Die Herausforderung ist groß: 3,3 bis 4,5 Billionen Euro müssten nach Schätzungen der UNCTAD jährlich weltweit investiert werden, um die Globalen Nachhaltigkeitsziele zu erreichen, die von den Vereinten Nationen im September verabschiedet worden sind. In ihrem jüngsten Trade and Development Report 2015 schreibt die auch als Welthandels- und Entwicklungskonferenz bekannte UN-Organisation, dass die globalen Finanzmärkte „bisher nur schwache Auswirkungen auf die langfristigen Entwicklungsziele dieser Länder“ hätten. Eine Umwandlung, nicht einfach nur eine Feinabstimmung des internationalen Regulationsrahmens für Finanzmärkte und des Geldsystems sei erforderlich.
Vor allem kurzfristige Spekulationen stören laut UNCTAD die globale Entwicklung. Sie führen zu schwankenden Rohstoffpreisen und anderen Finanzschocks, wodurch Entwicklungsländer gezwungen sind, immer höhere Währungsreserven anzulegen. Die Autoren des Berichts fordern eine Reihe von Reformen wie die Regulierung von Schattenbanken oder eine strikte Trennung von Geschäfts- und Investitionsbanken, um die Finanzmärkte langfristig krisenfester zu machen.
Auch leiden Entwicklungsländer unter derzeit immer heftigeren Wechselkursschwankungen. Die UNCTAD fordert hier eine weltweite Steuerung, hält die dafür nötigen Reformen allerdings für politisch kurzfristig nicht durchsetzbar. Als Alternative schlagen sie mehr regionale Kooperationen zwischen Entwicklungsländern vor, die gemeinsame Fonds bilden könnten – um sich besser gegen die schwankenden Märkte abzusichern, bis Reformen greifen.
„Das Finanzsystem, das wir brauchen“
Wie die aussehen könnten, dazu hat nun auch das Umweltprogramm der Vereinten Nationen Vorschläge unter dem Titel „The Financial System we need“ zusammengetragen. Darin werden die jährlichen Finanzmittel für die Globalen Nachhaltigkeitsziele sogar auf bis zu sieben Billionen Dollar geschätzt. Dafür müsste das Finanzsystem allerdings mit nachhaltiger Entwicklung in Einklang gebracht werden – und dafür sehen die Autoren des Berichts eine historische Chance: Die Finanzkrise habe das Bewusstsein in Öffentlichkeit und Politik dafür geschärft, aufstrebende Schwellenländer fordern eine neue Politik. Eine „stille Revolution“ habe bereits begonnen, konstatiert UNEP-Exekutivdirektor Achim Steiner im Vorwort.
Das zeigt der Bericht anhand zahlreicher Beispiele: Immer mehr Börsen fordern etwa von gelisteten Unternehmen Nachhaltigkeitsberichte, Staaten wie die USA bieten Steuervergünstigungen für Investitionen in erneuerbare Energien. Der Report trägt über 100 Beispiele zusammen und schlägt vor, diese weiterzuentwickeln.
Konkrete Zahlen hat die OECD zur Frage vorgelegt, wie viel Geld weltweit in den Klimaschutz fließt. 2010 hatten die Industrieländer im Rahmen der UN-Klimarahmenkonvention UNFCCC beschlossen, bis 2020 jährlich 100 Milliarden US-Dollar aufzubringen, um Entwicklungsländer bei der Anpassung an den Klimawandel zu unterstützen. Dazu zählen nicht nur öffentliche Gelder, sondern auch private.
Klimafinanzierung läuft an
Die OECD hat jetzt ausgerechnet, wie weit das Ziel bereits erreicht ist: 2013 waren es 52,2 Milliarden, 2014 flossen bereits 61,8 Milliarden Dollar. Der Report liefert dabei auch eine Übersicht über internationale Klimafinanzierung. So entspringen 2014 20,4 Milliarden aus multilateraler Hilfe, der größte Teil von Entwicklungsbanken, wie die Weltbank oder die Europäische Investitionsbank aber auch speziellen Fonds wie dem Global Environment Facility oder dem Adaption Fund, der sich aus den Erlösen von Emissionszertifikaten speist. Weitere 1,6 Milliarden machen Exportkredite aus, hauptsächlich für erneuerbare Energien.
Interessant dabei ist, dass vor allem die bilaterale Hilfe stark anstieg. 23,1 Milliarden Euro machte sie 2014 aus, ein Anstieg von mehr als 50 Prozent gegenüber 2012. Das liegt, so heißt es in dem Report, an einem realen Anstieg der Entwicklungsbudgets in vielen Staaten, aber auch daran, dass immer mehr Mittel aus internationalen Kooperationen für Klimafinanzierung eingesetzt werden.
Der Report ist zudem der erste überhaupt, der versucht zu quantifizieren, wie viele private Investitionen in Klimaschutz durch die öffentlichen Gelder mobilisiert wurden. Die Wissenschaftler kommen auf 16,7 Milliarden Dollar in 2014, schreiben aber auch, dass die Methode zur Erfassung dieser Gelder noch in ihren Kinderschuhen stecken. Die vielen Akteure und die komplexen Interaktionen bei der Mobilisierung privaten Kapitel machten es schwer, die Effekte statistisch zu erfassen. Das positive Fazit der Autoren: „Es gibt signifikante Fortschritte in Richtung des 100-Milliarden-Dollar-Zieles.“