Seit Juni 2014 liegen die Vorschläge zu den neuen, nachhaltigen Entwicklungszielen der UN auf dem Tisch. Doch noch stehen Entscheidungen zur Finanzierung, Implementierung und Überwachung der Ziele aus. Während der zweiten Verhandlungsrunde der 193 UN-Staaten in diesem Jahr in New York gab es Fortschritte bei der Formulierung einer gemeinsamen Vision.
Welcher Titel wird über der Deklaration der internationalen Staatengemeinschaft für ihre neuen Entwicklungsziele stehen? Vielleicht „Transforming our World – A Call for Global Action“, wie in einem Diskussionspapier vorgeschlagen? Eine Möglichkeit wäre auch “Leaving no one behind”, so lautete der Vorschlag einiger Delegierter in New York. Kanada wiederum schlug vor, die Frage nach einem Titel ins Internet zu stellen und gewissermaßen die gesamte Menschheit nach Vorschlägen zu fragen.
Seit Anfang des Jahres verhandeln alle 193 UN-Staaten über die neuen, nachhaltigen Entwicklungsziele (Sustainable Development Goals, kurz SDGs). Sie sollen die Ende dieses Jahres auslaufenden Millennium-Entwicklungsziele ablösen. Nach der zweiten Verhandlungsrunde bleiben noch sechs weitere Treffen im UN-Hauptquartier in New York, ehe im September die Vereinten Nationen die Entwicklungsziele bis 2030 verabschieden wollen.
In New York ging es vor allem um die Formulierung der gemeinsamen Deklaration, die später die Vision, die hinter den SGDs steht, zusammenfassen soll. Bisher liegt nur ein Arbeitspapier dazu vor, das die wichtigsten Elemente enthält. Eine Frage etwa ist, ob nachhaltige Entwicklung und das Ziel, die Armut auf der Welt zu beenden, als voneinander abhängig formuliert werden.
Damit würde die Deklaration die Idee formulieren, dass eine Bekämpfung der Armut ohne eine nachhaltige Entwicklung nicht möglich ist. Möglich wäre aber auch, das Ende der Armut als alleiniges, oberstes Ziel zu formulieren und nachhaltige Entwicklung als nur einen Weg, um dieses Ziel zu erreichen.
Delegierte werden zu Poeten
Zudem ging es um die Frage, wie die SDGs künftig vermittelt werden sollen. Sie sind deutlich komplexer als die Millennium-Entwicklungsziele. Gab es früher 8 Entwicklungsziele mit 18 Unterpunkten, so sind es nach momentanem Stand 17 Ziele und 169 Unterziele.
Ein niederländischer Delegierter, so schreibt es der von der Schweizer Regierung bezahlte IISD Reporting Service in einer 15-Seitigen Analyse, habe deshalb auf eine einfachere Sprache bestanden, die auch seine 13-jährige Tochter verstehe. Zwischendurch, schreibt IISD, habe der Versammlungsraum in New York einem Brainstorming für kreatives Schreiben geähnelt. Ein Delegierter wird mit den Worten zitiert: „Wir müssen den Poeten in uns allen mit in diesen Raum nehmen.“
Während es in New York noch um allgemeine Formulierungen ging, haben es die nächsten Treffen in sich. „Die neuen Entwicklungsziele werden im Prinzip aus vier Teilen bestehen: der politischen Deklaration, den Zielen, den Mitteln zur Umsetzung und dem Überprüfungsmechanismus”, erläutert Paul Ladd, Direktor des Post-2015 Teams beim Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP).
Ein Teil sind die 17 SDGs selbst, über die bereits relative Einigkeit herrscht. Vorgestellt hat sie im Juni des vergangenen Jahres die sogenannte Open Working Group, eine Arbeitsgruppe aus UN-Mitgliedsstaaten, in die jeweils drei Staaten einen gemeinsamen Vertreter entsandt haben, um die Verhandlungen zu beschleunigen. „Ich glaube nicht, dass an den 17 Zielen noch grundsätzlich etwas geändert wird. Die meisten Länder scheinen damit zufrieden zu sein“, sagt Ladd.
In den 17 Zielen gehen die alten Entwicklungsziele, die Millennium Development Goals, mit ein. Hinzu kommen vor allem ökologische Ziele, Gerechtigkeit und Wohlstand in einem nachhaltigen Sinne. Der britische Guardian hat eine gute Übersicht zu den alten und neuen Zielen online gestellt. Ladd glaubt allerdings, dass sich die 169 Unterziele noch ändern könnten.
Die Umsetzung wird entscheidend sein
Noch am Anfang der Verhandlungen allerdings stehen Teil drei und vier der Entwicklungsagenda, die im September verabschiedet werden soll. Dabei handelt es sich um die Mittel zur Umsetzung der Ziele und deren Finanzierung sowie den Überprüfungsmechanismus. „Die Verhandlungen werden noch schwierig werden, weil die Regierungen an der Stelle echte Verpflichtungen eingehen müssen“, sagt Ladd.
Für entscheidend hält er deshalb die dritte internationale Konferenz zur Entwicklungsfinanzierung, die im Juli in Addis Abeba in Äthiopien stattfindet. Dazu werden auch Staats- und Regierungschefs sowie Minister aus wichtigen Staaten erwartet. Auf der Konferenz geht es nicht primär um die Frage, wie viel Geld Industrieländer als Entwicklungshilfe bereitstellen.
Der Ansatz zielt vielmehr auf die Strukturen: Wie können etwa Regeln zur Besteuerung so geändert werden, dass sie den Zielen der Entwicklungsagenda dienen? Ebenso geht es um die Regeln des internationalen Handels oder die Frage, wie Investitionen zur nachhaltigen Entwicklung mobilisiert werden können. Ladd erwartet schwere Verhandlungen. Er ist aber insgesamt positiv gestimmt. „Die Diskussionen laufen jetzt schon eine ganze Weile. Ich glaube, wir sind auf einem guten Weg“, sagt er.
Weiterführende Informationen
iisd-Bericht über die zweite SDG-Verhandlungsrunde [pdf, 438 KB]
Webseite zu den Verhandlungen in New York
Basispapier für die Deklaration [pdf, 492 KB]
Dritte internationale Konferenz zur Entwicklungsfinanzierung, Juli 2015
Diskussionspapier für die Deklaration [pdf, 79 KB]
Bisherige Vorschläge Open Working Group zu nachhaltigen Entwicklungszielen [pdf, 179 KB]