar noch für längere Zeit Kohle nutzen werden, ist die Weiterentwicklung von CCS dagegen eine Option, die man nicht beiseite wischen sollte."
Weiterführende Informationen
USA und China: Der Klimapakt
Kohleatlas 2015 [pdf, ]4,5 MB
CO2: Was der Stoff sein kann
CO2-Nutzung: Deutsches Forschungsprogramm [pdf, 1,7 MB]