Dominik Bloh war selbst viele Jahre obdachlos. Mit 16 hat ihn seine Mutter – sie war psychisch krank – vor die Tür gesetzt. Verantwortlich fühlte sich für ihn niemand. Er habe sich „immer dreckig gefühlt“, sagt Bloh, „und dann fühlte ich mich nur noch wie Dreck.“ Lange habe er gedacht, „den 30. Geburtstag schaffst Du nicht“. Heute ist er älter.
Rückblende: 2015. Hunderttausende flüchteten vor Krieg und Leid nach Deutschland. Bloh dachte, ich muss doch was tun, ging zu den Messehallen, wo geflüchtete Menschen provisorisch untergebracht waren. Er half Kleidung und Hygieneartikel zu verteilen, die so viele Hamburger*innen spendeten. Und er gewann Freund*innen für eine Idee, die er schon zu seiner Zeit auf der Straße im Kopf hatte: einen Hamburger Duschbus für Obdachlose. Kurz darauf entstand “GoBanyo”. Go für einen mobilen Ansatz, Banyo für Badezimmer im Türkischen, aber auch in anderen europäischen Sprachen.
Und nun rollt ein knallbunter Duschbus durch Hamburg. Genauer: Ein ausrangierter Linienbus, den ihnen die Hamburger Hochbahn schenkte. Heute sind dort, wo früher die Fahrgäste saßen, drei abschließbare Badezimmer – Dusche, WC, Waschbecken, Spiegel. In eins lässt sich mit dem Rollstuhl fahren, es ist behindertengerecht.
„Waschen ist Würde“, sagen Bloh und seine Mitstreiter*innen. 140.000 Euro sammelten sie binnen weniger Wochen über ein Crowdfunding im Internet für den Umbau ein, sie gewannen Firmen und Privatleute, die obendrein Geld spendeten. Nur eine Sache lief nicht so gut. Als sie die Kosten für den Duschbus kalkulierten, vergaßen sie die Mehrwertsteuer. „Sie ist nicht unerheblich, wird bei gemeinnützigen Unternehmen aber nicht erstattet, denkt an sie“, so raten sie heute allen, die die Welt auch ein wenig besser machen wollen.
Zuvor gab es in Hamburg nur 17 Duschplätze für Menschen, die auf der Straße leben. Das sind offiziell knapp 2.000, doch vermutlich sind es mehr. Der Duschbus, der nun durch Hamburg fährt – am Donnerstag und Freitag auf St.Pauli steht, am Samstag (nur für Frauen) und Sonntag am Steintorplatz und am Montag beim Fischmarkt – hat längst Stammgäste. Kein Wunder. Alle, die kommen, werden als Gäste begrüßt, erhalten Seife, Handtücher, Rasierer, Tampons. Frische Kleidung gibt es zudem. Und den Kaffee sowieso.
Im GoBanyo-Team sind neben Bloh sechs Personen hauptamtlich – und über 100 Personen ehrenamtlich engagiert. Und immer mehr melden sich. Gesucht sind Leute, die den Bus fahren und im Bus mitmachen. „Es gibt Freude zurück“, sagt Bloh. Vor kurzem kam eine mit einem Blumenstrauß vorbei, weil sie frisch geduscht zu einem Vorstellungsgespräch gehen konnte – und den Job bekam. GoBanyo denkt an ein zweites Duschmobil.
Dieser Text ist Teil der Publikationsreihe „17 Ziele – Einfach machen“ der RENN und wurde zuerst im Booklet zur praktischen Umsetzung der SDGs in Hamburg veröffentlicht. Hier geht es zum vollständigen Booklet sowie zu den 16 Ausgaben der einzelnen Bundesländer.
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