Ein elfjähriger Junge steht vor der 2.000 Quadratmeter großen Ackerfläche, mitten im Botanischen Volkspark Pankow. Auf diesem Acker fressen Schweine, wachsen Reis und Bohnen, Sonnenblumen mit dicken Kernen gedeihen, alles, was man zum Leben braucht. „Igitt, Kartoffeln wachsen unter der Erde, das ist ja eklig“, erkennt der Elfjährige ungläubig.
Genau das möchte Benedikt Haerlin mit Führungen für Kitas und Schulklassen über den Weltacker erreichen – einen Bezug zu Nahrungsmitteln und ihrer Herkunft herstellen und die Welt damit verbinden.
Von 2003 bis 2008 saß Haerlin als Nichtregierungsvertreter im Aufsichtsrat des Weltagrarberichtes. Eigentlich gibt es genügend fruchtbares Ackerland, um die Weltbevölkerung zu ernähren. Hunger liegt auch daran, dass die globale Ackerfläche ungerecht aufgeteilt ist. „Ein Problem ist, dass reiche Menschen und Fleischesser durch ihre Ernährung zu viel Fläche in Anspruch nehmen“, so Haerlin. Auch sei das fruchtbare Ackerland vielfach bedroht – etwa durch Überdüngung zur Ertragssteigerung, den Klimawandel oder die Abholzung des Regenwaldes, um Anbauflächen für Tierfutter zur Fleischproduktion zu schaffen. Sind die Bäume gefällt, fehlen dem Boden die schützenden Wurzeln und die Erde wird leicht vom Regen weggespült. 2014 erfand er den Weltacker und legte ihn mit der Zukunftsstiftung Landwirtschaft an.
Wovon ernähren wir uns? Wie viele Quadratmeter braucht das Frühstück? Welchen Einfluss hat mein Einkauf – nachhaltig oder nicht – auf die Bewirtschaftung und den Erhalt des Bodens? Auf diese Fragen gibt der Acker Antworten. Für ein Kilogramm Schweinefleisch braucht man knapp neun Quadratmeter Ackerfläche – auf ihnen wird vor allem Soja als Tierfutter angebaut. Von der gleichen Fläche könnte man fast 18 Kilogramm Kartoffeln ernten. „Man braucht zu viel Fläche und verursacht zu hohe CO₂-Emissionen, um Fleisch zu produzieren“, sagt Haerlin.
Ein Müsli mit Erdbeeren hingegen wächst auf nur 0,18 Quadratmetern. Die Heu- oder Weidemilch dazu beansprucht keine Ackerfläche. Bei dieser Form der Milcherzeugung fressen die Kühe im Sommer frisches Weidegras, im Winter Heu.
Zehn Weltäcker gibt es in fünf Ländern, angelegt von Initiativen vor Ort, unterstützt von der Zukunftsstiftung Landwirtschaft; das neueste Projekt ist in Shanghai in Planung. „Es ist wichtig, ein menschliches Bezugsmaß zur Ernährung zu finden, vor allem in Großstädten“, sagt Haerlin.
Vom Acker in Pankow sollen alle Besucherinnen zwei Sätze mitnehmen: „Jeder Bissen hat seinen Ort“ und „Es ist genug für alle da!“. Und schon beim Frühstück kann jeder etwas dafür tun.
Dieser Text ist Teil der Publikationsreihe „17 Ziele – Einfach machen“ der RENN und wurde zuerst im Booklet zur praktischen Umsetzung der SDGs in Berlin veröffentlicht. Das vorgestellte Projekt wurde vom Fonds Nachhaltigkeitskultur im Rahmen des Ideenwettbewerbs „Esskultur und Nachhaltigkeit“ gefördert. Hier geht es zum vollständigen Booklet sowie zu den 16 Ausgaben der einzelnen Bundesländer.
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